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Kleisthenes

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Den Ruf, der Begründer der „attischen Demokratie“ zu sein, hat der um 570 v. Chr. geborene Kleisthenes (570 – 507 v. Chr.). Er ist schnell zum höchsten Beamten Athens geworden, gerät aber in die innerattischen Streitigkeiten über eine Tyrannei des Hippias (ca. 540 – 490 v. Chr.). Jener Hippias schickt Kleisthenes in die Verbannung, wo – der Legende nach - Kleisthenes das Orakel von Delphi bestochen haben soll. Der gekaufte Orakelspruch weissagt daraufhin, dass ausgerechnet der Spartanerkönig Kleomenes I. (um 500 v. Chr.) die Stadt Athen von der Tyrannei befreien müsse. Da die Wirkung eines solchen Orakelspruchs in der antiken Welt der Griechen seine Wirkung nicht verfehlt, hat also jener Kleomenes I. die Meute des Tyrannen vertrieben. Nach einigen weiteren militärischen Auseinandersetzungen kehrt Kleisthenes nach Athen zurück und startet 508 v. Chr. ein Reformprogramm. Man weiß nicht besonders viel über diesen Mann, der vermutlich ein Jahr nach dem Beginn Reformen gestorben ist. Jedenfalls hat er vorher die Stadt verlassen – freiwillig oder gezwungen ist unklar.

Klar ist, dass er in Attika – also in Athen und in den umliegenden Regionen – die Gleichheit der Vollbürger eingeführt hat - die so genannte „Isonomie“. Dazu teilt Kleisthenes das Staatsgebiet Attikas in drei Teile. Diese „Demen“ sind in drei Regionen gegliedert: Stadt, Küste und Hinterland. Die Demen sind in jeweils 10 Unterbezirke aufgeteilt. So entstehen in jeder Region 10 „Phylen“, die in der Volksversammlung vertreten sind. Die Volksversammlung wiederum bestimmt per Los je 50 Abgesandte pro „Phyle“ in den dadurch entstehenden „Rat der 500“. Dieser Rat ist die attische Regierung, während die Volksversammlung zum „zentralen Entscheidungsgremium“ geworden ist, wie es der Althistoriker Wilfried Nippel in seiner 2008 erschienenen Abhandlung „Antike oder moderne Freiheit“ festgestellt hat. Durch die Gleichheit ihrer Stimmen werden alle Bürger Attikas an den politischen Entscheidungen ihrer Region gleichberechtigt beteiligt.

Die Reform zielt auf die Entmachtung des Adels und sorgt für eine Mischung der Bevölkerung. Die Reformen des Solon werden erweitert, die Unterscheidung in Bürger verschiedener Klassen aufgehoben und der Volksversammlung durch die Wahlentscheidung für Gericht und Regierung eine wesentlich größere Bedeutung gegeben. Im Urteil der Historiker ist die Reform des Kleisthenes die erste „proportionale Repräsentation einer Bevölkerung“. Und gleichzeitig ist sie auch eine Art Geburtsurkunde des demokratischen Europas, denn durch die Verfassungsreform des Kleisthenes 508 v. Chr. haben sich tatsächlich demokratische Strukturen in einer der Antike gemäßen Form durchgesetzt. Wahr ist aber auch, dass die Reform für Frauen ebenso wenig, wie für Sklaven oder Fremde gilt, die außerhalb der attischen Polis gelebt haben. Zudem ist die demokratische Organisationsform keineswegs unumstritten, denn Vertreter des Adels halten sie für eine „Herrschaft des Pöbels“ und sind stets auf dem Sprung, sie wieder abzuschaffen. Bedenkenswert erscheint auch der Einwand, die Reformen seien vor allem unter militärischen Aspekten entstanden, was in den Jahren dauerhafter Kriege nicht verwunderlich wäre. Das Losverfahren, das Kleisthenes bei der Besetzung des „Rats der 500“ einsetzt, soll die Einflussnahme reicher Familien ausschließen. Zudem wird ein Mal im Jahr ein Scherbengericht abgehalten. Dabei schreiben die Bürger einen Namen auf eine Tonscherbe und bezichtigen so den Genannten der beabsichtigten Tyrannei. Dieses Verfahren dauert mehrere Tage, so dass jeder die Gelegenheit zur Teilnahme hat. Kommen mindestens 6.000 Scherben mit dem gleichen Namen zusammen, kann derjenige für höchstens zehn Jahre aus der Stadt verbannt werden.


[Schaubild 3: Verfassung von Kleisthenes 508 v. Chr.]

Der zentrale Teil der Reform des Kleisthenes ist aber der Rat der 500. Er hat die Aufgabe die Regierung und die hohen Beamten zu kontrollieren. Dadurch dass der Rat durch Losverfahren zusammengesetzt ist, kann es nicht zu Absprachen oder zum Aufbau einer willfährigen Hausmacht kommen. Durch die Dreiteilung Attikas in die Regionen Stadt, Land, Küste ist gewährleistet, dass nicht nur reiche Athener das Sagen haben, sondern alle Schichten der attischen Bevölkerung beteiligt sind.

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