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I. Einleitung[*]

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Ganz unterschiedliche Entwicklungslinien haben zur Entstehung der europäischen Verfassungsgerichtsbarkeit beigetragen.[1] In Jugoslawien und seinen Nachfolgestaaten scheinen viele dieser Linien zusammenzulaufen. Die föderale Struktur spielte im ehemaligen Jugoslawien offenbar keine bedeutende Rolle,[2] die Spannung zwischen staatlicher und gesellschaftlicher Organisation war wesentlich wichtiger. Für die heutigen Verfassungsgerichte kommt dem föderalen Faktor höchstens in Bosnien-Herzegowina, dem einzig noch verbliebenen föderalen Staat,[3] Bedeutung zu. Dagegen kann die Verfassungsgerichtsbarkeit und ihre Transformationsrolle in allen ex-jugoslawischen Staaten als Reaktion auf autoritäre Herrschaft gedeutet werden. Die dritte auf die Integration im Europarat[4] abstellende Entwicklungslinie ist hier ebenfalls einschlägig. Der Übergang zur Demokratie sollte auch in ex-Jugoslawien die Zugehörigkeit zu Europa und zum europäischen Rechtsraum signalisieren. Gleichzeitig sollte nicht übersehen werden, dass die Einrichtung von Verfassungsgerichten im post-kommunistischen Mittel- und Osteuropa so selbstverständlich erschien, dass diese Institution in der Lehre kaum problematisiert wurde.[5] Jedenfalls spielen hier normativistische Anliegen wie der von Kelsen befürwortete Stufenbau der Rechtsordnung, auf den sich die Einrichtung eines Verfassungsgerichts gründen sollte, eine untergeordnete Rolle. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, dass es ein „Modell“ der europäischen Verfassungsgerichtsbarkeit, das den Vergleich der sieben ex-jugoslawischen Verfassungsgerichte erheblich erleichtern würde, nicht gibt.[6] Die gegenwärtige Landschaft der Verfassungsgerichtsbarkeit ist im Gegenteil durch zahlreiche Differenzierungen und neuere, teilweise aus anderen Rechtsordnungen übernommene, Entwicklungen gekennzeichnet.[7]

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Um sowohl die nationalen Eigenheiten zu respektieren als auch die Gemeinsamkeiten der ex-jugoslawischen Verfassungsgerichte zu unterstreichen, muss der Vergleich daher einen Mittelweg suchen. Dieser kann in einer Zusammenschau von Vergangenheit und Zukunft gefunden werden, wobei die Vergangenheit im historischen Kontext und die Zukunft im Mitwirken am europäischen Rechtsraum verkörpert ist.

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