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16.

Ronald Tekener

Den Bereitschaftsraum des Sicherheitspersonals zu finden, war nicht schwer.

Die Kunst bestand wie meistens darin, nicht sofort verhaftet oder zusammengeschlagen zu werden.

Ronald Tekener trank einen tiefen Schluck von Conrad Deringhouse' Scotch, steckte die Flasche wieder ein und überprüfte den Sitz seines Jacketts und seiner Sonnenbrille. Dann atmete er tief durch, ehe er den Wartungsgang verließ und in den Erfassungsbereich der Kameras und Detektoren auf dem Hauptflur trat.

Eine der erfolgversprechendsten Strategien, wollte man Staats- und andere Gewalt vermeiden, bestand darin, nicht wie eine Gefahr zu wirken.

Und das Gegenteil einer Gefahr war ein unbedarfter Trottel.

Also schlenderte er gelassen den Flur hinab auf die Tür am anderen Ende zu und sah sich dabei um wie ein Tourist, der sich Notizen für die Hotelbewertung machte, die er nach seiner Rückkehr zu schreiben gedachte.

Er erreichte die Tür ohne Zwischenfälle. Genau das Arbeitsethos, das er von Leuten, die über ein stillgelegtes Raumschiff wachten, erwartet hatte.

Tekener klopfte.

Als er schon dachte, es wäre vielleicht gar niemand da, glitt die Tür beiseite, und er sah in das Gesicht eines großen Manns mit großem Kinn und noch größerer Nase.

»Sie befinden sich in einem Sicherheitsbereich!«, rügte der Mann streng, machte aber keine Anstalten, nach der Waffe an seiner Hüfte zu greifen. »Was haben Sie hier verloren?«

»Wer ist denn da?«, fragte eine heisere Stimme hinter ihm aus dem Zimmer.

Tekener konnte die Kollegen des Großen an einem Tisch mit Tassen und Essensresten erahnen. Zu viele, um es einfach so mit ihnen aufzunehmen – das war indes ohnehin nicht seine Absicht.

»Guten Abend!«, sagte Tekener und machte einen Schritt in den Raum hinein, woraufhin der Mann, der ihm geöffnet hatte, ihm hastig den Weg verstellte. »Ich fürchte, ich habe mich verlaufen.«

Der Mann am Tisch mit der heiseren Stimme gluckste. »Offensichtlich. Wo willst du denn hin?«

»Ich wollte mir nur kurz die Beine vertreten«, log Tekener. »Eigentlich war ich auf der Party des Systemadmirals ...«

»Meine Güte«, sagte eine kräftige Frau, die die Schwester des ersten Wachmanns hätte sein können, und starrte Tekener an. Es war nicht ganz klar, ob ihr Ausruf eine Reaktion auf seine Eröffnung oder sein vernarbtes Gesicht war. »Geht es dir gut?«

»Mir war langweilig«, hauchte Tekener verschwörerisch und stellte sicher, dass sein Atem die Whiskynote darin bis unter die Nase seines Gegenübers trug. »Und ein wenig übel auch.«

»Diese Party findet also tatsächlich statt?«, staunte der Große. »Ich dachte erst, die veralbern uns, als das auf einmal auf dem Plan stand. Ich meine – der Systemadmiral feiert hier, in der LRA? Der könnte doch auf Hawaii feiern oder auf der Wega oder weiß der Kuckuck ...«

»Nicht wahr?« Tekener breitete beipflichtend die Arme aus. »Meine Rede! Aber ich sag es ja: laaaang-weilig.«

Er griff in sein Jackett – was zumindest beim vierten Mitarbeiter, einem alten, hageren Kerl, ein nervöses Zucken hervorrief – und präsentierte die Flasche. »Aber der Scotch war gut.«

Die Augen des Großen wurden nun ebenfalls groß. »Das ist Scotch von der Party des Admirals?«

Tekener grinste. »Probieren?«

»Na ja ...« Der Große schaute zu dem Alten, bei dem es sich wohl um seinen Vorgesetzten handelte, doch der rollte nur die Augen.

