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a) Verfassungsorganstreit[79]

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Beschränkt man die Behandlung der Organstreitigkeiten auf Konflikte zwischen Legislative und Exekutive, so scheint die Möglichkeit der Einführung eines Rechtsprechungsmechanismus im Rahmen der konstitutionellen Monarchie erneut fraglich. Die Verfassung hat während des größten Teils des betrachteten Zeitraums den Charakter eines bilateralen „Pakts“ zwischen dem Monarchen und der nationalen Vertretung. Charakteristisch für diesen dualen Konstitutionalismus ist, dass die Einhaltung dieses Paktes bis auf wenige Ausnahmen den Parteien selbst übertragen ist. Sie selbst müssen eine Konfliktlösung durch Mechanismen finden, die im Wesentlichen politisch sind. In diesem Modell, das von der Spannung zwischen zwei grundlegenden konstitutionellen Gewalten geprägt ist, bleibt wenig Raum für Gerichtsbarkeit und viel Raum für Konflikte.[80] Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang der vierjährige preußische Budgetkonflikt von 1862 bis 1866 zwischen der Exekutive unter dem Vorsitz von Kanzler Bismarck und dem Parlament; der Konflikt wurde schlichtweg nicht gelöst, obwohl er politisch zum Sieg der Exekutive führte.[81]

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In diesem Zusammenhang und für lange Zeit ist das einzig nennenswerte Institut die Ministeranklage, das allerdings dem Begriff Organstreitigkeiten nicht völlig entspricht. Während dieser Periode sehen die monarchischen Verfassungen sehr häufig einen Mechanismus vor, nach dem die Minister des Königs, der selbst unverletzlich ist und nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, – auch strafrechtlich – zur Rechenschaft gezogen werden können: also ein Verfahren, in dem ein Minister angeklagt und aus dem Amt entfernt werden kann. Das Verfahren kann typischerweise in eine Anklage- und eine Verurteilungsphase unterteilt werden. Allerdings wurden diese Mechanismen selten benutzt und waren noch seltener erfolgreich.[82]

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Die Einrichtung eines besonderen Gerichts, des Reichsgerichts, mit verfassungsgerichtlichen Befugnissen in der Dezemberverfassung von Österreich,[83] führte zur Institutionalisierung einiger Varianten von Organstreitverfahren, insbesondere zur Abgrenzung der jeweiligen Bereiche von Verwaltung und Justiz, oder ordentlicher Gerichtsbarkeit und Verwaltungsgerichtsbarkeit.[84] Die Deutsche Reichsverfassung von 1871 (Art. 76) setzt ihrerseits ein politisches Organ, den Bundesrat, zur Konfliktlösung zwischen Organen in den Ländern ein, deren Verfassung keine entsprechende Bestimmung enthält.

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