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15.

Silvia Taussig

Die Werfthallen rings um den Standort der FANTASY boten ein trostloses Bild. Wo zuvor Hunderte Techniker und Wissenschaftler rund um die Uhr das neue Schmuckstück der Terranischen Flotte gehegt und gepflegt hatten, liefen nun nur noch die nötigsten Systeme. Das gesamte Bodenpersonal war im Urlaub oder bis auf Weiteres versetzt worden. Erst in der kommenden Woche sollten Gutachter des Unionsrats das Projekt evaluieren und eine Empfehlung für seine Zukunft aussprechen. Es konnte Monate, wenn nicht Jahre dauern, bis das Experimentalschiff wieder abhob.

Bis dahin ruhte die FANTASY wie ein trauernder Vogel in ihrem Hangar, anmutig trotz ihrer fast dreihundert Meter Länge und schnittig wie eine Jacht. Das Licht der Scheinwerfer schimmerte silbrig auf den beiden Antriebsgondeln, in denen die Quintadim-Parallelspurtriebwerke verbaut waren, die dem Raumschiff seine phantastischen Eigenschaften verliehen.

Seufzend riss sich Silvia Taussig von dem Anblick los, nur um sich stattdessen Giordano Ricci gegenüberzusehen, der unvermittelt neben ihr an die Brüstung der Galerie getreten war.

»Du hast mich erschreckt!«, entfuhr es ihr.

Er lächelte entschuldigend. Dann richtete er seine braunen Augen von ihr auf das Raumschiff unter ihnen. »Sie ist wunderschön, nicht wahr?«

Sie schluckte und folgte seinem Blick. »Das ist sie.«

Gemeinsam blickten sie auf das Experimentalfahrzeug hinab, das in Kürze über den weiteren Verlauf ihrer beider Karrieren entscheiden würde.

»Es freut mich, dass du dabei bist«, sagte er. »Ich war mir nicht sicher, ob du der Typ dafür bist.«

»Der Typ für was?«, fragte sie und versuchte, sich ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen. Was soll das? Auf einmal suchte Ricci zu jeder Gelegenheit ihre Nähe – aber als sie das neulich versucht hatte, war die Antwort »Danke, aber nein danke« gewesen. Hatte er es sich anders überlegt, oder trieb ihn nur das schlechte Gewissen um?

»Um ein Raumschiff zu stehlen«, antwortete er. »Dieses Schiff. Das vielleicht teuerste aller Zeiten.«

»Die MAGELLAN war teurer«, gab sie sachlich zurück.

»Aber nicht so ... verlockend«, sagte er mit einem Schmunzeln.

Ernsthaft, was ging vor in seinem hübschen Kopf? Hatte er beschlossen, dass er auf die Vorschriften pfeifen konnte – nun, da sie ohnehin alle Kriminelle wurden?

»Ich bin davon überzeugt, dass die FANTASY diesem Flug gewachsen ist«, bekundete sie. »Ein paar Handgriffe müssen wir noch unterwegs erledigen. Aber der Anlass rechtfertigt das Risiko, und sie wird uns schon nicht um die Ohren fliegen. Ich vertraue dem Schiff. Ich wusste, dass ich auf keinem anderen arbeiten will – vom ersten Moment an.«

»Ich verstehe genau, was du meinst. Und ich bin froh ... Das wollte ich nur sagen.«

Sie nickte vorsichtig. Und sie spürte, wie die verletzliche Hoffnung, die sie eigentlich mit Nadine hatte ertränken wollen, erneut in ihr auflebte.

Sie wollte sich aber keine Blöße geben. Nicht in diesem kritischen Moment. »Was sagt Bull?«, fragte sie daher.

Ihr Vorgesetzter löste sich vom Anblick der FANTASY. »Sie arbeiten noch daran, die Sperrschirme zu desaktivieren. Sobald sie das geschafft haben, beginnen Gucky und Moncadas mit der Arbeit – und wir können weiter nach Plan verfahren.«

Silvia nickte. Sie wussten alle, was zu tun war: Das Positronikterminal, über das sie dem Raumschiff den Befehl zum Aufwachen schicken konnte, war nur wenige Schritte entfernt. Gleichzeitig würden ihre Kollegen alles für einen manuellen Start vorbereiten. Dabei kam es auf Präzision und Geschwindigkeit an. Normalerweise dauerte es mehrere Stunden, ein Fahrzeug wie die FANTASY startklar zu machen – sie dagegen wollten eine Viertelstunde nachdem Bull ihnen das Zeichen gab, im Weltraum sein.

»Warten auf Gucky«, murmelte sie. »Klingt wie ein Theaterstück ...«

Ein heller Pfiff ließ beide zusammenzucken. »Hat mich jemand gerufen?«

Sie drehten sich um und sahen den Mausbiber und Josue Moncadas, beide festlich herausgeputzt, in der Nische neben einer Positronik stehen.

