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dd) 1989: Ein harter Test für die Verfassungsgerichtsbarkeit

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Die Jahre nach 1989 stellen insgesamt wohl die härteste funktionale Herausforderung für die Verfassungsgerichtsbarkeit europäischen Musters seit ihrer Entstehung dar. Es sei hierzu allgemein vorangestellt, dass die jungen pluralistischen Demokratien Mittel- und Osteuropas mit Blick vor allem auf Karlsruhe von dieser Variante des Systems vielleicht mehr erhofft hatten, als es unter den sehr verschiedenen Umständen leisten konnte.

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Eine wahre Herausforderung war an erster Stelle die selbst auferlegte Aufgabe, eine erstmals nur bruchstückhafte Umwandlung des politischen Systems in eine rechtsstaatliche Demokratie mit den begrenzten Mitteln eines Verfassungsgerichts zu vervollständigen. Diese für sich genommen höchst riskante Aufgabe wurde seinerzeit insgesamt mit Erfolg gemeistert, wobei die Kosten solcher umstandsbedingten Unterfangen nicht immer im Voraus berechenbar sind.

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Eine nicht minder große Herausforderung war die Rezeption einer völlig entwickelten Verfassungsgerichtsbarkeit wie sie namentlich Deutschland oder Italien im Laufe eines jahrzehntelangen Prozesses erreicht hatten. Als eine besonders schwierige Aufgabe musste sich der rasche Import der Fülle einer über die Jahre in diesen Ländern entwickelten Dogmatik der normativen Verfassung erweisen.

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Herausfordernd war schließlich die Bereitwilligkeit dieser Verfassungsgerichte, den Vorrang eines voll entwickelten Unionsrechts gegenüber der gesamten nationalen Rechtsordnung einschließlich der Verfassung sozusagen über Nacht zu akzeptieren. Ihnen war es insbesondere nicht vergönnt, worauf noch zurückzukommen ist, von der langen Akklimatisierungsphase zu profitieren, die den alten Mitgliedstaaten, den eigentlichen Akteuren dieses fortschreitenden Integrationsraums, zur Disposition gestanden hatte.

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