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20.

Mentro Kosum

In den Sekunden des Erwachens fühlte sich Mentro Kosum an seine Kindheit erinnert. Alle seine Sinne waren da: der Geruch nach kaltem Stein und klimatisierter Luft, wie fast überall in den künstlichen Komplexen von Cybora. Der saure Geschmack nach Essig, Bier und Magensäure in seinem Mund. Die Schmerzen in seinen Armen, seiner Magengrube; die Kälte auf seiner Haut. Der Widerhall seines Atems, der ihm verriet, dass er sich in einem fast leeren Raum befand.

Bloß seine Augen zeigten tiefe Dunkelheit, unterbrochen nur von einigen schwach rötlichen Strukturen, fast so, als hätte er die Lider geschlossen. Seine Augen waren aber offen – und wieder blind ...

Allmählich kam er vollständig zu sich. Er erinnerte sich an den furchtbaren Abend im Restaurant. Und daran, dass er nicht mehr blind war – seit elf Jahren nicht mehr. Was er sah, war der dumpfe Schein einer Notbeleuchtung auf der anderen Seite des Raums.

Stöhnend drehte er den Kopf. Er fühlte sich, als hätte man ihn als Punchingball verwendet. Er hatte die Sicherheitsleute wohl ganz schön gegen sich aufgebracht – oder der Oberst und der Admiralleutnant hatten noch ein paar Freunde geholt.

Er war schon früher in Konflikt mit der sogenannten Obrigkeit geraten, aber diesmal hatte er sich selbst übertroffen. »Verdammte Lackaffen ...«

»Hallo?«, hörte er da eine Stimme.

Kosum richtete sich auf und starrte ins Dunkel. »Ist da wer?«

»In der Nachbarzelle«, kam die Antwort. Es war die gelassene Stimme eines Manns. »Nett haben die's hier.«

»Wo sind wir?«

»Zellenblock vier, auf der Wache des sechzehnten Distrikts.«

»Wieso ist es so dunkel?«

»Stromausfall«, sagte die Stimme lapidar. »Und? Weshalb haben sie dich hier reingesteckt?«

»Ich wollte meinen Platz im Restaurant nicht für ein paar Clowns in Uniform räumen«, antwortete Kosum wahrheitsgemäß.

Sein Zellennachbar brummte verständnisvoll. »Hätte ich wohl auch nicht. Man muss für seine Werte einstehen.«

»Was ist denn bei dir der Grund?«

»Kneipenschlägerei«, enthüllte sein Nachbar. »Jemand hat eine dumme Bemerkung über mein Hemd gemacht. Ich mag dieses Hemd.«

»Ich kann verstehen, dass man an seinen Sachen hängt.« Kosums Hände verirrten sich in seine Taschen und fanden eine vergessene Sarrka-Spore. »Aber ist es das auch wert, sich zu schlagen?«

Sein Nachbar grunzte. »Schätze schon. Passiert mir jedenfalls nicht zum ersten Mal.«

Nachdenklich schob sich Kosum die geröstete Spore in den Mund und kostete den würzigen Geschmack. Dann knackte er sie zwischen den Schneidezähnen.

»Cybora ist ein schlechter Ort für Individualisten«, stellte er fest.

»Ist mir auch schon aufgefallen.«

»Du bist nicht von hier?«

»Nein. Ich hatte nur mal das Vergnügen, von einem Cyboraner zusammengeflickt zu werden. Er hatte 'nen Haufen Blech im Körper und war ein ziemlich verrückter Arsch. Aber ein passabler Straßenarzt, bedenkt man die Umstände.«

»Cyboraner, die es auf andere Welten verschlägt, sind oft ein wenig seltsam«, gab Kosum zu. »Manche sind einfach schräge Vögel, andere kriminell.«

»Da hab ich nicht so genau nachgefragt. War wie gesagt nicht gerade ein Herzchen. Aber sein Handwerk verstand er – mehr oder weniger.«

Kosum konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sein Nachbar größere Probleme hatte als seine Kleidung und Leute, die sich daran störten. »In jedem Fall ist dieser Planet kein Ort für jemanden, der sich nicht ins Raster fügt. Vielleicht sollte man nichts anderes erwarten auf einer Welt, die von Künstlichen Intelligenzen und Robotern gelenkt wird.«

Der Fremde schnalzte tadelnd mit der Zunge. »Wenn der arme NATHAN wüsste, wie du über seine Kolonie redest!«

Die Bemerkung ließ Kosum stutzen. Natürlich war die lunare Hyperinpotronik den meisten Leuten ein Begriff, auf Cybora sogar mehr als anderswo. Sie war aber nicht unbedingt das Erste, was einem bei Politik in den Sinn kam. Es gab schließlich trotz allem eine Regierung, die Vertreter der Kolonialbehörde und mehr wissenschaftliche Gremien von Einfluss als Positronen in einem Posbihirn.

»NATHAN trägt keine Schuld daran, dass Cybora heute vor allem aus Pfeffersäcken und Konformisten besteht«, sagte Kosum. »Früher war das noch anders. Die ersten Freiwilligen, die hatten noch Pioniergeist.«

»Wie steht es denn mit dir?«, erkundigte sich sein Nachbar. »Fügst du dich ins Raster? Oder bist du ein Pionier?«

»Wir reden in einem Gefängnis miteinander«, erinnerte ihn Kosum.

»Das kann sich rasch ändern«, orakelte sein Nachbar.