Einen Moment später wurden Tekener drei Becher entgegengereckt.

»Kaffeetassen?«, mäkelte er. »Für Scotch?«

»Gläser sind da hinten im Schrank.« Der Alte seufzte und lehnte sich auf seinem Sessel zurück. »Bring mir eins mit.«

Nachdem sich in Rekordzeit fünf Gläser gefunden hatten, stießen sie an.

»Ui!«, sagte der Große.

»Meine Güte!«, sagte die Kräftige.

»Allmählich glaub ich dir die Geschichte.« Der Heisere nickte anerkennend. »Nichts für ungut«, fügte er hinzu.

Tekener winkte gönnerhaft ab und setzte sich ächzend auf einen freien Sessel. Der Alte warf ihm einen kritischen Blick zu, erhob aber keine Einwände und schwenkte schweigend sein Glas. Eine Holowand in seinem Rücken zeigte Bilder aus der Perspektive verschiedener Überwachungskameras.

»Wisst ihr«, brummelte Tekener und achtete darauf, betrunkener zu wirken, als er war. »Ich frage mich ...« Sein Blick fiel auf einen Stapel Spielchips in dem Durcheinander auf dem Tisch. »Hätte jemand Lust auf eine Runde, bevor ich wieder aufbreche?«

Der Alte wollte etwas sagen, doch Tekener kam ihm zuvor.

»Ich will euch auf keinen Fall bei der Arbeit stören!« Er ließ den Blick über die Holowand schweifen. Schlecht beleuchtete Flure, durch die nur da und dort ein Roboter glitt. »Aber einen Tropfen wie den hier sollte man nicht runterstürzen.« Er goss sich nach und stellte die Flasche auf den Tisch zwischen die Essensreste.

»Die Arbeit hält sich in Grenzen«, gab der Heisere zu. »Außer ein paar Eierköpfen, die sogar ihren Urlaub lieber im Labor verbringen, ist niemand hier.« Er deutete auf die Chips. »Von daher ist uns der Gedanke auch schon gekommen, wie du siehst. Aber Larry und Stu sind noch auf Rundgang – wäre unhöflich, ohne sie anzufangen. Larry wollte auch die Karten mitbringen.«

Tekener hob einen Finger und bat um Geduld. Betont unbeholfen suchte er in seinen Taschen und förderte schließlich die nagelneuen Spielkarten zutage, die er dem Bewusstlosen – offenbar Larry – abgenommen hatte.

»Zum Glück gehe ich nie ohne aus dem Haus.«

»Zeig mal her!«, verlangte der Heisere krächzend und streckte die Hand aus.

Tekener reichte ihm die Karten.

»Sind originalverpackt«, bestätigte der Heisere.

»Bin ja nicht bescheuert, dass ich hier mit 'nem gezinkten Blatt reinschneie.« Tekener gluckste. »In meinem Zustand!«

Die Sicherheitsleute lachten gutmütig.

»Ein kleines Spiel ist nie verkehrt«, äußerte der Große. »Zum Aufwärmen – bis Larry und Stu zurück sind.«

»Oder die Flasche leer ist«, scherzte Tekener, und da hatte er sie. »Was spielen wir? Colonies? Gos'amidan?«

Die Wachleute schauten ihn einen Moment lang verdutzt an. Dann brachen sie in schallendes Gelächter aus.

»War nur Spaß!«, beruhigte Tekener und teilte die Karten aus.

Sie spielten Poker.

Tatsächlich spielten die vier nicht mal schlecht, was Tekener eine Freude war, denn er gewann nicht gern gegen Amateure. Leider hatten sie einfach ziemlich viel Pech, sodass er innerhalb kurzer Zeit eine stattliche Summe anhäufte. Dabei legte er es gar nicht darauf an.

»Meine Güte«, sagte die Kräftige, als Tekener nach einem weiteren Showdown ein Full House aufdeckte und so tat, als würde er es eben erst bemerken.

Da konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen.

»Was ist daran so lustig?«, fragte der Große finster.

