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ROMA

I

Alma brach die Schale auseinander. Ihre Finger brannten. Sie roch den rauchigen Duft der gerösteten Kastanie und hörte die ciociari – die Bauersleute aus der Ciociaria –, wie sie unter den Arkaden entlang der Piazza weiter riefen: «Calde e arroste, calde e arroste! – Heisse Marroni, heisse Marroni!»

Es war ein kalter Januartag im Jahr 1901. Die Verkäufer sassen eingehüllt in abgetragene Jacken und dicke Decken hinter ihren Röstöfen, neben Körben voller Edelkastanien und aufgeschichteten Holzscheiten für das Feuer. Alma trug ihren rostroten Wollmantel und die weisse Strickmütze, unter der ein zartes, blasses Gesicht mit schmalen Augen und dunkelbraune, gewellte Haare hervorschauten. Während sie auf die Kastanie in ihrer Hand pustete, schaute sie zu, wie der ciociaro vor ihr seinen Atem in die Hände hauchte, um sich zu wärmen. Es waren grosse, abgearbeitete Hände mit russigen Fingern.

Anna, die Mutter, hatte Alma vom Institut an der Via Buonarroti und Romeo von der Sonderschule an der Piazza Pepe abgeholt. Sie hatte die centesimi abgezählt, die Tüte entgegengenommen und die caldarroste an ihre Kinder verteilt, an Alma, Romeo und die kleine Amelia. Neben ihr stand der Kinderwagen, in dem Attilio schlief, das fünf Monate alte Brüderchen. Alma kratzte das haften gebliebene Stück dünne, haarige Haut von der Frucht und steckte diese in den Mund. Mehlig zerfiel das Fruchtfleisch auf ihrer Zunge.

«Meine grosse Schwester hatte gestern Geburtstag!», platzte Romeo voller Stolz heraus.

«Wie alt bist du denn geworden?», brummte der Mann mit dem gegerbten Gesicht, musterte Romeo und fuhr mit der Kelle durch die Kastanien in der Röstpfanne.

«Sieben!», antwortete Alma schüchtern.

Die kleine Amelia stellte sich selbstbewusst vor den Verkäufer hin und streckte ihm drei Finger entgegen: «Tre!»

«Hmm! Kommt her!» Mit seiner Kelle legte er jedem der Kinder eine zusätzliche Kastanie in die Hand. «Ihr müsst blasen, sie sind sehr heiss!»

«Danke!», freute sich Alma und liess die Kastanie von einer Hand in die andere rollen, bis sie nicht mehr brannte auf der Haut.

Langsam gingen sie die Via Leopardi hinunter. An der Mündung in die Via Merulana warteten sie, bis die carrozze – die Kutschen – und die von Pferden gezogene Tramway vorbeigerattert waren. Dann überquerten sie die breite Strasse und standen vor der Bar von Vater und zio Edgardo.

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