Kosum schnaubte. »Träum weiter!« Er wusste doch, wie das lief – vor dem nächsten Morgen kam er aus dieser Zelle nicht raus. Vielleicht auch erst am darauffolgenden Tag, wenn die Verhöre sich zogen. Und danach war er automatisch eine Woche lang auf Bewährung. »Ist das ein Trick? Willst du mich reinlegen?«

»Ich versuche gerade, dich anzuheuern, Junge«, stellte die Stimme klar. »Weißt du, was für eine Arbeit es war, Kontakt zu dir aufzunehmen? Du scheinst mir aber ein bisschen lahm zu sein. Schlecht für einen Piloten.«

Ein Pilot. Doch Kosum zögerte noch. »Du kommst von einem Raumschiff?«

»Allerdings.«

»Welchem denn?«

Er konnte fast hören, wie sein Nachbar die Augen verdrehte.

»Was würdest du sagen, wenn es die PEQUOD wäre?«

Pequod – das Codewort, das man ihm angekündigt hatte! Das geheime Projekt, mit dem man ihn schon eine Weile lockte. War es möglich, dass dieser Unbekannte Teil des Plans war? Oder wollte man ihn bloß aushorchen?

»Woher kennst du diesen Namen?«, fragte er.

Sein Zellennachbar lachte. »Meine Güte, du machst das tatsächlich zum ersten Mal. Ich kenne den verdammten Namen, weil man mir gesagt hat, dass ich ihn dir sagen soll. Und ich habe einige beträchtliche Opfer gebracht, um in der Zelle neben dir zu landen und dieses kleine Bewerbungsgespräch zu führen. Jetzt wärst du an der Reihe, mein Prinz. Bist du mit an Bord?«

Kosum ballte kurz die Hände und atmete tief durch. Dann legte er sie vor sich auf den Schoß und spielte zur Entspannung eine Fingerübung auf einer imaginären Klaviatur.

»Hallo?«, fragte sein Nachbar. »Bist du noch da?«

Mentro Kosum hatte keine Eltern. Er hatte Freunde, aber die taten sich schon schwer damit, dass er sich mehr für seine Ausbildung als für Frauen oder Drogen interessierte. Und Feinde hatte er irgendwie von Jahr zu Jahr mehr. Nicht gerade eine aussichtsreiche Perspektive. Falls dieser Fremde tatsächlich ...

»Beweis mir, dass du nicht nur große Worte spuckst«, sagte er, »und ich bin dabei.«

Er hörte unterdrücktes Gemurmel.

Dann öffnete sich seine Zellentür.

Das Licht ging an. Geblendet schloss Kosum die Augen. Als er sie vorsichtig wieder aufschlug, zeichnete sich die Silhouette einer Frau vor ihm ab.

»Kommen Sie«, bat sie freundlich und winkte ihn näher.

Kosum rappelte sich auf und stakste steif aus der Zelle. Sobald er sich an die Helligkeit gewöhnt hatte, musterte er seine Befreierin. Sie war vierzig oder fünfzig Jahre alt und trug das blonde Haar zu einem Pferdeschwanz. Ihre enge Kleidung wirkte wie einem alten Juwelenräuberfilm entlehnt.

»Äh, hallo? Jessica?«, rief es aus der Nachbarzelle. »Machst du bitte auch meine Tür auf?«

Die Frau lächelte entschuldigend. »Einen Moment bitte.« Sie trat vor die andere Zelle, tippte etwas in ihr Armband ein und öffnete auch diese.

Heraus stolperte ein Mann von ähnlichem Alter und leicht gedrungener Statur. Sein kurzes Haar war grau, sein Gesicht über und über mit kleinen, kraterförmigen Narben bedeckt. Außerdem schien er einen schlimmen Kater zu haben, zumindest rieb er sich die Schläfe und setzte dann eine schwarze Sonnenbrille auf. Vielleicht war die Geschichte mit der Kneipenschlägerei sogar wahr gewesen.

»Wie du wieder aussiehst!«, rügte Jessica den Mann, auf dessen Gesicht sich umgehend ein Lächeln stahl. »Immer musst du übertreiben. ›Lokalisiere ihn‹, haben wir gesagt. Nicht, ›lass dich mal wieder zusammenschlagen‹! Und grins nicht so blöde.«

»Ist meine Superheldenfähigkeit«, erwiderte er. »Das weißt du doch.« Dann musterte er Kosum und hielt ihm die Hand hin. »Ronald Tekener.«

»Mentro Kosum. Sehr erfreut.«

»Ich will ja nicht drängeln«, sagte Jessica. »Aber wenn der Strom wieder an ist, bleibt uns nicht mehr viel Zeit. Wir müssen verschwinden.«

»Gute Idee«, stimmte Kosum zu, der sich fragte, was mit den Wachleuten des Gefängnisses war. »Und wie ...«

Er hatte noch nicht geendet, als die Luft neben ihm ein kleines, pelziges Wesen mit einem Biberschwanz ausspuckte.

Einen Moment lang war Kosum zu perplex, etwas zu sagen. Nicht weil er so ein Wesen noch nie gesehen hätte – sondern weil er ganz genau wusste, wen er da vor sich hatte.

»Gucky!«

»Tag, Mentro. Willkommen an Bord! Los, nimm meine Hand.«

Kosum schaute zu Jessica und Ronald Tekener.

»Gehen Sie ruhig vor«, sagte sie. »Ihr Verschwinden wird ein großes Geheimnis bleiben. Für einen gewissen anderen Häftling muss ich erst noch Kaution hinterlegen.« Sie zwinkerte. »Wir wollen schließlich kein böses Blut auf Cybora hinterlassen.«

Dann spürte Mentro Kosum die weiche Pfote des Mausbibers in seiner Hand – und von einem Moment auf den nächsten war er an Bord eines Raumschiffs.

Die PEQUOD ..., dachte er noch.

Perry Rhodan Neo Paket 22

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