Читать книгу Wie aus dem Ei gepellt ... - Martina Meier - Страница 28
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Bankrott! Ruin! Exklusivinterview mit dem Osterhasen Mr. O
Darf man den Berichten der letzten Monate annähernd Glauben schenken, so steht die kommerzielle Osterindustrie unlängst vor dem Untergang. Zu groß sei der übermächtige Druck des saisonalen Winterkonkurrenten Xmas Empire & Secret Santa Inc. Seit Jahren beherrscht das Unternehmen mit seinen zahlreichen Idolen kassenklingelnd den Markt: Kinderherzen schlagen für den Weihnachtsmann, Rudolph und Co. Der Osterhase bleibt in repräsentativen Umfragen in der Liste der beliebtesten Wunscherfüller schon lange weit hinter diesen Winterrivalen zurück. Die aktuellen Werte ergaben, dass er die Top Ten in dieser Saison gar zugunsten von Jurymitgliedern der Sendung „Deutschland sucht den Superklon“ räumen musste. Wird Ostern in diesem Jahr also zum ersten Mal in der modernen Konsumgeschichte gestrichen werden? Müssen wir damit rechnen, eine Festtagsübernahme durch eine Frühlingsvariante des Weihnachtsfests zu erleben (und wenn ja: Trägt der Weihnachtsmann dann Badeshorts zu seinem Langhaarbart oder wird er seine Bikini-Engel vorschicken)? Diese und weitere brisante Fragen freuen wir uns, dem Vorsitzenden und Hauptwerbeträger der Osterkompanie Hello Hasi GmbH nun persönlich stellen zu dürfen.
Reporterin: Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Interview nehmen konnten, verehrter Osterhase.
Osterhase: Sehr gerne. Ich bin mümmel-mäßig froh, endlich mit diesen hässlichen Gerüchten aufräumen zu können. Was musste ich dort tagtäglich im Easter-Echo lesen über das angeblich nahende Ende meines Festes (schüttelt so heftig den Kopf, dass die langen Ohren nur so fliegen). Beim Zahne meiner Hoppelhasenkinder kann ich Ihnen versichern: Ostern wird nicht abgeschafft (haut mit seiner Puschelpfote auf den Tisch)!
R: Was ist aber nun dran an diesen Meldungen? Wie schlecht geht es der Hello Hasi GmbH wirklich?
O: Ach, immer fragen nur alle nach den Moneten. Messen Sie den Wert des Osterfestes etwa daran, wie viele Karotten ich schon auf die hohe Kante legen konnte?
R: Na gut, sprechen wir also nicht über Karotten, äh, Moneten. Aber zumindest die Umfragewerte bieten doch größten Anlass zur Besorgnis?
O: Leider muss ich Ihnen in diesem Punkt zustimmen. Die Ergebnisse der renommierten Wunscherfüller-Top Ten können nicht unter den Frühlingswiesenteppich gekehrt werden. Leider ließen die aggressiven Verkaufsstrategien der Xmas Empire & Secret Santa Inc. erstmals kein friedliches Nebeneinander der Feste mehr zu. Ostern sah sich von einer festtagsfeindlichen Übernahme bedroht, man bot uns bereits hohe Summen an, damit ich den Vorsitz Hello Hasis aufgebe. Doch auch wenn ich kurzzeitig die Löffel traurig hängen ließ, werde ich selbige ganz sicher nicht abgeben (knackt entschlossen mit seinen Hasenhauern)!
R: Wie gedenken Sie, ihren Platz zu sichern?
O: Es war nicht einfach, mir einzugestehen, dass selbst die traditionellen Familienfeste mit der Zeit gehen müssen. Heutzutage reicht es anscheinend nicht mehr aus, Kinder mit ein bisschen Farbe, harten Eiern und versteckten Körben begeistern zu wollen. Wir sehen ja, was die Weihnachtsmitstreiter so alles auffahren. Aus diesem Grund habe ich mir ein erfahrenes Marketing-Team zusammengestellt. Mit dessen Hilfe habe ich mich selbst und das gesamte Konzept von Ostern quasi-hasi komplett überarbeitet.
R: Oh. Wie haben wir uns das vorzustellen und wer stand Ihnen dort so hilfreich zur Hasenhüften-Seite?
O: Nun, da gibt es zunächst einmal meinen Style-Berater Bruce Bel-Lapin, der mich nicht nur eingekleidet hat (schwellt seine mit Karl Hasenfeld zwirnumhüllte Hasenbrust), sondern mir auch einen topmodischen Fellschnitt verpasst hat. Jeden Morgen ein haselnussgroßes Portiönchen des „Rocky Rabbit“-Gels einarbeiten – ruhig auch rebellisch gegen die Wuchsrichtung – und schon bin ich très chique für alle Fotoshootings. Sie müssen wissen, auch marketingtechnisch werde ich diesem „phat in red“-posierenden Nikolaus bald in nichts mehr nachstehen: Osterkalender, Poster, der ganze Schnickschnack eben. Außerdem gedenken wir, über Jahre hinweg die HopHop-Szene etablieren zu können.
R (irritiert): HopHop? So wie HipHop?
O: Yo! Ganz recht. Nur so kann man sich nachhaltig für die heranwachsende Zielgruppe interessant machen (der Mümmelmann versucht, ein wenig cooler im Sitz zu lümmeln). Die Redaktion der größten Jugendzeitschrift ließ einen HopHop-Künstlernamen für mich wählen. Egg-minem kam zum Glück nicht so gut an. So werde ich als Mr. O in naher Zukunft meine erste CD präsentieren und dazu mit meinen Choreografen einen neuartigen Hoppel-HopHop-Tanz kreieren.
R. macht ein „Oh nein, jetzt singt er auch noch“-Gesicht.
O: Dieser Schritt ist wirklich dringend nötig, um der erfolgreichen CD-Reihe „Secret Santa’s Supersongs“ die Rentierstirn zu bieten. Oder können Sie mir etwa ein einziges Osterlied nennen?
R: Zählt „Häschen in der Grube“? (Böser HopHop-Gangster-Blick von Mr. O). Äääh, lassen Sie uns doch abschließend noch auf Ihre neuen Multimedia-Produkte zu sprechen kommen.
O: Jawohl. Abgerundet wird die allumfassende Erneuerung der Hello Hasi GmbH durch ihre neuen Hasen-Handelswaren. Zum einem haben wir da den Musikspieler Ei-Pod in dottergelb und dazu die weltweit einzigartige Egg-App, mit der man per GPS selbst die härtesten Osterei-Verstecke orten kann. Natürlich bin ich als gebildetes Lese-Langohr aber auch der Meinung, die Literatur nicht vernachlässigen zu dürfen. Das soll in dem ganzen neumodischen Bling-Bling nicht zu kurz kommen. Aus diesem Grund ist es mir eine besondere Freude, verkünden zu dürfen, dass ein vorbildlicher Kinder- und Jugendbuchverlag ein von Hello Hasi initiiertes Buch veröffentlichen wird. Reine Ostergeschichten, eieiei, es wird ein Hasenfest (hat leuchtende Augen)! In diesem Sinne, viel Spaß beim Lesen und Ostern Olé, sagt euer Mr. O!
Alexandra Oswald, geboren 1981.