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2. Beiderseitige Veranlassung der Einbeziehung

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Tipp

Wenn beide Vertragsteile sich übereinstimmend auf einen vorformulierten Vertragstext verständigt und damit beide die Einbeziehung veranlasst haben, hat keiner von ihnen die Bedingungen „gestellt“; es liegen daher insgesamt keine AGB vor. Überraschende Klauseln werden aber auch hier analog § 305c I BGB nicht Vertragsbestandteil; unangemessene Klauseln sind analog §§ 307 ff. BGB unwirksam.

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Beispiel 15

Privatmann V verkauft an Privatmann K einen Gebrauchtwagen. Dem Vertragsschluss legen sie einvernehmlich ein Vertragsmuster des Automobilclubs C zugrunde, das im Handel erhältlich ist.

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Im Beispiel 15 lässt sich weder ein „Verwender“ noch ein „Gegner“ der vorformulierten Vertragsbedingungen ausmachen: Es hat nicht etwa eine Vertragspartei das Klauselwerk einseitig in den Vertrag eingeführt; vielmehr haben sich beide Parteien übereinstimmend auf die Verwendung des Formulars verständigt. Das Formular wurde also nicht von einer Partei „gestellt“. AGB liegen folglich nicht vor[6]. Die §§ 305 ff. BGB regeln Rechtsbeziehungen zwischen einem Verwender und dessen Vertragspartei, nicht aber Rechtsbeziehungen zwischen zwei Verwendern[7]. Abzulehnen ist demgegenüber die vereinzelt vertretene Betrachtungsweise, Verwender sei in der Regel derjenige, der durch die Klausel begünstigt wird[8]: Beim Tatbestandsmerkmal „stellen“ in § 305 I BGB kommt es ohne Rücksicht auf den Inhalt der Klausel allein darauf an, wem die Verwendung der Vertragsbedingungen zuzurechnen ist. Ebenso wenig geht es an, beide Parteien als „Verwender“[9] oder beide Seiten als Klauselgegner[10] anzusehen[11]. Denn diese Konstruktionen sind mit dem Wortlaut des § 305 I BGB nicht zu vereinbaren: Dieser Vorschrift liegt der strikte Antagonismus zwischen dem Klauselverwender (d.h. der Partei, die Klauseln „stellt“) und dem Klauselgegner (d.h. der Partei, der Klauseln gestellt werden) zugrunde. Es können nicht beide Parteien die gleiche Rolle einnehmen.

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Doch fragt sich, ob nicht Sinn und Zweck der §§ 305 ff. BGB eine analoge Anwendung zumindest einiger Vorschriften des AGB-Rechts gebieten. AGB werden eingesetzt, um den Geschäftsverkehr zu rationalisieren: Es soll nicht jeder regelungsbedürftige Punkt neu bedacht und für ihn eine neue vertragliche Regelung formuliert werden müssen. Die Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB soll in dieser Situation verhüten, dass im Gewande dieser Rationalisierung missbräuchliche Klauseln im Vertragswerk Einzug halten. Wenn sich nun die Parteien einvernehmlich auf ein von Dritten vorformuliertes Klauselwerk verständigen, dient dies ebenfalls der Rationalisierung des Geschäftsverkehrs: Anstatt selbst eine Regelung auszuhandeln, vertrauen die Parteien auf den juristischen Sachverstand und die praktische Erfahrung dessen, der das Vertragswerk formuliert hat, und auf die inhaltliche Ausgewogenheit der getroffenen Regelungen[12]. Wird diese Erwartung enttäuscht, so erscheint eine Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB interessengerecht[13] und entspricht auch dem Parteiwillen: Wenn das Formular die Erwartung eines ausgewogenen Vertragsgefüges nicht einlöst, fehlt die Rechtfertigung für das Vertrauen, das die Parteien ihm entgegengebracht haben. Aus ähnlichen Gründen erscheint es gerechtfertigt, analog § 305c I BGB überraschende Klauseln nicht Vertragsbestandteil werden zu lassen[14]; denn abermals wird in diesem Fall das Vertrauen der Parteien enttäuscht, waren diese doch davon ausgegangen, dass in einem sachkundig vorformulierten Vertragswerk nur solche Klausen stehen, die mit dem Vertragsgegenstand in Zusammenhang stehen und mit denen erfahrungsgemäß bei Verträgen dieser Art gerechnet werden muss. Keine entsprechende Anwendung finden dagegen die besonderen Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 II BGB und die Unklarheitenregel des § 305c II BGB. Ebenso wenig ist ein abstraktes Unterlassungsverfahren nach § 1 UKlaG statthaft[15].

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Selbst im Kontext vorformulierter Vertragswerke ist aber vor einer schematischen Betrachtungsweise zu warnen: Wenn etwa der Vermieter einer Wohnung seinen Mietern in ständiger Geschäftspraxis einen „Einheitsmietvertrag“ vorlegt, ist die Einbeziehung dieses Formularvertrags allein durch ihn veranlasst[16]; dies namentlich dann, wenn das Formular von einem Hausbesitzerverein entworfen wurde. Zwar kann noch nicht allein aus dem Umstand, dass das Klauselwerk aus der Interessenperspektive der Vermieterseite formuliert ist, darauf geschlossen werden, dass es vom Vermieter einbezogen wurde[17]. Die Einbeziehung durch den Vermieter ergibt sich jedoch aus den sonstigen Umständen des Einzelfalles: Der Vermieter folgt mit der Verwendung des Formulars der Empfehlung des Hausbesitzervereins. Der Mieter nimmt auf die Verwendung des Formulars keinen Einfluss; er steht vielmehr aus seiner Sicht vor der Wahl, entweder zu unterschreiben oder sich weiterhin auf dem Wohnungsmarkt umsehen zu müssen. Einen eigenen Gestaltungswillen bezüglich der Verwendung des Formulars bildet er folglich nicht – schon deshalb nicht, weil er der strukturell unterlegene Vertragsteil ist und vom Gesetz auch als solcher behandelt wird. Dann ist es der Vermieter (und nur er), der die vorformulierten Vertragsbedingungen „stellt“. Aus dem gleichen Grund genügt es, wenn der Vermieter nur bei einem einzigen Mietvertrag ein solches Klauselwerk zugrunde legt; auch dann hat er die darin enthaltenen Bedingungen „gestellt“[18].

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Ebenso ist Vorsicht geboten, wenn einem Bauvertrag die VOB/B zugrunde gelegt werden: Dies kann auf einer abgewogenen Entscheidung beider Vertragsparteien beruhen; so wird es namentlich häufig liegen, wenn ein Vertrag über die Erbringung von Bauleistungen zwischen General- und Subunternehmer geschlossen wird[19]. Ebenso erscheint freilich denkbar, dass der Bauunternehmer die VOB/B einseitig eingeführt hat, etwa mit Hilfe der Klausel: „Grundlage unseres Angebots ist die Verdingungsordnung für Bauleistungen, Teil B“. In diesem Fall handelt es sich selbstverständlich um vom Bauunternehmer gestellte AGB[20]. So liegt es namentlich im Regelfall beim Bauvertrag zwischen Bauunternehmern und Privatleuten. Wenn ein Bauvertrag zwischen einem Bauunternehmer und der öffentlichen Hand geschlossen wird, so ist die öffentliche Hand als Verwenderin anzusehen[21], da die VOB/B auf staatliche Veranlassung ausgearbeitet werden.

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