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Menschliches Versagen
Eine Stunde zuvor
Die Schotten zu der Sektion, wo das rechte der beiden Quintadim-Parallelspuraggregate eingebaut war, öffneten sich mit einem leisen Zischen vor Nadine Baya. Der Antrieb war zweigeteilt und saß in den beiden Gondeln an Backbord und Steuerbord des Raumschiffs. Sie kam noch rechtzeitig zum Schichtbeginn, ihre Kollegen begannen gerade mit der Arbeit – die hinsichtlich des Lineartriebwerks derzeit vor allem daraus bestand, die Schäden zu reparieren und nach möglichen Ursachen für die Fehlfunktion zu suchen. Die inneren Strukturen der Hyperkristallmatrizen waren bei dem Unfall überladen und zerstört worden. Keiner wusste, warum – und bisher auch nicht, wie man es beheben konnte. Ein anderer Teil des Technikerteams beschäftigte sich damit, zumindest das Transitionstriebwerk wieder flottzubekommen und die Schäden außen am Rumpf in Ordnung zu bringen. Denn die Hyperkristalle waren nicht nur durchgebrannt, sondern hatten neben der umliegenden Technik auch die Substanz des Schiffs selbst in Mitleidenschaft gezogen. Aktuell funktionierte nur der unterlichtschnelle Feldantrieb, und das auch nur mit leichten Einschränkungen.
Baya hatte es ihrer langjährigen Erfahrung mit dem Bau des Experimentalraumers zu verdanken, dass sie an dem Hyperantrieb arbeitete, statt Löcher zu stopfen. Dieses Problem in den Griff zu bekommen, hatte Priorität. Sonst saßen sie nahe der galaktischen Southside fest – Zehntausende Lichtjahre von der Heimat entfernt.
Sie hatte sich mittlerweile entschlossen, mit Froser Metscho über ihren Albtraum zu reden. Doch zuvor wollte sie ihre Schicht hinter sich bringen. Fast alle Besatzungsmitglieder waren gereizt und übermüdet. Wie es aussieht, bin ich nicht die einzige mit Schlafproblemen. Ob die anderen auch Albträume haben?
Während der Arbeit sprach niemand darüber. Jeder versuchte, sich auf seine Aufgaben zu konzentrieren. Baya fiel das zunehmend schwer. Sie sollte die Energiezufuhr in den verschiedenen Reaktorbereichen überprüfen und feststellen, ob es irgendwo ein Leck gab. Eventuell hatte dies zu der unheilvollen Überladung geführt.
Sie fühlte sich benommen und hatte Mühe, einen klaren Kopf zu behalten. Die Datenbrille, mit denen sie die Messergebnisse mit den Sollwerten verglich, ehe sie die Zahlen über das Handkom bestätigte, verursachte ihr Kopfschmerzen. Insgeheim wünschte sie, sie hätte an diesem Morgen ihre Ava-Linsen eingesetzt, dann wäre es einfacher für sie gewesen. Aber ihre Augen waren so trocken – und das eine von der Einblutung noch immer gereizt –, dass ihr die Linsen wie riesige Sandkörner im Auge vorgekommen waren. Deswegen hatte sie darauf verzichtet. Die Datenbrillen wurden ihnen als Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt und erfüllten ihren Zweck normalerweise genauso gut.
Immer wieder schweiften ihre Gedanken ab. Einige Messungen musste sie mehrfach wiederholen, ehe sie ein brauchbares Ergebnis hatte.
»Na, Baya, nicht genug Schlaf bekommen?« Ian Munroe trat an ihre Seite und grinste sie an.
»Anscheinend nicht«, gab sie kurz angebunden zurück. Sie hob das Pad mit der einen, das Messgerät mit der anderen Hand in die Höhe. »Sorry, Ian, ich bin gerade beschäftigt.«
»Nicht, dass du dich vermisst – wenn der Chef dich rausschmeißt, würde nämlich ich dich vermissen.« Munroe lachte.
Baya unterdrückte ein genervtes Stöhnen. Sie beschloss, ihn einfach zu ignorieren. Vielleicht würde er dann verschwinden. Sie setzte die Abdeckung des Reaktorabschnitts wieder an ihren Platz und ging zum nächsten über, öffnete mit ihrem Multifunktionswerkzeug die Verschlüsse.
