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Ein hoffnungsvoller Spross

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Wer war dieser Mann, der mutig, aber wohl auch etwas voreilig noch mitten im Krieg nach China aufbrach, um für die Schweizer Exportindustrie eine erste Türe zu diesem riesigen Absatzmarkt aufzustossen? Der jüngere Stammbaum von Hans Schindler liest sich wie ein «Who’s who» der einflussreichen Zürcher Familien. Stammvater der Schindler-Familie war allerdings ein Glarner, der erst 1842 nach Zürich kam und hier das Landgut Kreuzbühl erwarb. Dietrich Schindler-Schindler wurde 1795 in Mollis geboren, studierte Recht in Deutschland und war Teilhaber der Textilfirma Jenny & Schindler in Hard bei Bregenz. Bekannt wurde er allerdings in seiner Heimat als Politiker, der massgeblich an der Ausarbeitung der Glarner Verfassung beteiligt gewesen war. Er plädierte als Liberaler insbesondere für die Aufhebung der konfessionellen Landesteilung. 1837 wurde er zum Landammann gewählt und musste zuerst den katholischen Widerstand brechen. Auf Ausgleich bedacht feindeten ihn nun die radikalen Kräfte an, weil er angeblich gegenüber der katholischen Geistlichkeit zu nachgiebig war. Zermürbt stellte er sein Amt schliesslich zur Verfügung und ging nach Zürich. Sein Sohn Kaspar, der Grossvater von Hans Schindler, heiratete 1853 mit Elise Escher, der Tochter von Martin Escher (vom Glas), eine Angehörige des Zürcher Patriziats. Frei von finanziellen Sorgen betätigte sich der studierte Agronom Kaspar Schindler als Philanthrop für gemeinnützige Institutionen und Hilfsaktionen bei Katastrophen. Er sah in der Wohlfahrt breiter Volksschichten die Lösung der sozialen Frage und regte unter anderem Arbeitereigenheime als Grundlage eines gesunden Familienlebens an. Zu seiner Ehre wurde eine Strasse in Zürich Unterstrass nach ihm benannt. Seine Frau Elise war die geborene Gutsherrin: selbstsicher, energisch, intelligent. Sie betonte stets, dass die Seidenbeuteltuchfabrikation, die ihr Mann nebenher betrieb, eigentlich ihr «Gwerb» sei, da von ihrem Vater Martin Escher übernommen.

Das Paar hatte fünf Kinder, die wiederum standesgemäss heirateten und sich mit den Familien Syz, von Schulthess und weiteren Escher-Zweigen verknüpften. Der Zweitälteste unter den fünf Geschwistern, (Samuel) Dietrich Schindler, heiratete 1888 in eine angesehene Familie aus Zürcher Industriellenkreisen ein. Seine Frau Anna Barbara Huber war die Tochter von Peter Emil Huber-Werdmüller, der mit der Gründung der Maschinenfabrik Oerlikon und der Aluminium Industrie AG Neuhausen als einer der wichtigsten Pioniere der Metall- und Maschinenindustrie in der Schweiz gilt.

Das Ehepaar Schindler-Huber, die Eltern von Hans Schindler, liess 1900 auf dem weitläufigen Areal des Kreuzbühls einen eigenen repräsentativen Wohnsitz bauen: die Villa Wyggisser. Die Benennung nach dem Hausberg von Mollis war als Ehrerbietung für Landammann Schindler gedacht, der sich trotz seiner schlechten Erfahrungen in seiner glarnerischen Heimat im Schatten des Wyggis begraben liess. Als Architekt waltete Gustav Gull, der bereits das neoklassizistische Landesmuseum erbaut hatte und den historisierenden Stilmix auch in die Gestaltung der Villa einfliessen liess. Die burgähnliche Fassadengestaltung und das schwere geschnitzte Eichentäfer im Innern trugen zur eher behäbigen Anmutung bei. Anlässlich der Hauseinweihung 1901 wünschte sich der Vater von Hans Schindler, dass darin «ein Geist strenger Selbstzucht und gewissenhafter Pflichterfüllung, gepaart mit warmer Nächstenliebe, herrsche». Wie sich herausstellen sollte, überliess der Vater jedoch den letzten Punkt vollständig der Mutter. Anna Barbara Schindler beherzigte dies nicht nur in der eigenen Familie, sondern auch als Präsidentin des Damenkomitees, das am Kinderspital Zürich für das Wohl der kleinen Patienten und der weiblichen Angestellten sorgte.


Die vier Geschwister Werner, Hans, Gertrud und Dieter mit zwei Mägden vor dem Baugespann des «Wyggisser», 1900.


Hans (zuvorderst) mit seinen Geschwistern und seinen Eltern vor dem Eingang des «Wyggisser», um 1901.

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