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Ausser Spesen wenig gewesen

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Am Vorabend der grossen Dinner-Party, zu der die Delegation als Schlusspunkt ihrer Mission eingeladen hatte, besprachen die Mitglieder in ihrem Bungalow nochmals die kleine Ansprache, die Schindler halten sollte. Es war für eine Teamsitzung gesetzter Geschäftsherren ein eher ungewöhnliches Setting: «Wir fünf sitzen mit nackten Oberkörpern, shorts oder langen Hosen und slippers im schlecht erleuchteten Zimmer (die Spannung ist bis zehn Uhr abends immer miserabel, so dass man zum Schreiben fast nichts sieht) und jeder trägt seinen Senf zur Ansprache bei.» Am nächsten Tag waren 71 Gäste an dem Galadinner anwesend, darunter auch der Wirtschaftsminister, Vizeminister Tann und weitere Regierungs-, Rüstungs-und Bankenvertreter. Schindler empfand seine Rede, die er nach dem Essen hielt, als wenig gelungen, weil er mehrmals gestockt habe und der Ton gepresst gewesen sei. Nach einer freundlichen Replik des Wirtschaftsministers wurden noch drei Filme über die Aluminiumherstellung, die MFO und über Schweizer Sanatorien gezeigt. Beim letzten Film fragte sich Schindler, ob hier nicht zu viel Luxus gezeigt worden sei und dies auf die chinesischen Gäste protzig gewirkt haben könnte: «Schon nach zwei Monaten Abwesenheit von der Schweiz erscheinen die Bilder von Zürich-Stadt, von den Kliniken etc. wie eine Erzählung aus einem technischen Paradies.» Gegen Ende des Abends unterhielt er sich unter vier Augen mit dem Wirtschaftsminister. Dieser erzählte ihm von einem sehr weitgehenden Handelsvertrag, der mit den Amerikanern geplant sei und viele Ressourcen beanspruche. Den Handelsbeziehungen mit der Schweiz könne man sich dann wieder zuwenden, wenn dieser Vertrag abgeschlossen sei. Dennoch wurde am nächsten Tag ein chinesisch-schweizerischer wirtschaftlicher Verein gegründet, der die Wirtschaftsbeziehungen der beiden Länder vertiefen sollte. Der Besitzer einer chinesischen Zementfabrik wurde zum Präsidenten ernannt, Schindler zum Vizepräsidenten. Es wurde geplant, zusammen mit dem chinesischen Gesandten in Bern eine Schweizer Gruppe dieses Vereins zu gründen. Alle am Export nach China interessierten Firmen sollten diesem Ableger beitreten.

Das Fazit einer letzten Besprechung mit den Chinesen fiel ernüchternd aus. Man war übereinstimmend der Meinung, dass man unter den herrschenden Verhältnissen nicht mehr erreichen konnte. Die Regierungsprojekte für hydraulische und thermische Kraftanlagen waren noch nicht reif für eine Auftragserteilung. Auf Schweizer Seite haperte es abgesehen vom Fehlen eines Schweizer Gesandten mit der Kreditvergabe. Weitere Verhandlungen wurden als zwecklos erachtet, da die Regierungsstellen allesamt mit dem Umzug nach Nanking beschäftigt waren. Auch den Geschäften der MFO war kein Erfolg beschieden: Die Offerte für fünf Motoren für eine Getreidemühle war wesentlich höher als die einer englischen Firma. Trotz Rabatten ging der Auftrag verloren. Und ein anderer Industrieller schlug im letzten Moment auch noch eine Transformatorenofferte aus.

Am Abend vor dem Abflug war die Delegation noch zu einem sogenannten schwarzen Kaffee beim Vorsteher der Politischen Abteilung des Ministerpräsidenten eingeladen. «Der schwarze Kaffee besteht aus etwa 5–10 kalten Platten, darunter Rieseneier, die mit Zucker gegessen werden, normalen Hühnereiern und präparierten (sog. faulen) Eiern. Nachher kommt eine Schicht süsser Platten, das ganze übergossen von sehr viel süssem und daneben sehr starkem liqueurartigem Wein.» Doch auch die üppigste Platte konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Mission im Grunde kaum zählbare Resultate hervorgebracht hatte.

Zauderer mit Charme

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