Читать книгу Examens-Repetitorium Sachenrecht - Mathias Habersack - Страница 105
a) Nutzungen
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Zieht der unrechtmäßige Besitzer aus der Sache Nutzungen, so ist er an sich nach §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 1 zum Ersatz verpflichtet. Die Vorschrift des § 993 Abs. 1 bringt allerdings klar zum Ausdruck, dass die uneingeschränkte Anwendung des Bereicherungsrechts im Widerspruch zum Normzweck der §§ 987 ff. stünde (Rn. 101). Vorbehaltlich des § 988 (Rn. 114) soll vielmehr der redliche und unverklagte Besitzer nach § 993 Abs. 1 allein zur Herausgabe der sogenannten Übermaßfrüchte verpflichtet sein[54]; für die gewöhnlichen Früchte und für die sonstigen Nutzungen soll er dagegen keinen Ausgleich schulden. Grundsätzlich ist deshalb für die Geltung der §§ 812 ff., soweit es um die Verpflichtung des unrechtmäßigen Besitzers zur Herausgabe von Nutzungen geht (Rn. 122 f.), kein Raum.
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Eine wesentliche Einschränkung dieses Grundsatzes ist allerdings für den Fall veranlasst, dass der Besitzer den Besitz rechtsgrundlos erlangt hat. Das Bedürfnis nach Anwendung der §§ 812 ff. zeigt die Überlegung, dass der Käufer, der Besitz und Eigentum an der gekauften Sache erlangt hat, bei Unwirksamkeit des Kaufvertrags nach §§ 812, 818 Abs. 1 unter anderem Herausgabe der gezogenen Nutzungen schuldet. Soll der Käufer, der, weil nicht nur der Kaufvertrag, sondern auch die Übereignung unwirksam ist, nur den Besitz an der Sache erlangt hat, tatsächlich besser stehen? Die ganz hM verneint diese Frage zu Recht. Zur Beseitigung des Wertungswiderspruchs stellt die Rechtsprechung den rechtsgrundlosen Besitzer dem unentgeltlichen gleich und gelangt auf diesem Weg zur (analogen) Anwendung des § 988[55]. Das Schrifttum plädiert dagegen überwiegend für eine Lockerung des Grundsatzes des Vorrangs der §§ 987 ff.: Ungeachtet des Bestehens eines Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses soll der Eigentümer einen etwaigen Anspruch aus Leistungskondiktion geltend machen können[56].
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Für den Fall, dass der Leistende mit dem Eigentümer identisch ist, gelangen beide Ansichten zu demselben Ergebnis. Anders verhält es sich dagegen innerhalb eines Dreipersonenverhältnisses, also etwa in dem Fall, dass Dieb D das dem Eigentümer E gestohlene Fahrrad an den gutgläubigen K verkauft und der Kaufvertrag unwirksam ist. Nach Ansicht der Rechtsprechung hat E in diesem Fall einen Anspruch aus § 988 analog, ohne dass K dem E entgegenhalten könnte, dass er an D einen Kaufpreis gezahlt hat. Nach der herrschenden Lehre beurteilt sich die Frage dagegen nach § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Fall. Danach ist zwar ein Anspruch aus Leistungskondiktion nicht schon wegen des Bestehens eines Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses ausgeschlossen, wohl aber deshalb, weil K den Besitz durch Leistung des D erlangt hat und deshalb eine Nichtleistungskondiktion des E ausscheiden muss[57]. Nur die Lösung der herrschenden Lehre vermag zu überzeugen, stellt sie doch sicher, dass K seine Gegenrechte gegen D erhalten bleiben. Im Übrigen wäre der Weg über die analoge Anwendung des § 988 bei Wirksamkeit des Kaufvertrags zwischen K und D versperrt, ohne dass ein sachlicher Grund für die Verschiedenbehandlung zu erkennen wäre. Nach herrschender Lehre stünde dagegen einem Bereicherungsanspruch des E auch in diesem Fall die Leistung des D an K entgegen.