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TEIL II

Verliebte, Verschwörer und andere Diebe

5.

Silvia Taussig

Das Engineers Arms wäre nicht Silvia Taussigs erste Wahl gewesen, um mithilfe einer Kollegin ihren Liebeskummer zu ertränken, aber Nadine hatte das Pub vorgeschlagen und Silvia war dankbar für die Gesellschaft und hatte nicht wählerisch sein wollen. Der Rat der Terranischen Union, der TU, hatte die ganze Besatzung zwei Wochen beurlaubt, damit die Gemüter sich nach dem gescheiterten Testflug wieder beruhigen konnten, und Silvia sowie die meisten Kollegen waren vom Mond nach Terrania zurückgekehrt.

Anscheinend war das Engineers Arms ein Geheimtipp unter Technikern und Raumhafenpersonal, und Nadine hatte wie viele ihrer Zunft eine Schwäche für technische Spielereien. Die Belegschaft des Pubs bestand fast ausschließlich aus Robotern, viele davon berühmten Robotern und Androiden aus Comics und Filmen nachempfunden, die Silvia nie gelesen oder gesehen hatte.

Sie war sich bewusst, dass sie in vielerlei Hinsicht keine »normale« Multitechnikerin war. Das Einzige, was sie mit Nadine Baya gemein hatte, war, dass sie beide in Deutschland aufgewachsen waren und mittlerweile zu jenem erlesenen Team von Menschen gehörten, die an dem spannendsten Raumschiff arbeiteten, das je von Menschenhand gebaut worden war: der FANTASY.

In jeder anderen Hinsicht waren sie sehr unterschiedlich, schon äußerlich: Silvia Taussig war blond und schlank und manchmal, so sagte man ihr, etwas vorlaut; Nadine Baya war dunkel, ein bisschen füllig und ein von Grund auf bescheidener Mensch. Allein wegen dieser oberflächlichen Merkmale gingen die meisten Leute davon aus, dass Silvia ganz mit sich im Reinen war und bestimmt kein Problem hatte, an Dates zu kommen, während Nadine gewiss mit sich haderte und nie einen abbekam.

Die Wahrheit hätte nicht weiter hiervon entfernt sein können.

Sie entdeckte ihre Freundin an der Bar und winkte ihr zu. Nadine hob ihr Glas und winkte zurück. Ein oktopusförmiger Servierroboter missdeutete die Geste als Aufforderung, das Glas nachzufüllen, und versuchte, einen seiner Tentakel in Nadines Glas zu stülpen, das sie gerade noch rechtzeitig abdeckte.

Silvia fädelte sich durch die Gäste und löste einen kurzen Proteststurm aus, als sie durch den Projektionsbereich einer virtuellen Darbietung trat, die man bloß mit den passenden Implantaten oder Brillen sehen konnte. Zwar waren solche Augmented-Reality-Lösungen seit drei Jahrzehnten durch arkonidische Hologrammtechnologie überholt; andererseits boten sie Kunden gerade auf so engem Raum die Möglichkeit, verschiedene Kanäle zu wählen – und verschiedene Werbung zu konsumieren. Das Engineers Arms etwa war bekannt für sein virtuelles Sportangebot, mit dem man Darts oder Snooker gegen die toten Meister des 20. Jahrhunderts spielen konnte. Andere Gäste wurden durch die Projektionen nicht beeinträchtigt – sie mochten an selber Stelle eine Band, einen Comedian oder eine dekorative Skulptur wahrnehmen.

»Hey«, begrüßte sie Nadine, als sie die Bar erreichte. »Danke, dass du gekommen bist.«

»Na klar.« Nadine Baya lächelte sie an. »Geht's dir wieder besser?«

»Gleich ja.« Silvia Taussig winkte dem Oktopus. »Wie bekommt man hier was zu trinken?« Sie war es nicht gewohnt, an etwas so Grundlegendem wie einem Bestellvorgang zu scheitern.

»Augenblick.« Nadine zog eine zusammengeklappte Brille aus einem Köcher, den der Oktopus um den Hals trug, und reichte sie Silvia.

Sobald Silvia die Brille aufgesetzt hatte, schien die Bar sich in eine andere Welt zu verwandeln. Wo zuvor leere Wände und Säulen gewesen waren, drehten sich auf einmal verschlungene Banner und Grafiken. Sie sah Pflanzenkübel, sogar eine Eule zwischen den Flaschen der Bar, die zuvor nicht dort gesessen hatte.

