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bb) Spanien

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Das Verfassungsgericht (Tribunal Constitucional), dem der IX. Titel der spanischen Verfassung vom 29. Dezember 1978 gewidmet ist, ist das erste in Europa, das direkt auf einer Linie mit den Verfassungsgerichten Deutschlands und Italiens liegt.[204] Die Verfassung von 1978 ist das Endprodukt einer formal bruchlosen Wandlung (transición política) in eine rechtsstaatliche Demokratie, die für die späteren Umwandlungen in Mittel- und Osteuropa nach 1989 als Präzedenzfall angesehen wurde. Das gilt auch für das spanische Modell der konzentrierten Verfassungsgerichtsbarkeit, das sich als Dreh- oder Verbindungspunkt zwischen den ersten Gerichten der unmittelbaren Nachkriegszeit und denen, die nach 1989 entstanden, präsentieren kann. Die spanische Variante trägt Züge einer Kombination von Elementen des deutschen und italienischen Vorbildes. Im spanischen Fall ist die Anwendung der Rechtsvergleichung bewusst und beabsichtigt. Wenn man vom Fall Liechtenstein absieht, ist Spanien die erste Monarchie mit einem Verfassungsgericht.

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Aus vergleichender Perspektive zeichnet das spanische Verfassungsgericht sich dadurch aus, dass es von Anfang an eine äußerst aktive Rolle im Prozess der Umwandlung Spaniens in einen stark dezentralisierten Staat gespielt hat, wie er in der Verfassung in groben Zügen vorgezeichnet war. Der akute Bedarf eines Schiedsrichters im Rahmen des sogenannten „Autonomieprozesses“ der Jahre 1979 bis 1983[205] erklärt die Schnelligkeit, mit der im Vergleich zu Deutschland und Italien die Normierung und Einsetzung des Gerichts erfolgte. Seit diesen Anfangsjahren ist die Einbindung des Tribunal Constitucional in alle Streitfragen betreffend den sogenannten „Staat der Autonomien“ viel ausgeprägter als bei anderen Verfassungsgerichten. Auch in dieser Hinsicht mag dieses Gericht den Aktivismus später entstandener europäischer Verfassungsgerichte ankündigen.

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Aus der Perspektive der „Bürgergerichtsbarkeit“ erscheint das spanische Modell als ein wahrer Musterschüler von Karlsruhe. Mit dem ehrwürdigen Namen des „amparo“ übernimmt Spanien das deutsche Modell der Verfassungsbeschwerde in vollem Umfang. Damit ist insbesondere die „Urteilsverfassungsbeschwerde“ gemeint, mit allem, was das als Hebel der Konstitutionalisierung der gesamten Rechtsordnung impliziert. Der amparo fungierte darüber hinaus in den Anfangsjahren der Verfassung von 1978 als eine Art „Vormundschaft“ über eine aus der vorigen Periode in ihrer Gesamtheit übernommenen Judikatur, jedoch zu dem Preis einiger eklatanter Konflikte zwischen dem Verfassungsgericht und dem Obersten Gericht.[206]

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