Читать книгу Perry Rhodan Neo Paket 22 - Perry Rhodan - Страница 16
ОглавлениеTEIL III
Ein fast perfekter Plan
10.
Perry Rhodan
»Guten Morgen«, sagte Julian Tifflor.
Perry Rhodan öffnete blinzelnd die Augen und hob die Hand vors Gesicht, bis Tifflor das helle Untersuchungslicht von ihm wegdrehte.
»Entschuldige«, bat der Arzt. »Wie fühlst du dich?«
»Besser«, antwortete Rhodan. »Wie lange habe ich geschlafen?«
»Fast vierundzwanzig Stunden. Deine Vitalwerte sind ausgezeichnet, auch dein Aktivator scheint für den Moment wieder wie vorgesehen zu funktionieren.«
Wie vorgesehen, dachte Rhodan und wurde sich abermals dieser unsichtbaren Barriere zwischen ihm und seinem Freund bewusst. Hätte man Tifflor die Unsterblichkeit ebenso häufig angeboten wie Rhodan, hätte er sie irgendwann angenommen? Hätte es statt nur zehn Aktivatoren zehn Milliarden zu verteilen gegeben, würde jeder Mensch einen tragen?
»Ich fühle mich in jedem Fall sehr ausgeruht. Und ich glaube, ich habe Hunger.«
Tifflor zwinkerte. »Ich bringe dir was. In der Zwischenzeit ist jemand hier, der dich sehen möchte.«
Der Arzt verließ den Raum, und Rhodan setzte sich auf. Wahrscheinlich würde er sich einiges von seiner Frau anhören müssen, und wahrscheinlich hatte sie recht damit. Die Entscheidungen, die er traf, gingen nicht bloß ihn allein etwas an. Er hatte Familie ...
Doch als die Tür wieder aufglitt, war es nicht Thora, die eintrat.
Es war Merkosh.
»Perry!«, rief der extrem schlanke Oproner und warf in einer grotesken Imitation menschlicher Freude die knorpeligen Arme hoch. »Sie sind erwacht!«
»Merkosh«, stellte Rhodan fest und sank ein Stück weit in die Kissen zurück. »Das ist ja eine Überraschung.«
»Ich bin so froh«, tat der Oproner kund. Sein Mund stülpte sich vor und zurück wie bei einem geschäftigen Guppy. »Als ich hörte, was passiert ist, dachte ich: so ein Pech!«
»Zu sterben wäre in der Tat recht ärgerlich gewesen«, gab Rhodan zu.
»Nicht wahr? Und das so kurz vor dem Ziel! Nun, in ein paar Tagen Ihrer Zeit können wir gewiss darüber lachen.«
Rhodan stutzte. »Wieso sollten wir darüber lachen? Und was genau meinen Sie mit ›Ziel‹?«
Der Oproner fuhr sich mit einem knorpeligen Finger über die halb entblößte Brust, als ob in den Symbolen, die er sich auf die glasartige Haut gemalt hatte, die Antwort auf alle Fragen läge.
»Na ... Lashat.« Der Mund stülpte sich erwartungsvoll aus.
»Wir fliegen nicht nach Lashat, Merkosh. Das haben Sie doch mitbekommen, oder?«
»Aber ...« Der Mund stülpte sich wieder ein.
»Aber was, Merkosh?«
Der Oproner faltete die langen Finger vor der Brust.
Rhodan kam ein furchtbarer Verdacht. »Gibt es vielleicht etwas, das Sie mir verheimlichen?«
Merkosh machte einen vorsichtigen Schritt rückwärts.
»Merkosh!«, befahl Rhodan im selben Ton, mit dem er die Erde vor Invasoren und höheren Mächten verteidigt hatte. »Reden Sie!«
»Ich ...«
»Hat meine Frau etwas damit zu tun?«
»Ihre Frau?« Merkoshs Stimme wurde schmerzhaft laut. »Ich verstehe nicht, welche Absicht Sie mit der Verwendung des besitzanzeigenden Fürworts ...«
»Stellen Sie sich nicht dumm! Ich meine die Frau, mit der ich verheiratet bin! Thora! Thora Rhodan da Zoltral! Haben Sie mit ihr geredet?«
Der Oproner knickte ein wie ein Strohhalm. Die langen Arme hingen schlapp herab, der Mund nuckelte wie ein müder Insektenrüssel. »Ich dachte, Sie hätten schon mit ihr geredet ...«
Rhodan schlug die Bettdecke zurück. Das darf doch alles nicht wahr sein ... Er störte sich nicht daran, dass er außer dem Aktivator nur Unterwäsche trug – schließlich war Kleidung ebenfalls etwas, das nicht in Merkoshs Hirn ging –, schwang die Beine aus dem Bett und suchte seine Sachen zusammen.
