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2. Normzweck
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Die Vorschriften der §§ 987 bis 993 über die Verpflichtung zum Schadens- und Nutzungsersatz bezwecken die Privilegierung des redlichen und unverklagten unrechtmäßigen Besitzers[4]. Dieser Zweck kommt vor allem in der Vorschrift des § 993 Abs. 1, 2. Halbs. zum Ausdruck, wonach der redliche Besitzer grundsätzlich weder zu Nutzungs- noch zu Schadensersatz verpflichtet ist. Die hM versteht dies zu Recht in dem Sinne, dass der redliche Besitzer grundsätzlich auch nicht aus §§ 812 ff., 823 ff. in Anspruch genommen werden kann; der Zweck der §§ 987 ff. besteht danach in einem Schutz des redlichen Besitzers vor der scharfen Haftung aus Bereicherungs- und Deliktsrecht (Rn. 116 ff.). Freilich erleidet dieser Grundsatz eine Reihe von Ausnahmen: So leuchtet es zwar ohne weiteres ein, dass der redliche Eigenbesitzer nicht für jede fahrlässige Beschädigung einer abhanden gekommenen Sache aufzukommen hat. Er hält sich nämlich für den Eigentümer der Sache und bewegt sich somit stets innerhalb seines vermeintlichen Besitzrechts. Zudem hat er für sein vermeintliches Recht in der Regel ein Entgelt geleistet. Dieses kann er zwar im Allgemeinen zurückverlangen; richtet sich der Anspruch gegen einen Dritten, so ist seine Durchsetzbarkeit allerdings keineswegs garantiert.
Anders verhält es sich dagegen im Fall eines redlichen Fremdbesitzers. Er glaubt zwar an ein Recht zum Besitz, nicht aber geht er davon aus, dass er mit der Sache nach Belieben verfahren darf; eine Haftung nach §§ 823 ff. erscheint deshalb insoweit veranlasst, als sich der Fremdbesitzer außerhalb seines vermeintlichen Besitzrechts bewegt (Rn. 118).
Wieder anders ist die Situation des unentgeltlichen Eigen- oder Fremdbesitzers: Nach § 988 schuldet er auch bei Gutgläubigkeit Nutzungsersatz nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (Rn. 114; zur Frage einer analogen Anwendung auf den rechtsgrundlosen Besitzer s. Rn. 120).
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Die Vorschriften der §§ 994 ff. über die Verpflichtung des Eigentümers zum Verwendungsersatz verstehen sich als spezielle, die Vorschriften des Bereicherungsrechts grundsätzlich verdrängende Regelung. Durch die abschließende Regelung des Verwendungsersatzes soll zwar sichergestellt werden, dass dem Eigentümer die Vindikation nicht übermäßig erschwert oder gar faktisch unmöglich gemacht wird. Doch hat sich der Gesetzgeber von diesem Gedanken nicht durchweg leiten lassen. Vielmehr hat er einen nach der Art der Verwendungen und der Schutzbedürftigkeit des Besitzers differenzierenden Ansatz gewählt und auf diese Weise für einen angemessenen Ausgleich der widerstreitenden Interessen sorgen wollen. So kann der redliche und unverklagte Besitzer nach § 994 Abs. 1 S. 1 für notwendige Verwendungen auch dann Ersatz verlangen, wenn eine Wertsteigerung im Zeitpunkt des Herausgabeverlangens nicht mehr vorhanden ist; insoweit stellen §§ 994 ff. den Besitzer also besser als unter Geltung des allgemeinen Bereicherungsrechts. Sehr viel schlechter steht dagegen der unredliche oder verklagte Besitzer, kann er doch nach § 996 für nützliche Verwendungen auch dann keinen Ersatz beanspruchen, wenn durch die Verwendung der Wert der Sache erhöht worden ist und die Wertsteigerung sogar dem Willen des Eigentümers entspricht.