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III. Internationales Privatrecht
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In Zeiten der Globalisierung und des Internet hat die Frage nach dem auf grenzüberschreitende geschäftliche Handlungen anwendbaren Recht an Bedeutung zugenommen.[238] Sie darf nicht mit der Zulässigkeitsfrage nach der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte verwechselt werden.[239] Praktisch stellt sich die Frage nach dem anwendbaren Recht oft bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes.[240] Das Wettbewerbsrecht ist in seinem Kern Sonderdeliktsrecht, so dass das deutsche Internationale Wettbewerbsrecht bis 2009 den kollisionsrechtlichen Regeln für unerlaubte Handlungen (Art. 40 f EGBGB) folgte. Maßgeblich war danach das Recht des Ortes, an dem die unlautere Handlung begangen wurde (Handlungsort, Art. 40 Abs. 1 S. 1 EGBGB), oder des Ortes, an dem der Erfolg eingetreten ist (Erfolgsort, Art. 40 Abs. 1 S. 2 EGBGB). Im Wettbewerbsrecht wurde jedoch – mit unterschiedlicher Begründung – zunächst auf den „Marktort“ abgestellt, d. h. auf den Ort der wettbewerblichen Interessenkollision.[241] Erst bei Fehlen eines Marktbezuges kam Art. 40 Abs. 1 EGBGB in reiner Form zur Anwendung.
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2009 hat die sog. Rom II-VO[242] die Art. 38 bis 42 EGBGB ersetzt. Nach Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten das Recht des Staates anzuwenden, „in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden“. Das kann auch das Recht eines Staates sein, der nicht Mitgliedstaat der EU ist (Art. 3 Rom II-VO). Maßgeblich ist weiterhin der „Marktort“ der früheren Rechtsprechung, d. h. der „Ort der wettbewerblichen Interessenkollision“.[243] Bei Streudelikten,[244] z. B. bei Wettbewerbsverstößen in Fernsehen oder Internet, deren Wirkungen räumlich nur schwer begrenzt werden können,[245] ist danach jeder Ort relevant, an dem Marktteilnehmer beeinträchtigt werden. Unerwünschten Spillover-Effekten können die Unternehmen durch den Einsatz von sog. Disclaimern begegnen.[246]
Merke: Sachverhalte mit Auslandsbezug
In wettbewerbsrechtlichen Fällen mit Auslandsbezug ist zunächst prozessual die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte festzustellen. Danach ist kollisionsrechtlich zu klären, ob das deutsche Recht Anwendung findet. Seit 2009 geschieht die Klärung nach Art. 6 Rom II-VO. Danach ist das UWG anwendbar, wenn der Ort der wettbewerblichen Interessenkollision (der Marktort) in Deutschland liegt. Das gilt auch bei Streudelikten, so dass das UWG anwendbar ist, wenn durch eine geschäftliche Handlung auch Marktteilnehmer in Deutschland beeinträchtigt werden.