»Nichts«, versicherte ihm Tekener. »Sie sagt das bloß ziemlich häufig: ›Meine Güte‹. Ist euch das schon aufgefallen?«

»Vielleicht ist sie es nicht gewohnt, dass ihr ein Typ mit einem Gesicht wie verbranntes Chili das Geld aus der Tasche zieht.«

»Hey, hey, hey«, wehrte sich Tekener. »Ich kann nichts dafür – okay? Ich meine, wenn ich bei so einem Blatt passen würde, da würdet ihr euch doch verarscht vorkommen, oder?«

»Tun wir auch so«, murrte der Heisere.

Von der guten Stimmung seiner Mitspieler war nicht viel geblieben, und der Scotch neigte sich dem Ende entgegen. Tekener war klar, dass die Geduld seiner Gastgeber spätestens dann enden würde, wenn sie den Flaschenboden erreichten. Vielleicht hätte er sich etwas mehr Mühe beim Verlieren geben sollen ...

»Verdammt, ich frage mich, wo Larry steckt«, murmelte der Alte und warf einen Blick auf die Holowand in seinem Rücken. »Er antwortet immer noch nicht ...« Er stutzte. »Was zur Hölle ist denn da los?«

Ächzend stand er auf und besah sich einzelne Ansichten der Wand, die wie ein altmodisches Bildschirmmosaik unterteilt war. Einige der Überwachungskameras waren schon vor einer guten Viertelstunde dunkel geworden. Tekener hatte es bemerkt, es aber für klug befunden, nicht darauf hinzuweisen. Trotz seiner Trunkenheit – die mittlerweile nicht mehr gespielt war – wusste er noch genau, mit welcher Absicht er hergekommen war.

Der Alte fingerte an ein paar Kontrollen und versuchte, seine verschollenen Kollegen zu erreichen. Eigentlich musste die Wirkung des Paralysators inzwischen verflogen sein, aber vielleicht suchten Larry und Stu noch nach ihren Koms und Waffen oder dem Eindringling, der sie ihnen abgenommen hatte.

»Probleme?«, fragte Tekener unschuldig und strich seinen Gewinn ein. Dann hob er die Flasche und warf einen bedauernden Blick auf die Reste. »Vielleicht sollte ich euch nicht länger aufhalten. Sieht ganz so aus, als ob ihr zu tun hättet. Also sag ich mal Danke, und den letzten Scotch kann ich euch gern dalassen ...«

Er schob den Sessel zurück und wollte sich erheben, doch der Alte machte einen Schritt auf den Tisch zu.

»Nicht so schnell.« Körpersprache und Tonfall ließen keinen Zweifel daran, dass es dem Wachmann ernst war.

Verdammt ... Ronald Tekener hatte es mal wieder geschafft: Er hatte Jessica und den anderen eine Ablenkung verschaffen wollen, und nun saß er selbst in der Patsche. Natürlich war das immer noch besser als gar keine Ablenkung – aber vielleicht hätte er sich eine Exit-Strategie zurechtlegen sollen.

Da klopfte es an der Tür.

Der Alte rügte sich nicht vom Fleck. Nur seine Hand legte sich auf das Waffenholster an seiner Hüfte. Er nickte dem Großen zu.

Der tappte misstrauisch zur Tür und aktivierte das Holo des Türspions.

Vor der Tür stand Jessica Tekener und richtete ihre Frisur.

»Meine Güte«, sagte die Sicherheitsfrau.

Ronald Tekener ließ sich nichts anmerken, was ihm leichtfiel, weil er ehrlich nicht wusste, wie er reagieren sollte. Der Große und der Heisere aber stießen Pfiffe aus, zum Missfallen ihrer Kollegin.

»Fragt sie, was sie will!«, befahl der Alte, und seine Untergebenen öffneten die Tür.

