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19.

Perry Rhodan

Der Flug war anders als alles, was Perry Rhodan je erlebt hatte.

Er war darauf gefasst gewesen – hatte die Berichte und Beschreibungen des ersten Testflugs studiert –, dennoch war es eine faszinierende Erfahrung. Ein halbes Jahrhundert lang – an sich Jahrtausende – hatte überlichtschnelles Reisen ein mehr oder weniger unangenehmes Entstofflichen und Rematerialisieren bedeutet. Der Besuch eines anderen Sternsystems war eher ein Sprung oder eine Abfolge von Sprüngen als ein Flug gewesen.

Mit der FANTASY und ihrem Linearantrieb war alles anders. Der Übergang in den Hyperraum war kaum spürbar gewesen, und den Experten zufolge war es eigentlich auch kein Übergang, sondern eine Form von Superposition: Sie waren weder eindeutig im Einstein- noch im Hyperraum, sondern in einer Transitphase sich verwirklichender Wahrscheinlichkeiten, eingehüllt in das schützende Halbraumfeld des Libraschirms.

Den einzigen Fixpunkt auf dieser geisterhaften Existenzebene lieferte ihnen der Pralitzsche Wandeltaster, der in der Bugsektion des Raumschiffs installiert war und ihnen den Weg zu ihrem Zielstern wies. Diesem Stern folgten sie wie die frühen Navigatoren der irdischen Weltmeere. Und wie damals wurde das Meer auf ihrer Reise von Ungeheuern der Phantasie bevölkert: Wenn sie versuchten, jenseits der Barriere des Libraschirms zu blicken, geisterten geheimnisvolle Quallenwesen durch den Holodom der Zentrale. Rhodan wusste, dass es sich dabei nicht um Kreaturen, sondern um Hochrechnungen der Positronik handelte, die sich von der Aufgabe, ein verständlicheres Abbild ihrer Umgebung zu schaffen, überfordert sah.

Genauso verhielt es sich mit jenem anderen zauberischen Phänomen, das man in den stilleren Momenten auf den Gängen der FANTASY wahrnahm: dem Schneeklang, einem kaum merklichen, glasklaren Rauschen und Knistern wie von winzigen Eiskristallen. Wahrscheinlich war es nicht mehr als eine akustische Täuschung: Hyperraumresonanzen.

Dennoch schien es Rhodan, als verberge sich in diesen Manifestationen ein Hinweis auf die Grenzen ihres Einsichtsvermögens, der Schatten einer höheren Wahrheit über das Universum und die menschliche Existenz.

Er ließ den Blick über die Arbeitsplätze wandern, welche die Fliegenpilz genannte Großkonsole in der Mitte des Raums umgaben: Laura und Sophie Bull-Legacy, Alberto Pérez, Froser Metscho – all diesen Menschen war er auf ewig zu Dank verpflichtet. Die vergangene Stunde hatte er damit zugebracht, den Experimentalraumer zu inspizieren, hatte die Medostation und den Maschinenraum aufgesucht, in dem dank des MINSTRELS mittlerweile auch die letzten Reparaturen abgeschlossen waren. Von NATHANS versprochenen Modifikationen hatte man nichts mitbekommen, außer dass der MINSTREL irgendwann mitteilen ließ, dass alles, was es für eine SERT-Steuerung noch bräuchte, ein zusätzlicher Sessel in der Zentrale wäre.

Während seines Rundgangs hatte Rhodan ein Geständnis aufgezeichnet, in dem er noch einmal unmissverständlich die alleinige Verantwortung für den Diebstahl der FANTASY übernahm. Er würde es absenden, sobald sie Spica erreicht und ihren Piloten an Bord genommen hatten.

»Rücksturzsequenz in zehn Minuten«, riss ihn Metscho aus seinen Gedanken. »Ich beginne mit der schrittweisen Entladung der Phasenemitter.«

Spica war 270 Lichtjahre von der Erde entfernt. Dafür hatten sie etwa viereinhalb Stunden benötigt – dies entsprach einem Überlichtfaktor von mehr als einer halben Million, also der fünfhunderttausendfachen Lichtgeschwindigkeit. Ein größeres Raumschiff hätte dieselbe Distanz auch mit einer regulären Transition überwinden können – doch bedachte man die üblichen Refraktionszeiten, war es dennoch beeindruckend. Und langfristig versprach der Linearantrieb die zehnfache, wenn nicht hundertfache Reisegeschwindigkeit.

Ringsum meldeten die anderen Stationen ihre Bereitschaft, dann war es so weit. »Rücksturzsequenz«, kündigte Metscho an. »Abbau des Libraschirms.« Die Quallenschemen verwehten wie Staubteufel, stattdessen traten die Sterne im Holodom hervor. Das Licht in der Zentrale hellte sich auf. Auch der Schneeklang auf den Fluren verebbte in diesen Sekunden wie Wind, dem man das Fenster verschließt. Die Maschinen der FANTASY änderten ihre Frequenz.

»Ende der Superposition«, sagte Metscho.

»Bericht«, bat Gabrielle Montoya.