Und vor dem Oktopus hatte sich eine Getränkekarte entfaltet.

Silvia bestellte sich einen Cosmopolitan, den der Roboter mit den Düsen seiner Arme zusammenmischte und mit einem Schirmchen garnierte, das ebenfalls nur sichtbar war, solange Silvia die Brille trug.

»Und du siehst das die ganze Zeit?«, fragte Silvia, nachdem sie angestoßen hatten. Die Brille hatte sie neben sich auf die Theke gelegt.

Nadine zuckte die Achseln. »Ist praktisch.«

»Erinnert es dich nicht zu sehr an die Arbeit?«

Nadine lachte. »Fragte die Frau, die in ihren Teamleiter verschossen ist!«

Silvia schlug die Hände vors Gesicht. »Oh Gott. Es ist wirklich so offensichtlich, oder?«

»Jetzt schon«, bestätigte Nadine und hob wissend die Brauen. »Also ... du und Giordie? Ernsthaft?«

Silvia zuckte zusammen, als Nadine den vertraulichen Spitznamen benutzte. Sie arbeiteten nicht im selben Team, und für Silvia war ihr Vorgesetzter Giordano Ricci, nicht Giordie.

Silvia zog die Schultern bis an die Ohren und suchte nach Worten, die beschrieben, was in ihr vorging, wenn er ihr im Maschinenraum der FANTASY so nahe kam, dass sie einander fast berührten, oder wenn er sie mit seinen dunklen Augen ansah, dass ihr die Knie weich wurden. Schließlich schüttelte sie den Kopf und trank.

Nadine kicherte. »Er weiß es aber nicht, oder?«

»Ich habe ihn auf einen Drink eingeladen.«

»Du hast ... was?«

»Er saß nach Feierabend allein in der Messe, und ich habe mich zu ihm gesetzt. Mit zwei Drinks.«

»Oh. Mein. Gott«, sagte Nadine. »Das würde ich mich niemals trauen!«

»Ach«, erwiderte Silvia. »Das ist wie mit allem im Leben: Du musst einfach aufs Beste hoffen, aber aufs Schlimmste gefasst sein. Manchmal muss man einfach was riskieren.«

»Und wie hat er reagiert?«

»Er hat gesagt, dass er mich mag und unsere Zusammenarbeit schätzt ...«

»Oje«, kommentierte Nadine.

»... aber Berufliches und Privates nicht vermengen mag«, schloss Silvia und nickte ernst. »Immerhin hat er noch ausgetrunken.«

»Das ist hart. Oh du Arme.« Sie stießen abermals an. »Aber du warst so mutig! So direkt auf jemanden zuzugehen – ohne Witz, das macht dich zu meiner persönlichen Heldin. Und dann auch noch Giordie ...«

»Wen hätte ich denn fragen sollen?«, scherzte Silvia. »Ian Munroe?« Nadine verzog das Gesicht, als Silvia ihren schottischen Verehrer im Team erwähnte. »Froser Metscho?«

Sie prusteten. Der stämmige Plophoser mit dem Vollbart war gerade erst zum Chefingenieur befördert worden.

»Er ist ja niedlich, aber irgendwie wirkt er auf mich immer, als führe er heimlich Selbstgespräche. Er ist entweder sehr genial oder einfach sehr merkwürdig.«

»Ich verstehe immer noch nicht, dass sie ausgerechnet Metscho befördert haben. Und nicht Giordano ... oder dich zum Beispiel.« Silvia grinste.

»Er macht seine Arbeit schon gut«, wiegelte Nadine ab. Silvia sah, dass ihr das Thema unangenehm war. »Und ich wäre eine schlechte Wahl – wahrscheinlich wäre ich die Zweite, die mir nichts, dir nichts von der Bildfläche verschwindet.«

Juna Baharum, Metschos Vorgängerin, war nach dem missglückten Jungfernflug abgetaucht. Angeblich hatte sie Terrania verlassen, aber niemand im Team kapierte, wie man eine solche Stelle einfach wegwerfen konnte. Besonders nicht Nadine, die sich gut mit Baharum verstanden hatte.

Selbst wenn die weitere Zusammenarbeit mit Giordano Ricci ein peinliches Trauerspiel werden sollte – niemals würde Silvia einen derartigen Rückzieher machen.

