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Alle Macht den Philosophen!

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Neben den ersten demokratischen Schritten hat das antike Griechenland den europäischen Kontinent durch die Philosophie geprägt. Ausgangspunkt für die griechischen Philosophen ist das Nachdenken über die antike Welt mit dem Ergebnis, dass Zweifel über den damaligen Wissens- und Erkenntnisstand angebracht sind. Der Zweifel befördert das Denken über Alternativen und ist dadurch zu einem Akt der Selbstbefreiung des Menschen von herrschenden Überzeugungen geworden. Indem der Mensch zu denken beginnt und seine Umwelt in Frage stellt, entfernt er sich von den Fesseln überirdischer Erklärungen, deren heidnisch-kultische Rituale ihm bis dahin eine Erklärung der Welt geliefert haben. Mit dem Zweifel an den Erklärungen über den Sinn des irdischen Lebens tritt der Mensch in den Mittelpunkt des Denkens. Sein Leben soll nun mit den Möglichkeiten der Vernunft und nicht länger mit dem Verweis auf göttliche Vorsehung erklärt werden. Damit steht auch das „von den Göttern“ geschaffene gesellschaftliche „Ordnungssystem“ auf dem Prüfstand. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass die attische Demokratie den Rahmen geschaffen hat, in der sich die Philosophie hat entfalten können. Und umgekehrt ist die Demokratie in gewisser Weise auch die Fortsetzung der Philosophie gewesen, denn deren Ideen können in einem demokratischen Rahmen in der Praxis erprobt werden.

Das Nachdenken über den Sinn des Lebens, aus dem sich im Laufe der Zeit eine zusammenhängende Philosophie entwickelt hat, findet in Athen öffentlich und zwar im Dialog statt. Dichter und Denker bringen dem Publikum in großen Amphitheatern philosophische Fragen nahe. In öffentlichen Lesewettbewerben treten zwei Philosophen im Wettstreit um die bessere Lösung eines Problems gegeneinander an. Dabei werden die Diskutanten aufgefordert, eine Angelegenheit nicht nur von einer Seite zu betrachten. Die Kunst des richtigen Debattierens besteht in Athen darin, die Argumente des Anderen in Betracht zu ziehen und zu werten. So entsteht eine den europäischen Kontinent prägende „Kultur der Freiheit“ mit der ernsthaften Bereitschaft sich selber und die Welt der Götter, die bis dahin den Lauf der Dinge erklärt haben, radikal in Frage zu stellen – so der Gedanke des Althistorikers Christian Meier. Diese Art des öffentlichen Lebens verträgt auf Dauer keine aristokratische Gesellschaftsordnung oder die Herrschaft eines Einzelnen. Die Demokratie ist die einzige politische Ordnung, in der sich die griechische Philosophie ausbreiten und fortentwickeln kann. Dabei kommt es den Griechen zu Gute, dass sie inzwischen eine regelrechte Fest- und Feierkultur entwickelt haben. Diese Kultur sorgt dafür, dass sich griechische Philosophie in Theatern und Streitgesprächen, auf der Straße oder in Bibliotheken in Rede und Gegenrede entwickelt. Aus der Vielzahl der Philosophen und Denker der griechischen Antike ragen drei heraus, die das Denken Europas bis heute maßgeblich beeinflussen: Sokrates, Platon und Aristoteles.

Die Genese Europas

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