Читать книгу Die Vergütung von Betriebsräten - Martina Schlamp - Страница 21
I. Unabhängigkeit der Betriebsratsmitglieder
ОглавлениеSämtliche Vergütungsvorschriften verfolgen – im Zusammenspiel mit weiteren Schutzvorschriften, wie z.B. dem § 15 KSchG – in erster Linie denselben grundlegenden Zweck, die Unabhängigkeit der Betriebsratsmitglieder zu wahren und somit eine unparteiische Amtsführung sicherzustellen.87 Die Ausgestaltung des Betriebsratsamtes ist maßgeblich von diesem Grundanliegen der Unabhängigkeit der Amtsinhaber geprägt; das ist allen Vergütungsregelungen gemeinsam, so dass insoweit hier kein Unterschied zu machen ist.88 Dadurch sollen eine funktionsgemäße Erfüllung der Amtspflichten des Betriebsrates als Repräsentant der Belegschaft und eine wirkungsvolle Durchführung seiner gesetzlich auferlegten Aufgaben gewährleistet werden.89 Die Schutzvorschriften, insbesondere das Unentgeltlichkeits- und Ehrenamtsprinzip in § 37 Abs. 1 BetrVG, sollen nicht nur die innere, sondern ebenso die äußere Unabhängigkeit der Amtsträger garantieren.90 Mit Gewährleistung der inneren Unabhängigkeit eines Amtsträgers, also seiner eigenen, unbefangenen Einstellung zur Sache, soll er jederzeit für sich selbst nachvollziehen können, dass bestimmte Handlungen des Arbeitgebers seine Entscheidungen in Zusammenhang mit der Ausführung von Betriebsratsaufgaben nicht beeinflusst haben.91 Dagegen soll mit Sicherung der äußeren Unabhängigkeit auch – vor allem für die Belegschaft im Betrieb – nach außen erkennbar sein, dass Vereinbarungen und Entscheidungen des Betriebsrates unbeeinflusst von der Gewährung bestimmter Vorteile oder zu erwartender Nachteile getroffen wurden.92 Im Hinblick auf die Vergütung bedeutet das natürlich, dass die Betriebsratsmitglieder nicht durch finanzielle Vorteile oder wirtschaftliche Nachteile zugunsten oder zulasten des Arbeitgebers beeinflusst werden dürfen. Der Betriebsrat soll im Idealfall die Interessen der Arbeitnehmer unter Beachtung des Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber (§ 2 Abs. 1 BetrVG) bestmöglich vertreten und dabei weder von eigenen persönlichen Belangen noch von sachfremden Erwägungen des Arbeitgebers oder sonstiger Dritter geleitet werden.
Ein Aspekt der Sicherung der Unabhängigkeit ist dabei auch, dass die Mitglieder des Betriebsrates das ihnen übertragene Amt ohne Furcht vor Maßregelungen und Sanktionen des Arbeitgebers ausüben können.93 Die Gefahr besteht bereits aufgrund der häufig zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber entstehenden Spannungen und Konflikte.94 Der Betriebsrat nimmt gerade keine unparteiische Rolle ähnlich eines Vermittlers ein, sondern verfolgt gegenüber dem Arbeitgeber in erster Linie die – meist abweichenden und oft gegensätzlichen – Interessen der Belegschaft.95 Gleichzeitig stehen die Mandatsträger aber trotz der Amtsübernahme weiterhin in ihrem ursprünglichen Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber und damit bereits in gewisser Abhängigkeit von ihm. Umso wichtiger ist es, nicht weitere Abhängigkeitsfaktoren zu schaffen, die sich auf die Ausübung der Betriebsratsarbeit auswirken können. Schließlich sollen die Mandatsträger nicht durch Gewährung von besonderen Leistungen oder Zuwendungen durch den Arbeitgeber „käuflich“ werden und ihre Aufgaben, insbesondere ihre Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte nur noch zu seinen Gunsten ausüben.96 Vor allem sollen sich Betriebsräte nicht von der Belegschaft entfremden oder sich so weit von dieser abheben, dass sie als eigen- bzw. selbstständige Arbeitnehmerfunktionäre wahrgenommen werden.97