»Positronik!«, rief er, während er sich anzog. »Bestimme den Aufenthaltsort von Thora Rhodan da Zoltral.«
»Die Kommandantin hat vor wenigen Minuten den Hangar sieben verlassen und befindet sich auf dem Weg zur Krankenstation.«
»Na hervorragend.« Er schob Merkosh beiseite und wollte gerade das Zimmer verlassen, als Tifflor mit einem Tablett Essen zurückkam.
»Perry, was ...«
»Weißt du ebenfalls davon?«, fragte er streng.
»Wovon?«, reagierte Tifflor besorgt.
»Von Thora.«
»Sie war gestern hier, aber du hast geschlafen, und ich habe sie fortgeschickt. Es tut mir leid, wenn ich damit ...«
»Dann gehörst du also nicht dazu?«
Tifflor runzelte die Stirn. »Ich weiß wahrhaftig nicht, was du meinst.«
»Bitte entschuldige.« Rhodan drückte kurz Tifflors Schulter. Er glaubte seinem Freund, aber er hatte gerade keine Zeit für Erklärungen. »Ich muss einer Verschwörung auf den Grund gehen.«
»Nächstes Mal gebe ich dir eine Injektion für zwei Tage!«, drohte Tifflor.
Rhodan durcheilte Flure, nahm Laufbänder und Lifte, ohne sich um die überraschten Blicke der Besatzungsmitglieder zu kümmern, die teils gar nicht gewusst hatten, dass sich der Protektor an Bord befand. Vielleicht vermuteten sie bei seinem ungekämmten, unrasierten Anblick auch einen Notfall. Rhodan jedoch hetzte weiter. Das Einzige, was ihn interessierte, war seine Frau, deren Position er immer wieder abfragte.
Typisch Thora. Sie hatte irgendetwas eingefädelt, hatte Merkosh – und wahrscheinlich nicht nur ihm – Hoffnung gemacht, dass sie doch noch nach Lashat flogen. Vielleicht hatte sie jemanden unter Druck gesetzt, vielleicht einfach nur gelogen. Keine Sekunde lang erwog Rhodan den Gedanken, dass sie die TU-Entscheider tatsächlich umgestimmt haben könnte. Das war nicht, wie Thora in ihrer Welt Konflikte löste.
Thora war eine Pragmatikerin. Wenn sie von ihren Zielen überzeugt war, pfiff sie auf die Regeln. In dieser Hinsicht glich sie Atlan und überhaupt dem arkonidischen Hochadel, dessen Vertreter nur allzu oft die Weltsicht eines Machiavelli pflegten. Zu ihrer Verteidigung musste man sagen, dass Thora auch bereit war, große persönliche Opfer zu bringen, wenn es dem Erreichen ihrer Ziele diente. Das Problem war, dass sie dieselbe Opferbereitschaft von ihren Untergebenen und ihrem Umfeld erwartete. In einigen Situationen mochte diese Kompromisslosigkeit von Vorteil sein – in anderen war sie brandgefährlich.
Dies war eine dieser anderen Situationen.
Er bog um eine Ecke und drängte sich an einer Gruppe junger Fähnriche vorbei. Da sah er sie – sie verließ gerade ein Laufband und bemerkte ihn nicht gleich, weil sie in eine Unterhaltung via Kom vertieft war.
Sie sah erst auf, als sie beinahe in ihn hineinlief. Ihre Augen weiteten sich, ihr Gesicht strahlte bei seinem Anblick, dann erkannte sie, dass er alles andere als erfreut war, und ihre Züge verhärteten sich.
»Du bist wach«, stellte sie fest. »Ich habe versucht, zu dir zu kommen, aber Julian ließ mich nicht.«
»Andere waren inzwischen erfolgreicher«, sagte er sarkastisch. »Wir müssen reden.«
»Gut.« Offenbar ahnte sie, welche Laus ihm über die Leber gelaufen war.
»Aber nicht hier.« Perry Rhodan bedeutete ihr, ihm zu folgen. »In unserer Kabine!«