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Heirat mit Ilda Baumann
Оглавление1928 heiratete Hans Schindler die neun Jahre jüngere Ilda Baumann. Zuvor hatte seine Mutter zweimal von einer Heirat mit anderen Frauen abgeraten, dieses Mal hatte er sich schon entschieden, «und das Fragzeichen der Mutter blieb ohne Wirkung». Ildas Vater Moritz Baumann-Naef war einer der führenden Köpfe in der Schweizerischen Wagons- und Aufzügefabrik Schlieren. Ilda wuchs mit ihrem Bruder Walt und ihrer Schwester Vera in der «Palme» auf, einem Herrschaftssitz mit Umschwung, den ihr Urgrossvater Caspar Baumann, ein Seidenfabrikant, 1862 erworben hatte. Das Anwesen lag auf den ehemaligen Bleicherwiesen zwischen Zürichsee und Bleicherweg, umgeben vom pulsierenden Stadtleben. Ilda stammte aus einer ausgesprochen sportlichen Familie. So gehörten die Baumanns zu den allerersten Skifahrern. Vater Moritz galt gar als sportlicher Draufgänger, der seine Ausdauer und Geschicklichkeit gerne auch mit Wetten unter Beweis stellte. Tochter Ilda erbte das sportliche Talent und war eine sehr begabte Alpinistin und Reiterin.
Familie Baumann in Adelboden, um 1910.
Ilda Baumann studierte – nach der Matura am privaten Freien Gymnasium Zürich – in München Gesang und Geige, brach das Studium allerdings ab, da ihr das Talent zur Spitzenmusikerin fehlte. Zurück in Zürich spielte sie in diversen Kammermusikformationen Geige. Beim gemeinsamen Musizieren lernte sie schliesslich Hans Schindler kennen, der Cello spielte – weil sein Vater hohe und kratzende Geigentöne hasste. Sie fanden offenbar Gefallen aneinander. Hans Schindler imponierten Ilda Baumanns Intelligenz und Eigenständigkeit. Sie war keine Frau, die sich einfach dem Mann unterordnete. In den späteren Tagebüchern, als die Ehe schon zerrüttet war, bemerkte er einmal, dass er damals eine Frau heiraten wollte, die auf seine Umgebung Eindruck machen würde. Und das tat sie zweifellos. Über ihre Motivation weiss man weniger – ebenso über gegenseitige Gefühle. Gesellschaftlich passten sie aufgrund der Stellung ihrer beiden Väter in der Zürcher Wirtschaftselite jedenfalls sehr gut zusammen. Noch im Jahr der Hochzeit 1928 wurde das erste Kind, Werner, geboren. Es folgte Annemarie 1930. Doch Ilda Schindler wollte nicht nur Hausfrau und Mutter sein. Und so nahm sie nach der Geburt des zweiten Kindes ein Medizinstudium auf, das sie 1937 als 32-Jährige mit der Promotion erfolgreich abschloss. Hans Schindler stand diesem Unabhängigkeitsdrang nicht im Wege. Er spürte, dass seine Frau als klassische Hausfrau nicht glücklich werden würde. Noch während des Studiums war 1935 das dritte Kind Peter geboren worden. Besonders schmerzvoll war für Ilda Schindler der Tod des vierten Kindes Rudolf, das erst halbjährig im Frühling 1939 verstarb. Immer wieder erwähnte sie in Briefen an ihre Freundin Sus Öhman die seelischen Qualen: Das Leben gehe unerbittlich weiter, und sie müsse die «normale Maske» aufsetzen. Sie freue sich jeweils auf die Nacht, wenn sie unter der Decke ungehemmt weinen könne. Sie versuchte aber, den Kummer für sich zu behalten, um ihren Mann Hans damit nicht zu belasten.
Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete Ilda Schindler als Ärztin in der Poliklinik unter Prof. Paul Henri Rossier am Kantonsspital Zürich, mit kürzeren Pausen während weiterer drei Schwangerschaften mit Hans (geb. 1940), Elisabeth (geb. 1943) und Ruth (geb. 1944). Durch die Abwesenheit vieler Männer während der Mobilmachung im Krieg konnte Ilda Schindler sehr schnell verantwortungsvolle Positionen übernehmen, was jedoch auch sehr viel Arbeit bedeutete. Als Ehefrau eines Wirtschaftsführers war ihre berufliche Karriere zu dieser Zeit doch ziemlich ungewöhnlich – und anstrengend. Sie befand sich in einer Dreifachrolle als Mutter von sechs Kindern, als Industriellengattin mit repräsentativen Aufgaben und als praktizierende Ärztin. Dazu kamen ihre zum Teil sehr ambitionierten sportlichen Aktivitäten, die wohl auch als Ausgleich dienten. Der Effekt war, dass beide Eltern oft nicht zu Hause waren. Doch die Mittel für einen gut organisierten Stab an Bediensteten, insbesondere auch für die Kinderbetreuung, waren natürlich vorhanden. Bevor die Familie Anfang 1938 in den «Wyggisser» – die repräsentative Fabrikantenvilla des verstorbenen Vaters von Hans Schindler – zog, wohnte sie bis Mitte der 1930er-Jahre im frei stehenden, spätklassizistischen Mehrfamilienhaus Bürgli in Zürich Enge.
Hans Schindler bezeichnet in seinen Memoiren die Heirat mit Ilda Baumann als «wohl ernsteste Fehlhandlung meines Lebens». Er musste feststellen, wie heikel und wenig lenkbar das menschliche Zusammenleben ist. Schon in den ersten Jahren der Ehe fehlte die gegenseitige Liebe. Trotzdem blieben die beiden bis 1959 zusammen – «vom familiären und gesellschaftlichen Rahmen gehalten». Scheidungen waren nicht opportun.
Hans Schindler und Ilda Schindler-Baumann als frisch vermähltes Paar, 1928.
Hans und Ilda Schindler in den Ferien im Wallis, um 1930.