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2. Jüngste Vergangenheit: Der mittel- und osteuropäische Transformationskontext
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Stellt man sich den europäischen Rechtsraum als ein aus mehreren Rechtskreisen gebildetes Ganzes oder als eine lange West-Ost Skala vor, so besteht eine erste Kontextualisierung der ehemaligen jugoslawischen Länder aus deren Zugehörigkeit zu Mittel- und Osteuropa. Zwar bilden die mittel- und osteuropäischen Länder keinen Block – das ist zunehmend unumstritten[12] – doch teilen sie ein gemeinsames Los im Übergang von sozialistischen zu rechtsstaatlich-demokratischen Regierungsformen.
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Wie in den anderen post-sozialistischen Ländern fand in Jugoslawien die Wende mit Blick auf die Integration in den europäischen Rechtsraum statt. Der Übergang wird in dem schillernden Begriff der Transformation[13] und dem verschwommenen Slogan „zurück zu Europa“ zusammengefasst. Dieser nach den Balkan-Kriegen begonnene Übergang spielte sich in einem kurzen, intensiven und oft nicht oder nur oberflächlich verarbeiteten Prozess ab. Dabei bleibt sowohl unklar, wann diese Phase beendet ist[14] als auch inwieweit die Transformation einen Ausnahmezustand darstellt.[15] Der Übergang zum Rechtsstaat zeigte sich vor allem in verfassungsrechtlichen Garantien der richterlichen Unabhängigkeit, in neuen Strukturen wie den obersten Justizräten und der Neugründung und -besetzung von Verfassungsgerichten, die somit das Gelingen der Transformation in die Hand nehmen, garantieren und bezeugen sollten.[16]
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Diese für die neue demokratische Ordnung besondere Rolle der Verfassungsgerichte wird allgemein mit dem Terminus „Aktivismus“ umschrieben. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass sich diese Gerichte, um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu fördern, mitunter nicht scheuen, sich über den Wortlaut verfassungsrechtlicher Regelungen hinwegzusetzen, Gesetze der politischen Mehrheit für verfassungswidrig zu erklären oder unpopuläre Entscheidungen zu treffen.