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b) Föderale Streitigkeiten
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Die wenigen Staaten im europäischen Rechtsraum mit föderalen oder ähnlichen Strukturen führen gegen Ende der hier behandelten Periode verschiedene Mechanismen zur gerichtlichen Beilegung von territorialen Konflikten durch ein besonderes Rechtsprechungsorgan ein. Dazu gehört aber nicht die Verfassung des Deutschen Reichs von 1871, deren bereits zitierter Art. 76 einen auf Streitigkeiten zwischen den Bundesstaaten begrenzten politischen Lösungsmechanismus vorsieht.[85]
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In Österreich entscheidet das oben genannte Reichsgericht die sogenannten Kompetenzkonflikte zwischen dem Staat und seinen territorialen Komponenten oder zwischen diesen. Es ist allerdings erwähnenswert, dass die Reichsgerichtsurteile nur deklaratorischen Charakter haben. Keine Lösung findet bis zum Ende dieser Periode die Frage eines möglichen Konflikts zwischen einem Reichsgesetz und den Gesetzen der Reichsländer, da beide vom Kaiser sanktioniert werden.[86]
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Die Schweizerische Bundesverfassung von 1874 festigt die Position des durch die Verfassung von 1848 geschaffenen Bundesgerichts. Im Gegensatz zum österreichischen Reichsgericht hat das Bundesgericht den Charakter eines obersten Gerichtshofs und die Zuständigkeit zur verbindlichen Auslegung des gesamten Bundesrechts. Unabhängig davon wurden ihm zwei weitere wesentliche Funktionen der Verfassungsgerichtsbarkeit übertragen, föderale Konflikte zwischen Bund und Kantonen (staatsrechtliche Klage) und, im vorliegenden Zusammenhang von besonderer Bedeutung, die Rechtsmittel des Einzelnen zur Verteidigung seiner verfassungsmäßigen Rechte, auf die im folgenden Abschnitt eingegangen wird. Zunächst soll die erste dieser Kompetenzen kurz dargestellt werden.
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Mit der Verfassung von 1874 wurde die Zuständigkeit zur Entscheidung über Konflikte zwischen Bund und Kantonen oder zwischen Kantonen von der Bundesversammlung auf das Bundesgericht übertragen (Klageverfahren).[87] Dabei ist die unterschiedliche Stellung von Bundesgesetzen und Kantonsgesetzen zu berücksichtigen: Wie bereits erwähnt, gilt in der Schweiz die „Maßgeblichkeit“ der Bundesgesetze.