Читать книгу Die Eucharistie als Opfer der Kirche - Michael Hesse - Страница 33
4.2 Luther ab 1530 – Das Jahr der Confessio Augustana
ОглавлениеInteressant sind bei Luther zwei Schriften aus dem Jahr der Confessio Augustana 1530, nämlich die „Vermahnung an die Geistlichen, versammelt auf dem Reichstag zu Augsburg“, in der es um Messstiftungen und Messstipendien geht, sowie die „Vermanung zum Sacrament des leibs und bluts unsers Herrn“. Letztere Schrift ist daher von Bedeutung, da Luther die Begriffe Lobopfer und Dankopfer in den Mittelpunkt der Betrachtung rückt. Wenn man genauer hinschaut, muss man feststellen, dass der Reformator nicht umhin kann, die Messe als ein „sacrificium memorale“ zu bezeichnen. Kreuzesopfer und Opfer von Gebet und Gaben verbinden sich zum Lobopfer.112 Er stellt heraus, dass die Messe zwar kein Opfer im Sinne eines Werkes ist, das zur Versöhnung immer neu dargebracht werden müsse, wohl aber Handeln Gottes am Menschen, im Sinne der Verkündigung der Erlösung durch das Kreuzesopfer Jesu als Lobopfer (eucharistia). Luther unterscheidet somit „Werkopfer“, das Gott die Ehre nimmt, vom „Dankopfer“, das Gott die Ehre gibt.113 Er schreibt:
„Ich will zur Eucharistia gehen, das ist: Ich will zur dancksagung gehen, nemlich zu dem ampt, da man Gott danckt und lobt jnn seinem Sacrament, wie es scheinet, das die alten gemeinet haben.“114
Schließlich fasst die „Confessio Augustana“ des Reichstages aus dem Jahre 1530 die Kritik an der Messopferlehre in Nummer 24 zusammen. Zunächst wird von reformatorischer Seite der katholischen Gegenseite die Lehre unterstellt, dass der Kreuzestod Jesu einzig der Erbsündenschuld wegen geschah und die Tatsünden der späteren Zeit müssten nun durch ein zusätzliches Opfer getilgt werden. So soll in der Messe durch den opfernden Priester Gott Genugtuung für eben diese Tatsünden geleistet werden. Weiter unterstellt die reformatorische Seite, dass Gott auf katholischer Seite verstanden wird, als einer, der täglich neubeleidigt, der menschlichen Versöhnung bedarf. Als Indiz wird die damalige katholische Praxis herangezogen, häufig Messe zu feiern, die Messstiftungen, sogenannte Winkelmessen und die Feier von Messen für Verstorbene. Dieser Gewohnheit will die Confessio Augustana sozusagen den Spiegel der Bibel vorhalten und verweist auf die Einmaligkeit des Kreuzesopfers zur einmaligen Genugtuung für alle Sünden.115
In einem zweiten Punkt wird der vorgenannte Aspekt verdeutlicht. Das Kreuzesopfer als ein allgenügsames Opfer, darf nicht ein zusätzliches Opfer beigestellt und also dargebracht werden. Die Sündenvergebung geschieht allein aus dem Glauben und nicht durch das Werk des Menschen. Damit verwirft die Confessio Augustana die Lehre der Wirksamkeit der Sakramente ex opere operato. Somit ist auf reformatorischer Seite festgelegt, dass die Messe kein Sühneopfer sein kann. Die protestantisch verstandene Eucharistie wird somit zur Bestätigung für die Gewissheit der Sündenvergebung und Leib und Blut Christi werden nicht als dingliche Opfergaben Gott als Versöhnungsgabe dargebracht. Diese Eucharistie bestärkt das Wort der Verkündigung von der Sündenvergebung, die sodann im Glauben angenommen wird.116 Die Confessio Augustana fordert, alle Opfertermini aus dem Messkanon zu tilgen, weil die Messe also als „sacramentum und testamentum“ kein Opfer ist.117 Sie fasst die lutherische Messopferlehre, die von der Realpräsenzlehre ausgehend, die Messe als Werkerei zur Selbstrechtfertigung des Menschen versteht, zusammen. Diese Sichtweise findet sich in späteren Texten des Reformators wiederholt wieder.118 Die Äußerungen Luthers zur Messe werden intensiver und schärfer, da der Terminus Messe für ihn zum Inbegriff des Werkopfers kulminiert.119 Insofern wird der Gedanke der Repraesentatio des Kreuzesopfers mit der Rechtfertigungslehre verknüpft.
„Im Gedächtnis von Christi Tod ist sein Opfer insofern Gegenwart, als dies Gedächtnis ein ‚meminisse beneficia Christi’, ein Empfangen der Heilsgabe im Glauben, eine Hingabe an Christi Barmherzigkeit ist.“120
Doch verwunderlicher Weise kennen die reformatorischen Bekenntnisschriften doch eine andere Art eines Opfers der Kirche oder gar des einzelnen Christen. Neben dem Sühneopfer Christi kann einzig das Dankopfer der Gemeinde bzw. des Einzelnen stehen, dass nicht Versöhnung schafft, sondern von Versöhnten dargebracht wird. Dieses Opfer meint: Lobopfer, Evangeliumsverkündigung, Glaube, Anrufung Gottes, Danksagung, Bekenntnis, Anfechtung und gute Werke.121