Читать книгу Umwandlungsgesetz - Oliver Schmidt - Страница 86

6. Verschmelzungsstichtag, Abs 1 Nr 6

Оглавление

92

Der Verschmelzungsvertrag muss nach Abs 1 Nr 6 den Verschmelzungsstichtag regeln. Nach der Definition des Gesetzes ist dies der Zeitpunkt, von dem an die Handlungen der übertragenden Rechtsträger als für Rechnung des übernehmenden Rechtsträgers vorgenommen gelten. Der Verschmelzungsstichtag regelt also im Innenverhältnis zwischen den beteiligten Rechtsträgern den Zeitpunkt, von dem an die Verschmelzung als wirksam gilt (der Stichtag der Gewinnberechtigung nach Abs 1 Nr 5 regelt demgegenüber das Innenverhältnis zwischen den Anteilsinhabern). Mit dem Verschmelzungsstichtag geht überdies – für den Fall des Wirksamwerdens der Verschmelzung – die Verpflichtung zur Rechnungslegung des übertragenden Rechtsträgers auf den übernehmenden Rechtsträger über (Lanfermann in Kallmeyer, § 5 Rn 33; Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 51; vgl zu diesem Problemkreis zudem die Ausführungen unter § 24 Rn 19 ff). Im Außenverhältnis wird die Verschmelzung mit ihrer Eintragung im Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers wirksam (§ 20 Abs 1 Nr 1). Erst zu diesem Zeitpunkt gehen zivilrechtlich die Vermögenswerte der übertragenden Rechtsträger auf den übernehmenden Rechtsträger über. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt der übertragende Rechtsträger, ungeachtet des Übergangs der Verpflichtung zur Rechnungslegung auf den übernehmenden Rechtsträger, buchführungspflichtig.

93

Der Verschmelzungsstichtag kann von den Parteien des Verschmelzungsvertrags frei gewählt werden (BegrRegE zu § 5, Ganske UmwR S 50; Drygala in Lutter, § 5 Rn 74). Der übernehmende Rechtsträger muss an dem gewählten Verschmelzungsstichtag noch nicht existent sein (Ulrich/Böhle GmbHR 2006, 644). Dies folgt aus der dem Verschmelzungsstichtag ggf innewohnenden Rückwirkungsfunktion. Der Verschmelzungsstichtag kann auch ein in der Zukunft liegender Zeitpunkt sein. Verschmelzungsvertrag und Verschmelzungsbeschlüsse können somit bereits vor dem Verschmelzungsstichtag geschlossen bzw gefasst werden. Weder bei Abschluss des Verschmelzungsvertrags noch bei Fassung der Verschmelzungsbeschlüsse ist das Vorliegen der Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers zwingend erforderlich. Die Schlussbilanz muss vielmehr erst bei Anmeldung der Verschmelzung dem Registergericht eingereicht werden. Ein in der Zukunft liegender Verschmelzungsstichtag kann dann sinnvoll sein, wenn übertragende und übernehmender Rechtsträger identische Bilanzstichtage haben, Verschmelzungsstichtag und Bilanzstichtag zusammenfallen und die Verschmelzung bereits in dem auf den Verschmelzungsstichtag erstellten Jahresabschluss des übernehmenden Rechtsträgers berücksichtigt werden soll.

94

Die Verschmelzung kann beim übernehmenden Rechtsträger bilanziell grds erst dann berücksichtigt werden, wenn sie rechtlich vollzogen ist. Erst mit Übergang des zivilrechtlichen Eigentums und damit erst nach Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers können somit die bilanziellen Folgerungen gezogen werden. Abweichend hiervon ist eine Bilanzierung beim übernehmenden Rechtsträger nach allgemeinen Grundsätzen jedoch bereits dann möglich, wenn und sobald das wirtschaftliche Eigentum auf den übernehmenden Rechtsträger übergegangen ist (vgl hierzu § 24 Rn 18). Dies ist bei einem in der Zukunft liegenden Verschmelzungsstichtag mit Wirkung zu diesem Stichtag dann der Fall, wenn am Verschmelzungsstichtag der Verschmelzungsvertrag geschlossen ist und die notwendigen Verschmelzungsbeschlüsse gefasst sind. Weiter ist erforderlich, dass die Verschmelzung alsbald nach dem Verschmelzungsstichtag und noch vor Feststellung des Jahresabschlusses des übernehmenden Rechtsträgers im Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers eingetragen ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, kann die Verschmelzung beim übernehmenden Rechtsträgers bilanziell berücksichtigt werden, auch wenn sie am Bilanzstichtag noch nicht im Handelsregister eingetragen ist (IdW RS HFA 42 Rn 29, 30; differenzierend Priester BB 1992, 1594).

