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bb) Erneuerung der Bedingungen der Ausübung öffentlicher Gewalt

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Drei Entwicklungslinien prägen die Erneuerung, die die Traditionen mit den aktuellen demokratischen, steuerungstechnischen und politischen Anforderungen verbindet: Territorialisierung (territorialisation), Regulierung (régulation) und vertragliche Kooperation (contractualisation).

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In einem stark zentralisierten Staat sind die Reformen zur territorialen Dezentralisierung (décentralisation territoriale), die in den der 1980er-Jahre begünstigt durch das europäische Umfeld und parallel zu einer Vertiefung der Dekonzentration (déconcentration) stattfanden, einer der wichtigsten Marksteine des Wandels der Verwaltung. Nun bereichert die „Dezentrierung der Macht (décentration du pouvoir)“ – ein Begriff, mit dem die drei Entwicklungen bezeichnet werden, die die französische Verwaltungslandschaft tiefgreifend verändert haben (Dezentralisierung – décentralisation, Dekonzentration – déconcentration und Delokalisation – délocalisation) – das Verwaltungsrecht in ganz anderer Weise. Der Inhalt des Verwaltungsrechts hat dadurch an Vielfalt gewonnen, dass seine Anpassung an lokale Anforderungen eine Erneuerung der rechtlichen Regelungen erforderlich machte. So wurde etwa das Recht des öffentlichen Dienstes in den einzelnen Territorien unabhängig vom Recht des öffentlichen Dienstes auf gesamtstaatlicher Ebene konzipiert. Ferner waren die von innerstaatlichen Gebietskörperschaften unterhaltenen Beziehungen berührt. Zwei Haupttendenzen, die miteinander im Zusammenhang stehen, sind typisch: zum einen die Verrechtlichung (judiciarisation) der Beziehungen der Körperschaften zu Dritten und hier vor allem zu den administrés, die bis dahin auf einem Dialog ohne rechtliche oder gerichtliche Dimension beruhten; zum anderen die vertragliche Ausgestaltung der Beziehungen (contractualisation), die die innerstaatlichen Gebietskörperschaften insbesondere in der Form der gemeindlichen Zusammenarbeit (mécanismes de l’intercommunalité), mit dem Staat (Planungsvertrag – contrat de plan) und mit dem privaten Sektor unterhalten.

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Öffentliche Interventionen bestanden in Frankreich lange Zeit in der Reglementierung privater Wirtschaftstätigkeit und einer strengen Kontrolle öffentlicher Unternehmen, von denen einige eine Monopolstellung innehatten. Jeweils fanden klassische Instrumente des Verwaltungsrechts Anwendung. Die Abschaffung der Monopole und die Entstehung eines privaten Sektors sind Teil einer Entwicklung der Deregulierung (dérégulation), aus der Regulierung (régulation) entspringt.[27] Obwohl dies ein sehr unscharfer Begriff ist, der sich kaum definieren lässt, und so unterschiedlich die Ansätze zu einer Definition auch sein mögen,[28] ist man sich doch grundsätzlich einig, dass Regulierung eine neue Form der öffentlichen Intervention darstellt, ein Mittel, das die Transformation einer monopolistischen in eine wettbewerbliche oder pluralistische Situation begleitet und „auf die Steuerung des Sozialverhaltens in einem Bereich zielt, in dem gegenläufige Interessen zum Ausgleich gebracht werden müssen, damit eine gewisse Stabilität erreicht wird“.[29] Mit der Öffnung des Marktes und der Schaffung von Wettbewerb sowie der daraus resultierenden institutionellen Entkopplung von Betrieb und Regulierung (und der Privatisierung der öffentlichen Betreiber als ihrer Folge) wäre es durchaus vereinbar gewesen, den sich selbst regulierenden Kräften des Marktes freien Lauf zu lassen und dem Staat die Rolle eines passiven Beobachters zuzuweisen. Es wurde indes ein anderer Weg beschritten: Der Staat wurde gezwungen, solche Handlungsmodi anzupassen, die nicht die für Regelungen typischen Eigenschaften Befehl und Zwang aufweisen.[30] Unsere Verwaltungstraditionen haben zur Entstehung einer neuen Form öffentlicher Intervention geführt. Diese zielt darauf, den Wirtschaftsakteuren Spielregeln aufzuerlegen und darüber zu wachen, dass ihre Tätigkeiten sich zu einem harmonischen Ganzen fügen. Daraus ist das Regulierungsrecht entstanden. Noch bevor der Gesetzgeber diesen Ausdruck verwendet und sich die entsprechende Regelungstechnik auf alle Bereiche des sozialen Lebens ausbreitet, nimmt die Regulierung einen wichtigen Platz ein, nicht nur in Politik und Verwaltung, sondern auch in der Rechtswissenschaft, wo sie häufig im Mittelpunkt der Diskussion steht. Dieser Bedeutungszuwachs der Regulierung geht einher mit dem Aufstieg des Vertrags als Handlungsform der öffentlichen Verwaltung.