Munroe folgte ihr. »Wie sieht es denn heute nach Schichtende aus? Ein K'amana in der Messe? Oder lieber einen Bilah-Tee?«
»Hast du eigentlich nichts zu tun?«
»Ich warte auf die Resultate einer Messung zum Energiefluss auf der Backbordseite; dort, wo die großen Schäden am Rumpf sind. Das dauert eine Weile. Ich kann mit der Verkabelung erst danach weitermachen – das muss von hier aus gemacht werden, weil drüben alles nur noch geschmortes Gemüse ist. So lange kann ich mich mit dir unterhalten.«
»Toll.«
Falls Munroe die Ironie in Bayas Stimme hörte, ignorierte er sie. »Wir können auch zusammen zum Mittagessen gehen. Heute gibt's leckeres Konservenfutter, wie immer.«
»Ich weiß noch nicht, Ian. Mal sehen.« Baya setzte das Messgerät an, das die Daten direkt an ihre Datenbrille und das Pad übertrug.
»Wenn du magst, können wir uns hinterher in meiner Kabine noch ein Holo ansehen. Ich hab mir vor dem Abflug die neuesten Blockbuster besorgt, die kennst du garantiert noch nicht.«
Baya schob die Datenbrille auf die Stirn und strich sich mit den Fingern über die Augen. Ihre Kopfschmerzen wurden immer stärker.
»Komm schon, Nadine, sag Ja! Nur ein Kaffee und ein Film, das tut doch nicht weh.«
»Ian, lass mich endlich in Ruhe!«, brach es aus ihr heraus – weitaus schärfer und viel lauter, als sie es beabsichtigt hatte. »Ich möchte einfach nur meine Arbeit machen, und ich brauche niemanden, der mir dabei das Ohr abschwatzt und mich ablenkt!«
Baya merkte, dass sich alle Augen im Raum auf sie und Munroe richteten. Niemand in dem achtköpfigen Team hatte ihren Ausbruch überhört. Sofort überflutete sie eine Welle von Scham. Was mache ich denn? So bin ich doch sonst nicht ...
Noch unwohler fühlte sie sich, als sie Munroe gewahrte. Sein Mund war vor Verblüffung geöffnet, er wirkte verletzt. Das erste Mal an diesem Tag sah sie ihn richtig an. Auch er hatte Ringe unter den Augen und wirkte müde. Baya fiel auf, dass seine Witzchen schon mal besser gewesen waren. Allmählich dämmerte ihr, dass Munroe genauso fertig war wie sie selbst. Vermutlich hatte er gehofft, sie mit seinen Sprüchen etwas aufzuheitern. Vielleicht sollte sein Angebot, gemeinsam einen Film anzusehen, weiteren Albträumen vorbeugen.
Sie wollte sich bei ihm entschuldigen, doch mit einem Mal stand Froser Metscho an ihrer Seite. »Was soll das, Munroe?«, herrschte er den Kollegen an. »Wir können derzeit keine dummen Spielchen gebrauchen.«
»Sir, ich wollte nur ...«
»Es ist mir egal, was Sie wollten. Da Sie Baya offensichtlich nicht in Ruhe lassen können, ist es wohl besser, wenn Sie woanders arbeiten.«
Sie überlief es kalt. Das hatte sie nicht gewollt.
Munroe wurde blass. »Sir, ich habe eben die Energiemessungen ...«
»Vielleicht gehen Sie nach Backbord rüber und beenden die Energiemessungen vor Ort.« Metscho wedelte unwirsch mit der Hand. Er wirkte übernächtigt, als hätte er am Vorabend einen Drink zu viel gehabt. »Danach können Sie das Team dort drüben unterstützen, die sind ohnehin unterbesetzt. Jackson wird Ihre Arbeit hier übernehmen und die Verkabelung fortsetzen. Ich will Sie heute und morgen hier nicht mehr sehen, klar?«
»Aber Sir ...«
»Ob das klar ist, habe ich gefragt.«
Ian Munroe senkte den Kopf. »Völlig klar, Sir.« Wie ein geprügelter Hund verließ er den Raum.
