Читать книгу Handbuch Ius Publicum Europaeum - Monica Claes - Страница 40

aa) Verfassungsrestaurierung: Der österreichische Verfassungsgerichtshof

Оглавление

102

Für Österreich bedeutet das Kriegsende die Rückgewinnung seiner Unabhängigkeit als Staat. Die wiederhergestellte Republik Österreich zieht jedoch den Gedanken eines erneuten Prozesses der Verfassunggebung nicht in Betracht. Stattdessen begnügt sie sich damit, die Verfassung von 1920 wieder in Kraft zu setzen, die Verfassungsgerichtsbarkeit selbstverständlich eingeschlossen, und zwar in der Fassung vor der autoritären Wende von 1933 bzw. so wie sie nach der Verfassungsreform von 1929 galt.[174] Für den europäischen Verfassungsraum impliziert dies, dass Italien und Westdeutschland einen operativen Bezugspunkt im österreichischen Verfassungsgericht zur Verfügung haben, unabhängig davon, in wie weit sie sich an diesem Modell im Detail orientieren.

103

Wie dem auch sei, Tatsache ist, dass Österreich nach der Errichtung der neuen Verfassungsgerichte in Deutschland und Italien nicht mehr der Referenzpunkt par excellence auf europäischer Ebene blieb. Dafür gibt es mehrere Gründe. Einer ist das im Vergleich geringere Gewicht des Landes. Aber es gibt auch andere Faktoren, die eher mit der Struktur der österreichischen Verfassung zusammenhängen. Im Bereich der Grundrechte hielt Österreich weiter an der alten Erklärung der Grundrechte von 1867 fest, was gerade nicht zu einer innovativen Rechtsprechung in diesem rasch wachsenden Bereich beitrug. Andererseits verzweigte sich das österreichische Verfassungsrecht seit Beginn in einer ständig wachsenden Zahl von Gesetzen bzw. Gesetzesbestimmungen mit Verfassungsrang, bis es zu einer abstrakten normativen Kategorie wurde, dem Verfassungsrecht, das einer ebenso abstrakten Rechtskategorie, der des Gesetzes, gegenüberstand. Auch die lang anhaltende Zurückhaltung des Verfassungsgerichtshofs angesichts des Gerichtsaktivismus stand einer mächtigen Außenwirkung des österreichischen Modells entgegen. Es ist dennoch nicht zu leugnen, dass das österreichische Modell das Modell geblieben ist, das seit der ersten Formulierung des Systems das höchste Maß an Kontinuität und Stabilität aufzeigt.

Handbuch Ius Publicum Europaeum

Подняться наверх