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a) Verhandlungsgehilfen

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Tipp

Vertragsbedingungen werden auch dann von einer Partei „gestellt“, wenn sie nicht von ihr selbst, sondern von ihrem Verhandlungsgehilfen, namentlich von ihrem Abschlussvertreter einseitig in den Vertrag mit der Gegenseite eingeführt werden.

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Beispiel 16

V ist Eigentümer eines Mietshauses und beauftragt den Makler M, ihm Mieter zu vermitteln und sogleich die Mietverträge im Namen des V abzuschließen. M verwendet für die Vertragsabschlüsse einen vorformulierten Einheitsmietvertrag.

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Im Beispiel 16 sind die Vertragsbedingungen, die sich aus dem Einheitsmietvertrag ergeben, von V gestellt, selbst wenn M bezüglich der Verwendung des Formulars nicht mehr mit V Rücksprache gehalten hat: Die Bedingungen stammen aus dem Einflussbereich des V, weil V im Rahmen der Vollmachtserteilung an M die Möglichkeit hat, die Bedingungen zu bestimmen, zu denen M in seinem Namen mit den Mietern abschließen soll. V ist daher Verwender. Eine Vertragspartei muss es sich mit anderen Worten (entsprechend § 166 I BGB) zurechnen lassen, wenn ihr Verhandlungsgehilfe in ihrem Namen AGB verwendet[23]. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Vertragspartei den Verhandlungsgehilfen zur Verwendung der AGB angewiesen hat. So hat der BGH mit Recht angenommen, dass ein Möbelhändler, dessen Mitarbeiter in ständiger Praxis in die Vertragsformulare über den Verkauf von Möbeln die Klausel „Restzahlung vor Lieferung“ einfügen, sich die Verwendung dieser AGB zurechnen lassen muss[24]. Zurechnungsgrund war in diesem Fall nicht etwa eine bestimmte Anweisung des Möbelhändlers, sondern allein der Umstand, dass seine Mitarbeiter die besagte Klausel stereotyp in den Vertrag einführten. Umgekehrt wird der Versicherungsnehmer zum Verwender von AGB, wenn der von ihm beauftragte Versicherungsmakler die AGB in den Vertrag mit dem Versicherer einführt[25].

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In besonderen Fällen darf freilich die rechtliche Würdigung nicht bei der bloßen Feststellung stehen bleiben, dass der Dritte, der die Vertragsbedingungen eingeführt hat, bei Vertragsschluss auf einer bestimmten Seite aufgetreten ist. Das gilt insbesondere bei Bauherrenmodellen:

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Beispiel 17

Die B-GmbH & Co. KG, eine Bauträgergesellschaft, schließt mit den Wohnungseigentümern Verträge über die Fertigstellung und den schlüsselfertigen Verkauf von Eigentumswohnungen. Die Käufer werden dabei, einer vorgefassten Vertragskonstruktion entsprechend, als „Bauherrengemeinschaft“ zusammengefasst und von der Treuhandgesellschaft T-GmbH vertreten. Die Kaufverträge werden zu Bedingungen geschlossen, die von T vorformuliert sind. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der T-GmbH ist X, der zugleich Geschäftsführer der B-GmbH ist. In den AGB werden Gewährleistungsansprüche einer im Vergleich zum Gesetz verkürzten Verjährung unterworfen[26].

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Betrachtete man allein die formale Beteiligung der T am Vertragsschluss, so müsste man zu dem Ergebnis gelangen, dass T auf der Seite der Bauherren aufgetreten ist. Danach hätten die Bauherren die Vertragsbedingungen „gestellt“ und könnten daher gegen die Verjährungsregelung nicht den Schutz der §§ 307 ff. BGB in Anspruch nehmen. Indes hat der BGH für Beispiel 17 mit Recht festgestellt, dass die Vertragsbedingungen von der B-GmbH & Co. KG gestellt worden sind: Da die T personell eng mit der B verflochten war, stammten die Vertragsbedingungen aus der Einflusssphäre der B; ihre Verwendung sei daher der B zuzurechnen[27]. Damit waren B Verwender und die Bauherren dessen Vertragspartner, so dass zu ihren Gunsten eine Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB stattfand. In gleicher Weise hatte der BGH bereits in einer früheren Entscheidung einen Wirtschaftsprüfer, der zunächst im Auftrag des Bauträgers ein Vertragsformular aufsetzte und sodann bei Vertragsschluss als Treuhänder der Bauherren auftrat, als Gehilfen des Bauträgers angesehen und die Verwendung des Formulars (allein) diesem zugerechnet[28]. In einem sehr speziell gelegenen Fall, der zudem kein Bauherrenmodell zum Gegenstand hatte, hat der BGH hingegen eine Treuhandgesellschaft, welche die AGB eingeführt hatte, tatsächlich als neutralen Dritten angesehen, dessen AGB sich keine der beiden Vertragsparteien als eigene zurechnen lassen musste[29].

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Tipp

Die Rechtsprechung hält ein sehr wachsames Auge auf alle Versuche, durch gekünstelte Vertragskonstruktionen den Schutz des Vertragsgegners durch die §§ 305 ff. BGB zu unterlaufen. In der Kautelarpraxis ist daher dringend von Versuchen abzuraten, den Klauselgegner durch Zwischenschaltung einer Treuhandgesellschaft zum Klauselverwender zu stempeln.

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Checkliste: Mandantenberatung bei Bauherrenmodellen

Die rechtliche Problematik bei Bauherrenmodellen erschöpft sich meist nicht in der AGB-Kontrolle. Vielmehr sind meistens außerdem die Vorschriften des Verbraucherschutzes einschlägig:

a) Wenn zur Finanzierung des Immobilienerwerbs eine Bank eingeschaltet wird, ist zu prüfen, ob der Kredit an den einzelnen Bauherren als Verbraucherdarlehen (§ 491 BGB) und dieses wiederum als mit dem Kaufvertrag verbundenes Geschäft (§ 358 BGB) einzustufen ist.
b) Sofern der Bauherr im Rahmen des Direktmarketing geworben wurde, ist zusätzlich ein Widerrufsrecht nach § 312 BGB in Betracht zu ziehen.
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