Baya wandte sich an den Chefingenieur. »Mister Metscho, das war ein dummes Missverständnis.«
Er winkte ab. »Lassen Sie es gut sein, Baya. Ich habe schon mitbekommen, dass Munroe Sie nicht in Ruhe gelassen hat, Sie brauchen ihn nicht in Schutz zu nehmen. Machen Sie sich wieder an die Arbeit.«
Baya schluckte. Nun stand sie als hysterische Kuh da, die einen Kollegen in Schwierigkeiten gebracht hatte. »Sir, ich glaube, Ian Munroe hat die gleichen Probleme wie wir alle«, versuchte sie es noch einmal. »Ich würde gern mit Ihnen darüber reden.«
»Jetzt nicht, Baya«, kanzelte Metscho sie ab. »Machen Sie sich an die Arbeit, wir reden später.« Damit ließ er sie stehen.
Sie atmete tief durch. Sie war es gewohnt, bei Vorgesetzten mehrere Anläufe zu benötigen, wenn sie etwas wollte. Während sie die Messungen wieder aufnahm, ging sie im Geist die Übungen durch, die sie in den vergangenen Wochen mit den Avas absolviert hatte. »Ich gehe mit mir selbst respektvoll und liebevoll um«, murmelte sie unhörbar. »Ich bereue meine Fehler nicht. Ich erkenne meine Leistungen und Erfolge aus der Vergangenheit an. Ich schätze meine Stärken und Fähigkeiten.« Diese Sätze wiederholte sie wie ein Mantra und beschloss, sich nicht noch einmal von Metscho abweisen zu lassen. Sie spürte, dass es wichtig war, mit einem anderen über die Träume zu reden.
Hinter ihr schrie jemand vor Schmerz auf. Baya drehte sich um und sah Aleks Fedor, der sich den Fuß hielt. Er hatte an einem Konverter gearbeitet und sich deswegen flach davorgelegt, um besser an die untere Abdeckung zu gelangen. Nun schnauzte er Theo Jackson an, dem Metscho gerade Munroes Aufgaben aufgehalst hatte. »Pass doch auf, du blöder Ochse – du bist mir volle Lotte auf den Fuß getreten.«
Jackson, der ein Pad vor sich hielt, wedelte abwesend mit der Hand. »Sorry, Mann, ich hab dich nicht gesehen.«
»Ich bin fast zwei Meter groß, mich kann mach nicht übersehen!« Fedor schnaubte wütend.
»Ich hab hier gerade andere Sorgen.« Jackson verdrehte genervt die Augen. »Falls du es nicht mitbekommen hast, ich habe eben die Neuverkabelung der Backbordseite gewonnen. Stell dich nicht so an mit deinem Füßchen, du Jammerlappen!«
Fedor setzte sich ruckartig auf. »Wie hast du mich gerade genannt?«
»Es ist gut jetzt, ihr zwei!« Baya stellte sich zwischen die beiden Männer. »Hört auf zu streiten, es war doch nur ein Versehen.«
»Ja genau – passt lieber auf, sonst seid ihr die Nächsten, die Metscho rausschmeißt«, mischte sich Frankie Bjarkisdottir ein. Die hagere Isländerin mit der Kurzhaarfrisur, die eigentlich Freya hieß, warf Baya einen bezeichnenden Blick zu. »Dann dürft ihr vorn am Wandeltaster unserem Baby hier die Nase putzen.«
Grummelnd wandten sich alle wieder ihrer Arbeit zu, aber bei Baya blieb ein flaues Gefühl im Magen zurück. Diese gereizte Atmosphäre durfte kein Dauerzustand werden. Irgendwann wird jemand die Beherrschung verlieren, und wer weiß, was dann geschieht. Sollte es zu einem Vorfall mit Verletzten oder gar Toten kommen, wäre das auf einem so kleinen Raumschiff wie der FANTASY eine Katastrophe.
Die beengte Situation an Bord trug ihren Teil zur Stimmung bei. Komfort gab es auf der FANTASY nicht. Schließlich war der Experimentalraumer nicht für lange Fernreisen gedacht, sondern sollte lediglich zur Erprobung des neuen Antriebs dienen. Einzelne, kurze Testetappen waren der Plan gewesen, um Daten zu sammeln. Kein Flug quer durch die Galaxis mit einer Havarie als Abschluss.
Nun gerieten auch die beiden Ingenieure des Teams, Rudi Heineken und Araya Nitpattanasai, aneinander.
