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3. Ermächtigung an den Richter

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Durch die Generalklausel überträgt der Gesetzgeber außerdem den Gerichten die Aufgabe, den Maßstab des „Unanständigen“ bzw. des „unternehmerisch Unsorgfältigen“ im Einzelnen zu konkretisieren. Dieser Vorgang der Konkretisierung unterscheidet sich angesichts der Unbestimmtheit der Tatbestandsmerkmale beträchtlich von einer bloßen Subsumtion und ähnelt in vielem der Rechtssetzung. Je stärker allerdings Regelbeispiele, Anhänge und Fallmaterial anwachsen und je weiter die Gerichte bei der Ordnung der Materie voranschreiten, umso mehr verlagert sich der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit von der Setzung wettbewerbsrechtlicher Normen zur Subsumtion unter das selbstgeschaffene Richterrecht.

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Von der Ermächtigung zur Setzung von Richterrecht durch die wettbewerbsrechtliche Generalklausel haben die Gerichte in der Vergangenheit weitgehenden Gebrauch gemacht. So ist mit der Zeit jenes feingegliederte und doch elastische und praktikable Normengefüge des Wettbewerbsrechts entstanden, aus dem ein großer Teil der Beispielsfälle in §§ 3a ff UWG hervorgegangen ist und das in den nicht speziell geregelten Fällen auch weiterhin die Anwendung der Generalklausel leitet. Die Arbeit mit Präjudizien ist im Wettbewerbsrecht alltäglich und ähnelt in vielem der Tätigkeit anglo-amerikanischer Gerichte bei Anwendung des einschlägigen case law. Der tragende Grund der wettbewerbsrechtlichen Entscheidung unter dem UWG blieb freilich stets das Gesetz.

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Durch die Kodifizierung der speziellen Tatbestände in §§ 3a ff UWG und im Anhang ist die Ermächtigung zur Setzung weiteren, neuen Richterrechts nicht obsolet geworden. Nach der Regierungsbegründung zum UWG 2004[13] soll die Generalklausel dem Rechtsanwender die Möglichkeit geben, „neuartige Wettbewerbsmaßnahmen sachgerecht zu beurteilen“. Zudem könne durch die Generalklausel „den sich wandelnden Anschauungen und Wertmaßstäben in der Gesellschaft besser Rechnung getragen werden“. Dabei ist nur zu beachten, dass die nationalen Gerichte die Konkretisierungsbefugnis bei Handlungen gegenüber Verbrauchern wegen der Vollharmonisierung durch die UGP-RL mit dem EuGH teilen müssen.

Wettbewerbs- und Kartellrecht

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