»Red dir nichts ein«, widersprach Silvia. »Du bist gut. Das sagen alle.«

Nadine wurde noch röter. »Mal schauen, ob sie uns überhaupt noch brauchen. Hast du was von Sammy gehört?«

Ihr Kollege war bei dem Unfall von einer Entladung getroffen worden und hatte einen Herzstillstand erlitten. Seitdem war er zur medizinischen Betreuung auf Mimas.

»Nichts Neues. Aber du glaubst doch nicht ernsthaft, dass sie das Projekt dauerhaft einstampfen? Wegen eines einzigen Verletzten?«

»Immerhin bekämst du dann vielleicht dein Date mit Giordie«, neckte Nadine. »Was wäre dir wichtiger? Job oder Liebe?«

Zu ihrer eigenen Überraschung stellte Silvia fest, dass ihr die Entscheidung schwerfiel.

»Gute Frau!«, lobte Nadine, die Silvias Zögern als Sieg für die Wissenschaft deutete. »So wünsche ich mir meine Techniker.«

»Die FANTASY wird fliegen«, prophezeite Silvia und trank. »Alles andere ist undenkbar.«

»So undenkbar, wie dass der Unionsrat den Protektor lieber sterben lässt, als ein weiteres Unglück zu riskieren?«, fragte Nadine provozierend.

»Du und ich, wir wissen am besten, dass der Fehler keine technische Ursache hatte«, beharrte Silvia. »Damit der Libraschirm derart fluktuiert, muss jemand ernsthaft Mist mit der Programmierung gebaut haben.«

»Vielleicht hast du da deine Antwort, weshalb Metscho neuer Chefingenieur ist«, meinte Nadine.

»Du meinst, Juna hat es verbockt und ist deshalb gegangen?«

»Eigentlich nein. Aber wer weiß?« Nadine hob traurig die Schultern. »In jedem Fall kannst du das einem Politiker nicht erklären. Der Unionsrat sieht nur, wie gefährlich so ein Libraschirm ist – und zieht die Reißleine. Oder sie geben der Technik noch eine Chance, tauschen aber das Team aus.«

»Ich will, dass dieses Raumschiff fliegt«, ereiferte sich Silvia. »Mit uns an Bord. Und Perry Rhodan sollte ebenfalls an Bord sein!«

»Das sieht sein Sohn anscheinend ähnlich.« Nadine deutete auf eine Stelle hinter der Bar. »Setz mal deine Brille wieder auf. Und stell sie auf Kanal drei.«

Silvia gehorchte und sah nun, dass dort auf der Wand gerade die Nachrichten liefen. Thomas Rhodan rügte die TU-Vollversammlung und den Unionsrat in scharfen Worten für ihre Entscheidung und kündigte einen Protestmarsch zur Union Hall für den folgenden Vormittag an. Seine rötlichen Augen schimmerten erzürnt, sein dunkles Haar hing ihm zerzaust in die Stirn.

»Der ist süß«, kommentierte Nadine unvermittelt.

Silvia glaubte erst, sich verhört zu haben. Dann prusteten sie beide los.

»Willst du hin?«, bot sie an. »Morgen, zur Demo?«

»Kommt darauf an.« Nadine lachte.

»Worauf?«

»Wie viele von denen wir noch trinken!« Nadine winkte den Roboter herbei. »Hab ich schon erwähnt, dass ich aus einer streng religiösen Familie stamme? Ich mache eine echte Ausnahme für dich.«

»Ehrlich gesagt, hatte ich nicht vor, mich morgen irgendwohin zu bewegen.« Silvia ließ sich ebenfalls das Glas auffüllen. »Wir haben Zwangsurlaub. Solange die FANTASY festsitzt, sitze auch ich hier. Wir sind arbeitslos, Nadine. Experten für das teuerste Museumsstück der Lunar Research Area ...«

Da richtete Nadine sich plötzlich auf und gab ein überraschtes Glucksen von sich. »Wenn man vom Teufel spricht ...«

»Welcher Teufel?«, fragte Silvia Taussig verwirrt.

Nadine Baya tippte sich an die Schläfe, und Silvia konnte die blinkende Benachrichtigung in ihren Kontaktlinsen erkennen. »Froser Metscho. Er fragt gerade, ob wir morgen schon etwas vorhaben ...«

Perry Rhodan Neo Paket 22

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