Nitpattanasai war eigentlich eine friedliebende Natur, aber gegenwärtig sah sie aus, als würde sie ihrem Kollegen am liebsten ihr Pad über den Schädel ziehen. »Das ist doch vollkommener Blödsinn. Woher sollten denn solche Energien kommen, die für die Zerstörung der inneren Strukturen der Hyperkristallmatrizen verantwortlich sind?«
»Das weiß ich doch auch nicht – noch nicht«, erwiderte Heineken. Der Holländer wies auf seine Aufzeichnungen. »Vielleicht waren es unbekannte Einflüsse des Hyperraums, die die kontrollierte Rücksturzsequenz gestört haben.«
»Das ist doch Unfug! Genauso gut könnte es ein Konstruktionsfehler in der komplexen Antriebsstruktur sein. Oder es war bloß eine Überbelastung des Materials. Du hast einfach keine Erklärung für dieses Desaster und willst dich wichtigmachen.«
Heineken plusterte sich auf. »Wichtigmachen?«
Nitpattanasai zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich sind die Messungen einfach falsch.«
»Entschuldigen Sie mal!« Bjarkisdottir, die für die besagten Daten verantwortlich war, bekam einen roten Kopf. »Die Daten sind absolut korrekt. Ich kann nichts dafür, wenn Sie nicht in der Lage sind, sie effektiv auszuwerten.«
Heineken ballte die Hände zu Fäusten. »Das ist eine bodenlose ...«
Metscho ging dazwischen. »Bitte, Herrschaften – beruhigen Sie sich. Es gibt keinen Grund, an Bjarkisdottirs Daten zu zweifeln. Senden Sie die Ergebnisse ins Labor, damit sich die Eierköpfe dort damit auseinandersetzen können – ich meine natürlich, die Wissenschaftler«, fügte er hastig hinzu. »Wir sind für die Praxis verantwortlich, nicht für die Theorie.«
Grummelnd gingen die Ingenieure und die Technikerin auseinander.
Baya atmete noch einmal tief durch. Jetzt – oder sie würde sich nie wieder trauen. Richte dich langsam auf, wiederholte sie die Ava-Übung in Gedanken. Denk dir ein drittes Auge auf deine Brust, das nach oben schauen will, und denk dir deine Schultern in die hinteren Hosentaschen.
Sie korrigierte ihre Haltung und ging auf Metscho zu. »Sir, ich muss wirklich dringend mit Ihnen ...«
»Eine Sekunde, Baya.« Metscho wies Fedor an, einen der Konverter zu starten, um ihn auf seine generelle Funktionsfähigkeit zu überprüfen. Dann wandte er um. »Also, Baya, was gibt es so Dringendes? Ich hoffe, Sie haben die Messungen abgeschlossen?«
»Noch nicht, Sir, aber ich ...«
»Dann haben Sie hoffentlich einen guten Grund, um mich mit etwas anderem zu nerven.«
Der stechende Blick des Chefingenieurs verunsicherte sie. Sie besann sich auf einen anderen Trick aus dem Ava-Nähkästchen und starrte an ihm vorbei über seine Schulter. »Natürlich, Sir. Ich glaube, dass ...«
Baya sah just in diesem Moment, wie Theo Jackson hinter Metscho gähnte. Der klein geratene Amerikaner hatte vor einer Weile die Daten, die Munroe vor seinem Rauswurf angefordert hatte, ausgelesen und war mit der Verkabelung beschäftigt. So fortschrittlich die Technik war, bestimmte Handgriffe mussten auch auf einem Sternenschiff, bei dem die Energie nach wie vor durch physische Leitungen floss, weiterhin manuell vorgenommen werden. Zumindest in ihrer derzeitigen, eingeschränkten Lage. Jackson strich sich müde über die Augen und griff nach zwei Kabeln, die für die Überbrückung der Energieversorgung im Backbordbereich gedacht waren.
Das will er doch nicht wirklich tun, oder?, dachte Baya entsetzt, während ihr die Worte an Metscho auf den Lippen erstarben. Es war ein Anfängerfehler, ganz simpel. Jackson hatte die beiden Kabel vertauscht.