95

Der Stichtag der Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers liegt unmittelbar vor dem Verschmelzungsstichtag (Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 54; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 5 Rn 75; Aha BB 1996, 2559; zum Verhältnis zwischen Verschmelzungsstichtag und Stichtag der Schlussbilanz vgl Suchanek/Hesse Der Konzern 2015, 245). Ist Verschmelzungsstichtag der 1.1., 00.00 Uhr eines Jahres, wird die Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers auf den 31.12., 24.00 Uhr des vorangegangenen Geschäftsjahres aufgestellt. Die Formulierung im Verschmelzungsvertrag für eine Stichtagsregelung kann wie folgt lauten:

Der Verschmelzung wird die Bilanz des übertragenden Rechtsträgers zum 31.12.2016 als Schlussbilanz zugrunde gelegt. Die Vermögensübertragung erfolgt im Innenverhältnis mit Wirkung zum Ablauf des 31.12.2016. Vom Beginn des 1.1.2017 an gelten alle Handlungen des übertragenden Rechtsträgers als für Rechnung des übernehmenden Rechtsträgers vorgenommen.

96

Die handelsrechtliche Rechtslage entspricht insoweit der steuerlichen Regelung nach § 2 UmwStG. Danach erfolgt der Vermögensübergang mit Ablauf des Stichtags der Bilanz, die dem Vermögensübergang zugrunde liegt. Bei einem Bilanzstichtag 31.12. erfolgt der Vermögensübergang somit steuerlich zum Ablauf des 31.12. Vom 1.1. des Folgejahres an werden – handelsrechtlich und steuerlich – sämtliche Handlungen und Geschäfte des übertragenden Rechtsträgers auf Rechnung des übernehmenden Rechtsträgers vorgenommen.

97

Diese handelsrechtliche und steuerliche Situation ist zu berücksichtigen, wenn ein Vermögensübergang auf das alte oder das neue Geschäftsjahr bzw Kalenderjahr gelegt werden soll oder wenn bei Kettenumwandlungen aufeinander folgende Stichtage zu wählen sind (Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 158; vgl zur Kettenverschmelzung bei Konzernsachverhalten Schwenn Der Konzern 2007, 173 ff). Insoweit ist es sinnvoll und notwendig, die Stichtage vertraglich exakt zu bestimmen. Soll der Vermögensübergang noch im alten Jahr erfolgen, ist der vorstehende Formulierungsvorschlag zutreffend. Soll der Vermögensübergang im neuen Jahr erfolgen, ist die Schlussbilanz auf den Stichtag 1. Januar eines Jahres aufzustellen. Verschmelzungsstichtag, also der Zeitpunkt, von dem an die Handlungen des übertragenden Rechtsträgers für Rechnung des übernehmenden Rechtsträgers geführt werden, wäre dann der 2. Januar, 00.00 Uhr. Auch bei Kettenumwandlungen sind die Stichtage präzise zu benennen. Aus Vorsichtsgründen ist es zu empfehlen, jeweils unterschiedliche und aufeinander folgende Tage für die Stichtage zu wählen.

98

Verschmelzungsstichtag und Stichtag für die Teilnahme am Bilanzgewinn (Abs 1 Nr 5) werden idR auf denselben Zeitpunkt gelegt. Notwendig ist dies jedoch nicht (Drygala in Lutter, § 5 Rn 74; Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 162; Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 58; Lanfermann in Kallmeyer, § 5 Rn 35).

99

Soll neben dem Jahresabschluss die Erstellung einer zusätzlichen Bilanz als Schlussbilanz vermieden werden, wird zweckmäßigerweise als Stichtag der Schlussbilanz das Ende des Geschäftsjahres des übertragenden Rechtsträgers gewählt. Verschmelzungsstichtag und Zeitpunkt, von dem an die Geschäfte des übertragenden Rechtsträgers als für Rechnung des übernehmenden Rechtsträgers geführt gelten, wäre dann der auf diesen Stichtag folgende Tag.

