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c) Ausführung der Verfassung durch ein Gesetz oder eine Geschäftsordnung des Gerichts?
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Die verfassungsrechtlichen Bestimmungen sind zwar ein guter Ausgangspunkt, aber meistens unzureichend, um die institutionelle Position eines Verfassungsgerichts ausreichend zu bestimmen. In den meisten westeuropäischen Staaten wie auch in der Mehrzahl der ehemals jugoslawischen Länder sind zu diesem Zweck Verfassungsgerichtsgesetze (VGG) erlassen worden. Oft beschließt außerdem das Verfassungsgericht eine Geschäftsordnung. In manchen Ländern hat man jedoch auf ein Gesetz verzichtet und dem Verfassungsgericht Regulierungsautonomie eingeräumt. Dies gilt für Mazedonien und Bosnien. Die Venedig-Kommission hat diese Lösung kritisiert mit dem Hinweis darauf, dass die Verfassungskonkretisierung normalerweise dem Gesetzgeber zusteht.[64] Gleichwohl ist zu bedenken, dass in diesen schwachen Übergangsstaaten der von einer parlamentarischen Mehrheit ausgehende Druck so stark sein kann, dass ein Verfassungsgerichtsgesetz die gerichtliche Unabhängigkeit empfindlich beeinträchtigen könnte.
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Was ist aus diesem institutionellen Arrangement zu schließen?[65] Wohl einerseits, dass zahlreiche Regelungen heutzutage viel detaillierter ausfallen als in der Vergangenheit und sich insofern den Standards des europäischen Rechtsraumes annähern. Andererseits aber garantieren auch diese Standards keine optimale Unabhängigkeit und schließlich bleibt jeweils zu fragen, ob und inwieweit europäische Standards für den post-jugoslawischen Kontext geeignet sind. Wenn das gespannte Verhältnis zwischen Legislative und Verfassungsgericht zum Hinausschieben von Richterwahlen, zum Kürzen des richterlichen Gehalts oder der finanziellen Mittel des Gerichts führt, dann ist die gerichtliche Unabhängigkeit und Legitimität unmittelbar bedroht.