Im selben Moment, in dem Jessica Ronald erblickte, strahlte sie wie eine Lotteriegewinnerin und klatschte in die Hände. »Da bist du ja!«, rief sie hell und trat ein, ohne sich um das Sicherheitspersonal zu kümmern. »Ich hab dich überall gesucht!«

Eine reife Vorstellung, das musste Tekener ihr lassen. Er sollte seiner großen Schwester wohl besser rasch eine Hilfe bauen. »Auf der Party war mir so langweilig«, beschwerte er sich. »Aber diese freundlichen Leute hier haben mich zu einem Spiel eingeladen. War ein wirklich netter Abend.«

»Danke, danke, dass Sie ein Auge auf meinen Verlobten hatten!«, rief Jessica überschwänglich, und Ronald hob verdutzt eine Braue. »Wir möchten Ihre Gastfreundschaft aber nicht länger strapazieren. Die Party löst sich auf, und ich will heim. Kommst du bitte?«

»Einen Moment.« Der Alte wirkte noch nicht überzeugt. Immer wieder ging sein Blick von den inaktiven Holos zur leeren Flasche und zu Ronald. »Bitte haben Sie Verständnis, dass ich kurz Rücksprache halten muss.« Er rief die Positronik. »Stell mich zu der vom Systemadmiral gemieteten Halle durch.«

»Keine solche Anmietung gefunden«, antwortete die künstliche Stimme.

Tekener sah, wie sich seine Schwester kaum merklich versteifte. Lief gerade irgendwas schief?

»Die Panoramahalle auf Ebene eins«, rief der Alte verärgert. »Auf wen läuft die heute Abend?«

»Protektor Rhodan«, meldete die Positronik. »Ein privater Empfang.«

Aus dem Gesicht des Alten wich die Farbe, doch er gab sich nicht geschlagen »Stell mich durch!«

Tekener tauschte Blicke mit seiner Schwester. Sie hob nun ebenfalls eine Braue.

»Sí«, meldete sich eine Stimme am anderen Ende.

»Ist das der Empfang des Protektors auf Ebene eins?«

»Sí, sí«, sagte die Stimme, bei der es sich eigentlich nur um Alberto Pérez handeln konnte. »Protektor Rhodan. Wie kann ich helfen?«

»Wir haben hier einen Gast, der behauptet, dass er sich verirrt habe. Sein Name ist ...«

»Tekener«, half ihm Tekener auf die Sprünge.

»Tekener. Und seine Verlobte«, sagte der Alte.

»Sí, sí, die Tekeners. Wir haben sie schon vermisst«, bestätigte Pérez. »Schicken Sie sie doch bitte zu uns!«

Tekener konnte über die Dreistigkeit des Chilenen nur staunen.

Seine Schwester aber lächelte. »Das ist sehr freundlich!«, rief sie, damit Pérez sie hörte. »Alle hier sind sehr freundlich zu uns!«

Sie gibt ihm Entwarnung, dachte er.

Der Alte bedankte sich und beendete entnervt das Gespräch.

»Sie finden zurück?«, vergewisserte er sich.

»Ohne Probleme«, bejahte Jessica. »Besten Dank noch mal.«

»Für eure Mühen«, nuschelte Tekener und warf die Chips zurück auf den Tisch. Wahrscheinlich war es keine gute Idee, die noch eintauschen zu wollen.

»Danke für den Scotch!«, rief der Heisere zum Abschied.

Dann ließ sich Ronald Tekener von seiner Schwester hinausbugsieren.

Sobald sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte und sie außer Sichtweite der Türkamera waren, konnte er sich mehr zurückhalten.

»Verlobter?«, prustete er.

Sie gab ihm einen Klaps auf den Arm. »Was weiß denn ich, als was du dich vorgestellt hast? Was hast du eigentlich getrieben?«

»Euch eine Ablenkung verschafft«, antwortete er. »So wie es geplant war.«

»Oh, wie es geplant war«, höhnte Jessica Tekener. »Na, dann hoffe ich mal, dass ich nicht ungelegen kam. Ich will ja auf keinen Fall deine Pläne stören!«

»Nicht ungelegen.« Ronald Tekener gab seiner Schwester einen Kuss auf die Wange. »Genau im richtigen Moment.«

Perry Rhodan Neo Paket 22

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