100

Vom Verschmelzungsstichtag an gelten die Geschäfte des übertragenden Rechtsträgers als für Rechnung des übernehmenden Rechtsträgers geführt. Dies bedeutet, dass die Geschäfte von diesem Zeitpunkt an wirtschaftlich dem übernehmenden Rechtsträger zugerechnet werden und diesem damit von da an das Ergebnis der übertragenden Rechtsträger zusteht (Suchanek/Hesse Der Konzern 2015, 245). Ungeachtet dessen und trotz des am Verschmelzungsstichtag erfolgenden Wechsels der Rechnungslegung bleibt der übertragende Rechtsträger bis zum Wirksamwerden der Verschmelzung buchführungspflichtig (Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 153). Liegt im Zeitraum zwischen Verschmelzungsstichtag und Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers ein Jahresabschlussstichtag, hat der übertragende Rechtsträger auf diesen Stichtag einen Jahresabschluss zu erstellen (Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 153). Dies wird insbes dann praktisch, wenn wegen laufender Anfechtungsverfahren die Verschmelzung nicht zeitnah eingetragen werden kann. Die Verpflichtung zur Aufstellung eines Jahresabschlusses entfällt (erst) dann, wenn im Aufstellungs- und Prüfungszeitraum die Verschmelzung in das Handelsregister eingetragen wird, die Aufstellung des Jahresabschlusses also vom Verschmelzungsverfahren „überholt“ wird.

101

Umsatzsteuerlich ist der übertragende Rechtsträger bis zum Wirksamwerden der Verschmelzung verpflichtet (vgl auch Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 5 Rn 77).

102

Trotz der Rechnungslegungspflicht des übernehmenden Rechtsträgers auch für den übertragenden Rechtsträger vom Verschmelzungsstichtag an, kann der übernehmende Rechtsträger lediglich die Salden der beim übertragenden Rechtsträger weitergeführten Buchhaltung in sein Rechnungswesen übernehmen. Es ist nicht erforderlich, dass er alle Geschäftsvorfälle einzeln in sein Rechnungswesen übernimmt (Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 5 Rn 76). Da im Wege der Gesamtrechtsnachfolge der übertragende Rechtsträger auf den übernehmenden Rechtsträger übergeht, wird auch dessen Buchhaltung Bestandteil der Buchhaltung des übernehmenden Rechtsträgers.

103

Sind an der Verschmelzung mehrere übertragende Rechtsträger beteiligt, kann für jeden übertragenden Rechtsträger ein gesonderter Verschmelzungsstichtag bestimmt werden (Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 166; Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 61; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 5 Rn 80).

104

Ebenso wie bei der Bestimmung des Zeitpunkts der Gewinnberechtigung kann es auch für den Verschmelzungsstichtag und die zu erstellende Schlussbilanz bei drohenden Anfechtungsverfahren sinnvoll sein, variable Stichtage im Verschmelzungsvertrag vorzusehen (BGH DB 2013, 334; Drygala in Lutter, § 5 Rn 75; Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 164; Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 62; eine Koppelung aller im Verschmelzungsvertrag geregelten variablen Stichtage ist sinnvoll). Dies hat neben der Schaffung von Rechtssicherheit für die noch beim übertragenden Rechtsträger zu führende Buchhaltung und die von diesem ggf zu erstellenden Jahresabschlüsse den Vorteil, dass auf vertraglicher Grundlage stets eine aktuelle Schlussbilanz beim Register eingereicht werden kann, der Einhaltung der Acht-Monats-Frist nach § 17 Abs 2 S 4 also keine Hindernisse entgegenstehen. Eine vertragliche Regelung für einen variablen Stichtag kann wie folgt lauten (bei Stichtag für die Schlussbilanz 31.12.2016 und Verschmelzungsstichtag 1.1.2017 – vgl zu einer vertraglichen Stichtagsregelung auch § 7 Rn 26):

Falls die Verschmelzung nicht bis zum Ablauf des 28.2.2018 in das für die X AG zuständige Handelsregister eingetragen ist, gilt abweichend von § (regelt die Stichtage der Schlussbilanz und den Verschmelzungsstichtag) der 31.12.2017 als Stichtag der Schlussbilanz sowie der Ablauf des 31.12.2017 und der Beginn des 1.1.2018 als Stichtag für die Übertragung des Vermögens und den Wechsel der Rechnungslegung. Bei einer weiteren Verzögerung der Eintragung über den 28. Februar des Folgejahres hinaus verschieben sich die Stichtage jeweils entspr der vorstehenden Regelung um ein Jahr.

Umwandlungsgesetz

Подняться наверх