Die Worte brauchten unendlich lange, um von ihrem Gehirn zu ihren Lippen zu gelangen. »Theo, nein!«
Doch es war bereits zu spät. Die Kabel sprühten Funken, ein Knall ertönte. Und dann ein wesentlich lauterer Knall, der von der anderen Seite des Schiffs kam.
Während alle wie erstarrt dastanden, rief Baya bereits ein Überwachungsholo auf. Mit wachsendem Entsetzen verfolgte sie, wie ein Teil der mit Energie- und Prallfeldern stabilisierten Abschnitte des Rumpfs auf der Backbordseite seine Verankerung verlor: Die Energieversorgung brach zusammen. Ein simpler Kurzschluss hatte das ausgelöst – allerdings ein Kurzschluss in einem der sensibelsten Bereiche des bereits stark angeschlagenen Experimentalraumers. Ohne die Prallfelder, die das Schiffsinnere vom Weltraum abschirmten, gab es eine explosive Dekompression.
In einiger Entfernung des Rumpflecks, das sich gerade in eine Todesfalle verwandelte, erkannte Baya eine ihr wohlbekannte Gestalt. »Ian!«, murmelte sie entsetzt.
»Energiezufuhr wiederherstellen!«, brüllte Metscho.
Rings um Baya gerieten die Techniker und Ingenieure in hektische Bewegung. Holos wurden aufgerufen, Energie manuell umgeleitet. Metschos erste Schritte führten ihn zu Jackson, den er beiseitestieß. Mit einem Griff riss Metscho die unselige Verkabelung auseinander.
Menschliches Versagen, schoss Baya ein Begriff durch den Kopf.
Sie nahm das alles nur am Rande wahr, denn ihre Aufmerksamkeit richtete sich auf das Holo. Erleichtert gewahrte sie, dass Munroe mit Arbeiten in einiger Höhe beschäftigt gewesen war – sein Glück, denn er war durch ein Stahlseil gesichert. Die ins All entweichende Bordluft zerrte an ihm, riss ihn jedoch nicht mit hinaus. Allerdings würden Munroe und die anderen Arbeiter in diesem Bereich nicht lange durchhalten. Es waren drei, soweit Baya das erkennen konnte. Sie klammerten sich derzeit fest, sofern sie nicht gesichert waren. In Kürze würden sie keine Atemluft mehr zur Verfügung haben.
Eine Stahlstrebe, die zwecks besserer Handhabung abmontiert worden war, wurde durch den Unterdruck hoch- und auf das Rumpfleck zugerissen. Unglückseligerweise befand sich Munroe in der direkten Flugbahn der Strebe. Sie erwischte ihn am Kopf, ehe sie ins All hinaustrudelte. Er hing bewusstlos an seinem Seil.
Baya schlug sich entsetzt die Hände vor den Mund, als sie das ausströmende Blut sah, das vom Luftstrom ebenfalls von seiner klaffenden Kopfwunde weg zum Leck gezerrt wurde.
»Jemand muss dort rein und ihnen helfen!«, rief sie.
»Noch haben wir keine Energie – der Bereich ist entlüftet, das wäre Selbstmord«, gab Froser Metscho zwischen zusammengebissenen Zähnen zurück.
Baya rief ein Arbeitsholo auf und suchte fieberhaft nach einer Möglichkeit, die Energiezufuhr wiederherzustellen – nicht, dass mindestens ein halbes Dutzend andere Techniker das nicht ebenfalls in diesem Moment versuchte. Der übermüdete Theo Jackson hatte ganze Arbeit geleistet – es würde mindestens zehn Minuten dauern, die Energieversorgung wiederaufzubauen. Bis dahin sind alle dort drin tot!
Ein Flimmern im Holo weckte Nadine Bayas Aufmerksamkeit. Kurz war sie an ihren Albtraum erinnert, als sich der kleine Prinz in den Oproner Merkosh verwandelt hatte. Dann begriff sie, dass es ein anderer Außerirdischer war, der dort auftauchte. Gucky!
Der Mausbiber erschien dicht neben Munroe, zusammen mit zwei EXAR-Robotern. Die Maschinen verankerten sich sofort magnetisch am Boden und schufen Energieblasen um die Arbeiter. Gucky packte Ian Munroe und war im nächsten Moment mit ihm verschwunden. Das Sicherungsseil hing leer im Vakuum.