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9. Sigrid, die neue alte

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Genau in diesem Zustand und in dieser Verfassung unterschrieb Hans die Vollmacht, die Sigrid bis zu seinem Tode alle Rechte gab, für ihn und gegen Thea zu wirken. Und zu der gleichen Zeit wurde ohne Wissen Theas Hans‘ Testament vor einem dabei anwesenden Notar geändert. Begünstigt als Alleinerbin wurde Sigrid. Ich habe schon viel gehört von Dreistigkeit. Insbesondere in Erbangelegenheiten. Da passieren viele niederträchtige Sachen mit alten Leuten, die nicht mehr abschätzen können, was sie unterschreiben, aber hier haut es mich doch hin, hier ist der Betrug so nah.

Ich war sehr überrascht, als ich diese Information bekam. Die Jugendliebe entpuppt sich nach gescheiterter eigener Ehe zufällig und plötzlich als Mätresse, greift sich den schon kranken Mann mit fadenscheinig erlangter Betreuungsvollmacht weg, isoliert ihn erst von seiner Frau und dann von seiner gewohnten Umgebung, das ganze Dorf spricht davon. Und zuallerletzt muss mir das Nachlassgericht in Neerstedt Auskunft über die Erben geben und sie selbst ist es. Nicht die Cousine in Bremerhafen, nein. Viel fieser. Von langer Hand geplant. Sowohl auf der Vollmacht, wie auf dem Testament ist seine Handschrift von der eines Zweijährigen kaum zu unterscheiden. Keinesfalls ist es lesbar seine eigenhändige Unterschrift bei klarem Verstand.


Aber der Kampf ging ja erst los. Nach dem Krankenhaus, wie erwähnt, Reha, danach kam Hans ins Pflegeheim in Stuhr, um die Ecke eben. Vier Kilometer waren auch für meine Mutter zu schaffen, bei allen eigenen Gebrechen und nach wie vor asthmatischen Anfällen. Man hatte nur ein orales Medikament gefunden, was, rechtzeitig genommen, die Spritze ersetzen konnte.

Die Vollmacht war inzwischen gültig, eine Tortur für meine Mutter, die wie eine Fremde nichts mehr ohne Sigrid entscheiden konnte. Jegliche Planung ging durch ihre Hände, musste von ihr bewilligt werden, Alle Gelder mussten bereitgestellt und überwiesen werden. Der von Thea geplante Umbau des Hauses wurde wieder und wieder verworfen, Hans wäre noch nicht so weit, hieß es. Man wolle erst mal abwarten, wie sich alles entwickle.

Im Mai war Thea zu Harrys fünfzigsten Geburtstag in Ipanema. Vierzehn Tage top Wetter, super Wasser und gute Erholung. Harry, Joan und alle seine netten Leute waren dort. Das neue Strandhaus und Sabine und Lutz, die Jugendfreunde Harrys, die inzwischen auch nach Ipanema ausgewandert sind, alles alte Bekannte, ein schöner Urlaub.

Als Thea erholt wieder nach Delmenhorst kam, war Hans weg, als sie ihn besuchen wollte. Sein Zimmer leer, seine Sachen weg. Tod oder ausgezogen. Schockierend.

Auf Nachfrage erklärte man ihr zugeknöpft, dass seine Betreuerin mit der Unterbringung nicht einverstanden gewesen sei. Angeblich hätte man nicht genügend Angebote hinsichtlich dringender rehabilitierender Maßnahmen. Aufgrund zwingender Anwendungen, die seine Gesundung ganz besonders vorantreiben würden, sei man gezwungen gewesen, Hans zu verlegen. Wohin denn, war die aufgelöste und schockierte Rückfrage meiner Mutter. Das könne, bzw. dürfe man nicht sagen. Die Betreuerin habe eine Auskunftssperre verhängt und meine Mutter solle sich mit dieser in Verbindung setzen, um zu erfahren, wo ihr Mann jetzt untergebracht sei.

Soweit zum erholsamen Urlaub in Brasilien. Nach diesen Aktualitäten war dieser vorerst vergessen. Und auch das war noch lange nicht alles von der vernichtenden Brandrodung Sigrids.

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