»Alle Systeme im grünen Bereich«, antwortete Laura. »Es war ein ruhiger und ... schöner Flug.« Ihre Schwester lächelte verschämt, so als fehlten ihr die Worte, um die soeben durchlebte Erfahrung zu beschreiben.

»Ortung?«, fragte Montoya.

»Wir haben das Spicasystem erreicht«, bestätigte Pérez.

Direkt voraus, in der Mitte des Holodoms, leuchtete ein hellblauer Doppelstern. Daneben wurde von der Positronik eine Übersicht des Systems mit den wichtigsten Fakten eingeblendet: die größere Komponente hatte etwa den achtfachen Sonnenradius, die kleinere den vierfachen. Der Sonnentransmitter unterlag einem komplizierten Rhythmus und eignete sich nicht für intensiven Handel. Cybora umkreiste beide Komponenten auf einer weiten Umlaufbahn und war eine Welt der Trockensteppen und großen Polkappen. Die Kolonie war eine ausgedehnte Forschungseinrichtung, finanziert durch NATHAN, und hatte offiziell das Ziel, Rumal mit Technologien zu versorgen, die für den Abbau der dortigen Schwingquarze benötigt wurden.

Genauso wichtig, wenn nicht wichtiger, war jedoch die Entwicklung bionischer Prothesen und Implantate – ein nicht unproblematischer Forschungszweig, allein schon weil NATHAN hierbei Kenntnisse der Posbis anwendete, die nach wie vor auf ihren Pilgerwegen zu ihm kamen. Die positronisch-biologischen Roboter hatten in einem sonnennäheren Orbit um Spica eine eigene, künstliche Welt namens Makko errichtet. Dies weckte Vorbehalte – nicht nur bei Gegnern transhumanistischer Bestrebungen, sondern bei allen, die sich an die frühen Kontakte mit den Robotern und ihren Experimenten an Menschen erinnerten. Obwohl die modernen Posbi-Implantate inzwischen als deutlich verträglicher galten, war der Technoschorf für viele noch ein Makel oder gar Stigma.

In den ersten Jahren der Kolonie waren auf Cybora daher nur unheilbar Kranke und Todgeweihte behandelt worden. Inzwischen meldeten sich jedoch immer mehr Patienten freiwillig. Der Markt – und Schwarzmarkt – für Implantate und Optimierungen blühte. Und obwohl für Cyboras Besiedlung kaum genetische Anpassungen nötig gewesen waren und sich nur wenige Veränderungen wie das rote Haar ins Erbgut eingeschlichen hatten, waren die Bewohner dieser Welt ihren terranischen Brüdern und Schwestern fremder und unheimlicher als viele andere Kolonisten.

»Bleiben Sie außerhalb der Tasterreichweite, und funken Sie die Kolonialbehörde an«, sagte Rhodan. Diese hatte wie auf jeder Welt der Solaren Union auch auf Cybora eine Niederlassung. »Sagen Sie, wir suchen Mentro Kosum. Wenn man Fragen stellt, sagen Sie, unsere Mission unterliege der Geheimhaltung und man möge diese Fragen direkt an NATHAN richten.«

Conrad Deringhouse und er tauschten Blicke. Es war hoch gepokert, aber sie mussten darauf vertrauen, dass NATHAN wusste, was er tat. Und falls die Nachricht über die Entführung der FANTASY Spica bereits erreicht hatte und jemand versuchte, sie aufzuhalten, würden sie wohl ohne diesen mysteriösen Wunderpiloten nach Lashat fliegen müssen.

»Sie antworten«, meldete der Funk- und Ortungsspezialist Alberto Pérez.

»Lass mich das machen«, bat Deringhouse, und Rhodan trat ein paar Schritte aus dem Erfassungsbereich des Kommunikationsholos.

»Stellen Sie durch!«, befahl Deringhouse.

Das dreidimensionale Bild einer kleinen, älteren Frau baute sich auf. Ihr dünnes Haar wies noch nicht ganz die typische Röte einer Cyboranerin auf. An ihrer Schläfe jedoch ragten mehrere Implantatschnittstellen aus der Haut. Ihre Augen fixierten Deringhouse wach, beinahe listig.

»Generalinspekteurin Béjart«, stellte sie sich vor. »Sie interessieren sich für den Verbleib von Mentro Kosum?«

»Wir sind mit ihm verabredet«, bejahte Deringhouse. »Und wir würden gern eine Space-Disk schicken, um ihn abzuholen.«

»Das könnte sich schwierig gestalten«, erwiderte Béjart. »Er sitzt nämlich augenblicklich leider im Gefängnis.«

Betretenes Schweigen breitete sich in der Zentrale aus. Auch Conrad Deringhouse und Gabrielle Montoya zogen lange Gesichter.

»Ich sehe, Sie haben sich von seinen unbestreitbaren Talenten blenden lassen.« Die Beamtin kostete die Verblüffung der Besucher sichtlich aus. »Leider haben manche Hochbegabte die Eigenart, auf Schritt und Tritt in Schwierigkeiten zu geraten.«

»Ja«, murmelte Perry Rhodan, als sich das Zugangsschott zur Zentrale öffnete und ein verschlafener Ronald Tekener hereinschlurfte. »Da ist etwas dran ...«

Perry Rhodan Neo Paket 22

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