Читать книгу Handbuch Ius Publicum Europaeum - Monica Claes - Страница 26
III. Verfassungsgerichtsbarkeit als evolutionäre europäische Errungenschaft: Konvergierende Entwicklungen seit 1918
Оглавление70
Die historische Zeitspanne von 1918 bis zum Jahrhundertende ist die Periode, in der sich Europa Schritt für Schritt europäisiert: Zumindest könnte man dies mit Bezug auf ein so spezifisches Phänomen wie die Entwicklung der Verfassungsgerichtsbarkeit in den neunzig Jahren, die hier betrachtet werden, sagen. Wichtig ist, diese Periode, trotz der großen Einschnitte von 1945 und 1989, als Ganzes in den Blick zu nehmen, denn nur so ist es möglich, diese Entwicklung als europäische Errungenschaft einzustufen, was sie auch ist: die der normativen Verfassung. Die Institute, die den abstrakten Begriff der Verfassungsgerichtsbarkeit umschreiben, sind diejenigen, die in der vorhergehenden Periode unabhängig voneinander entstanden sind: Normenkontrolle, Verfassungskonflikte und Individualbeschwerde. Sie werden nun alle unter einem Dach vereint, das sie der Kategorie der Verfassungsgerichtsbarkeit zuordnet. In diesem funktionalen Ansatz nimmt ein organischer Faktor eine nicht unerhebliche Stellung ein: Das Entstehen eines der Funktion entsprechenden Gerichts, das auch diesen Namen führt, ein „Verfassungsgericht“. Nachdem dieses Organ einmal konzipiert war, sollte es auch kein Problem mehr darstellen, ihm die Verfassungsgerichtsbarkeit in abstrakter Formulierung zu übertragen. All dies wird durch den Umstand verstärkt, dass diese Periode im Unterschied zur vorherigen von Konvergenz, Gleichzeitigkeit der Veränderungen und Beschleunigung geprägt ist. Es sollte daher nicht überraschen, dass es sich um eine Periode des ständigen und wachsenden Rückgriffs auf die Rechtsvergleichung handelt, sowohl innerhalb als auch außerhalb[112] des europäischen Raums.[113]