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Unter „contractualisation du droit administratif“ versteht man eine Entwicklung, in der die Begründung von vertraglichen Beziehungen zum üblichen, normalen Modus des Verwaltungshandelns wird.[31] Dieser Ansatz, den der Begriff Governance (gouvernance) bezeichnet, betrifft einen Wandel, der eine Vielzahl von Beziehungen berührt: Beziehungen zum privaten Sektor (u.a. die Einrichtung von Öffentlich-Privaten Partnerschaften, Ausgliederungsphänomene); Beziehungen zwischen den Körperschaften des öffentlichen Rechts (im Rahmen der Dezentrierung); Beziehungen zwischen den Verwaltungsbehörden und den administrés im Rahmen der Verbesserung dieser Beziehungen, die dazu führt, dass „administrés“ zu „citoyens“ werden; schließlich Beziehungen innerhalb der Verwaltung selbst, da die Reform des öffentlichen Steuerungsmodells vor allem auf dem Instrument des Vertrags und einer vertraglichen Ausgestaltung der Beziehungen zwischen den zentralen und dezentralen Stellen beruht. Die Entstehung dieses Vertragsrechts, das prekär und vertraulich ist und dem der Gesetzgeber durch Schaffung einer Vielzahl neuer „Vertragskategorien“ einen Rahmen gegeben hat, hat zur Folge, dass das Recht undurchsichtig bleibt. Der Vertrag tritt in Konkurrenz zum einseitigen Verwaltungshandeln und verdrängt dieses zunehmend, selbst in Bereichen wie der Polizei und der Justiz, die dem vertraglichen Handeln gegenüber die deutlichsten Vorbehalte haben. Formalrechtlich bleibt freilich festzustellen, dass trotz aller Kooperation und allen Verhandelns die Zeit des Zwangs noch nicht abgelaufen ist: Kooperation und Verhandlung haben die Vorrechte der öffentlichen Gewalt keineswegs beseitigt. Im Gegenteil: Es ist bemerkenswert, dass die skizzierten Phänomene den rechtlichen Rahmen sprengen, wie auch die Praxis verwaltungsinterner chartes zeigt. Ihre Schaffung, meist innerhalb der Verwaltungshierarchie aufgegeben, vollzieht sich komplett unterhalb des Rechts. Um die chartes herum entwickeln sich dann die Beziehungen des service public zu seinen Nutzern. Indem Partnerschaften häufig Zwang ersetzen, erneuern sie von Grund auf das Verständnis der Verwaltungsverhältnisse.

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Garant und Partner – beides Eigenschaften, die sich vom klassischen Modell der autoritären Verwaltung weit entfernen und nicht nur für einen Rückzug des Verwaltungsrechts stehen, sondern auch das binäre System, auf dem die verwaltungsrechtlichen Konstruktionen beruhen (u.a. Verwaltungsakte und Verträge, Zuständigkeitsbereiche) grundlegend verändern.[32] In der Folge wird die Trennung von Öffentlichem Recht und Privatrecht durchlässiger, das Verwaltungsrecht verliert als Instrument des Verwaltungshandelns an Substanz.

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