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Grenzen der Polisdemokratie

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Die Polisdemokratie hat bei einer relativ kleinen Bürgerschaft funktioniert. In seiner Blütezeit haben etwas mehr als 150.000 Menschen in Athen gelebt – für damalige Verhältnisse eine wahrhaft gigantische Metropolis. Nicht alle von ihnen sind frei und damit im Vollbesitz politischer Rechte gewesen. Von den 60.000 Männern unter den 150.000 Einwohnern dürften nur etwa 30.000 Vollbürger gewesen sein. Frauen, die zugereisten Arbeitskräfte (Metöken) und Sklaven sind von den Bürgerrechten ausgeschlossen und können an der Polisdemokratie nicht teilhaben. Unveräußerliche Menschenrechte wie das Recht auf Meinungsfreiheit oder das Recht auf Opposition sind in der Antike unbekannt. Im antiken Athen ist die Gleichheit vor dem Gesetz nicht identisch mit der Gleichheit an individuellen Rechten. Der Einzelne ist Mitglied der athenischen Polis, in der er frei und gleich ist. Seine politische Freiheit besteht im Rederecht in der Volksversammlung oder in den gleichen Zugangschancen zu Ämtern. Man kann die damaligen Bürgerrechte nicht mit den heutigen vergleichen, aber die heutigen basieren auf diesen ersten Versuchen.

In der Wirtschafts- und Sozialpolitik herrscht die pure Ungleichheit. Die Familien sind streng hierarchisch organisiert, der Mann ist der "Despot" und hat uneingeschränkt das Sagen. Wirtschafts- und Sozialpolitik gehört nicht zu den Themen der Volksversammlung. Eine Politik, die sich dem Ausgleich sozialer und ökonomischer Unterschiede im Zeichen sozialer Gerechtigkeit verschrieben hätte, gibt es in der attischen Demokratie nicht. Durchsetzung und Entfaltung der attischen Demokratie beruhen auf Bedingungen, die nicht vergleichbar sind mit modernen Demokratien von heute. Die Entwicklung der Demokratie im antiken Athen wird nicht selten durch äußere Einflüsse vorangetrieben. Der Flottenausbau zieht einen enormen Bedarf an Ruderern nach sich, der nur aus den Reihen der Besitzlosen gedeckt werden kann. Deren Forderung nach größerer Teilhabe an den „öffentlichen Angelegenheiten“ muss als Gegenleistung für Kriegsdienste erfüllt werden.

All das muss finanziert werden. In erster Linie stehen dafür Abgaben vermögender Bürger zur Verfügung. Neben diesen „Steuereinnahmen“ aus der Stadt und den attischen Poleis tragen die Tributzahlungen und Bündnisverpflichtungen der Bundesgenossen erheblich zum Funktionieren der Polisdemokratie bei. Zudem ist es Athen gelungen, die ionischen Inseln zu einer Art Wirtschaftsgemeinschaft unter der Führung der Stadt zusammen zu fassen und eigene wirtschaftliche Vorteile daraus zu ziehen. Die Demokratie, die Diäten und das Schaugeld für die Bürger, diverse Wohltätigkeiten oder der Kulturbetrieb in der Stadt verursachen erhebliche Kosten, die bis zum Ende des 5. Jahrhunderts zu einem nicht unerheblichen Teil durch Einnahmen von außen gedeckt werden können.

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