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Kapitel 1 Die Ursprünge Allgemeines

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Das Erbe Mendelssohns wurde in seiner Gesamtheit nicht nur von einer einzigen oder besonderen Richtung der jüdischen Gemeinschaft bewahrt, die sich als legitime Erbin ansah. Die verschiedenen dargelegten Strömungen, die sich gegenseitig bekämpften, stritten sich um das Erbe des großen Philosophen. Mit Ausnahme der orthodoxen Rabbiner, meistens Polen, die ihn mit Argwohn betrachteten und ihn für den Vater der Assimilation hielten statt für den Pionier der Emanzipation, verwendeten alle anderen Richtungen die von Mendelssohn veröffentlichte kommentierte Übersetzung des Pentateuchs. Der Umgang mit dieser Bibelversion trieb seltsame Blüten: Während die strengen Hüter der Tradition sie heftig bekämpften, vor allem der große Rabbiner von Prag, Ezechiel Landau, der jeden, der sich ihrer bediente, mit dem Bann bedrohte, wurde sie von den Enkeln der rachsüchtigen Würdenträger für ihren Bar Mizwa benutzt. Ein Beleg dafür, dass Mendelssohn die Dinge richtig gesehen und sich einen Platz im historischen Bewusstsein geschaffen hat.

Die Lage der Juden in Berlin unterschied sich von der in anderen deutschen Staaten. Die Emanzipation der Juden im germanischen Kulturbereich ging langsamer und zögerlicher vor sich als in Frankreich. Der Status der Religionsgemeinschaften, die in Kulturgemeinschaften zusammengefasst waren, variierte je nach Land, manchmal sogar je nach Baronat, abhängig von dessen Bedeutung. Man kann sagen, dass der vielschichtige Status der jüdischen Gemeinschaften die politische Situation reflektierte, die in den deutschen Ländern vorherrschte8.

Als Land mit Hegemonialstellung war Preußen das erste Land, das sich an die Spitze der anderen germanischen Länder setzte. In Berlin verhandelte der Staat eine sehr weit gefasste Übereinkunft mit den örtlichen jüdischen Gemeinschaften, die den Wunsch hatten, den Status als gemeinnützige Religionsgemeinschaft zu erhalten. Dieser Status hatte einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: Man konnte Kirchgeld bekommen und die Bürger wurden gebeten, sich einer Religionsgemeinschaft anzuschließen. Nun, die Juden in Berlin waren genauso geteilt wie im übrigen Deutschland: Man fand dort eine jüdische Gemeinschaft liberaler und reformierter Ausrichtung, die starken Rückenwind hatte, eine Gemeinschaft mit ultraorthodoxer Ausrichtung, die jede noch so geringe Veränderung oder Lockerung der religiösen Praktiken verweigerte, und schließlich eine Gruppe von Menschen, die sich für Traditionalisten hielt, also für konservativ im aus den USA übernommenen Sinn des Wortes. Die Anhänger des Liberalismus und der Reform wurden von einem Mann wie Abraham Geiger vertreten, die Minderheitsgruppierungen, die einer gewissen Orthodoxie treu bleiben wollten, erkannten sich in Samson-Raphael Hirsch aus Frankfurt am Main wieder. Die Bewahrer optierten für ein historisches Judentum, wie man es im Jüdisch-Theologischen Seminar in Breslau praktizierte, das von der Wissenschaft des Judentums inspiriert wurde. Nach 1945 fiel Breslau, das in Wroclaw umbenannt wurde, an Polen.

Léo Baeck

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