»Da seid ihr ja! Das heißt, die Energieschirme sind aus?«

»Ja, endlich!«, bestätigte Gucky und reckte stolz die Pfote. »Und jetzt wird ordentlich aufs Gas gedrückt. Wie steht es mit der Kamera da oben?«

Silvia warf einen Blick auf die Überwachungsoptik an der Decke, die sich gemächlich wie ein Rasensprenger nach links und nach rechts drehte. Sie und Ricci hatten nichts zu befürchten – sie durften sich ja bei der FANTASY aufhalten. Aber den Mausbiber und den Mutanten bekam das Gerät besser nicht zu Gesicht.

»Ist noch aktiv«, antwortete sie.

Gucky fixierte die Kamera, die prompt aufhörte, sich zu drehen. »Okay, Monky. Kannst loslegen!«

Sein Begleiter seufzte. »Ich wünschte wirklich, du würdest mich nicht so nennen. Wie lange ist das jetzt her? Ein halbes Jahrhundert?«

»Ich nenne dich ja nicht bei diesem Namen-den-du-nicht-mehr-hören-magst«, verteidigte sich Gucky. »Sondern Monky. Das klingt völlig anders. Findest du wirklich, wir sollten gerade jetzt darüber streiten? Wir sind zum Arbeiten hier.«

»Danke, dass du mich daran erinnerst«, sagte der Mutant mit der blassen Haut. Dann wandte er sich an Taussig und Ricci. »Wir kümmern uns als Allererstes um die Sicherheitssysteme auf dem Weg zwischen den Hangars. Damit Laura und Sophie möglichst schnell zu uns vordringen und den Rest übernehmen können. Wir beginnen hier und arbeiten uns dann Knoten für Knoten zur NATHALIE vor.«

»Verstanden«, sagte Ricci.

»Laut unseren Informationen haben wir es mit Kameras, Bewegungsmeldern und Biodetektoren zu tun«, fuhr Moncadas fort. »Und die Signale müssten gebündelt irgendwo hier vorbeilaufen.«

»Da drüben.« Silvia führte ihn zu einem verdeckten Wartungszugriff in der Wand. Sie hatte das System dort erst vorigen Monat selbst kalibriert.

»Ausgezeichnet«, sagte Moncadas, als sie die Abdeckung entfernte und die darunterliegenden Energieleiter zum Vorschein kamen. »Ich hoffe, dass ich keinen Alarm auslöse, wenn ich den Energiefluss unterbreche.«

»Wenn, dann können wir ihn an Ort und Stelle unterdrücken«, versicherte Silvia.

»Gut. Sonst müssten wir noch länger warten ...« Moncadas schloss die Augen und legte die Hand auf die Energieleiter wie ein Wunderheiler.

Einige Sekunden lang geschah nichts. Taussig und Ricci schauten gebannt zu, wie sich Schweißperlen auf der Stirn des Mutanten bildeten. Dann zuckte Moncadas zusammen und holte keuchend Luft.

»Alles okay?«, fragte Gucky mitfühlend, der unbemerkt neben sie getreten war.

Moncadas schüttelte den Kopf. »Es geht schon. Es strengt nur sehr an.«

»Sie können Stromkreise durch Gedankenkraft unterbrechen?«, staunte Silvia.

»Leider ist meine Gabe nicht mehr so stark wie früher.«

»Komm, Großer.« Gucky schob seine Pfote in die bleiche Hand des Manns. »Ich leihe dir etwas Kraft.«

»Eigentlich wäre das mein Job«, wehrte sich Moncadas. »Und du brauchst deine Kräfte noch zum Springen und ...«

»Ich hab genug Kuchen gegessen«, beschwichtigte Gucky. »Na los!«

Fasziniert verfolgte Silvia, wie Moncadas einen weiteren Anlauf unternahm, diesmal mit Guckys Hilfe. Sie verstand, dass der Mausbiber dem Mann einen Teil seiner parapsychischen Kraft lieh, bekam von dem unsichtbaren Transfer jedoch nichts mit. Nur Guckys Barthaare zitterten konzentriert, und Moncadas biss so fest die Zähne zusammen, dass seine Wangenknochen wie aus Stein gemeißelt wirkten.

Dann flammte eine rote Störungsmeldung an Silvias Armbandkom auf. Sie aktivierte rasch eine Verbindung zum Sicherheitssystem und versprach der relativ primitiven Positronik, sich persönlich darum zu kümmern, damit der Rechner nicht das Sicherheitspersonal rief. Nach einer weiteren Nachfrage ging Ricci ihr zu Hand und bestätigte. Die Warnmeldung erlosch.

Die Mutanten öffneten die Augen.

»Das war's!«, bestätigte Silvia mit Blick auf die Anzeigen. »Der untere Personalzugang und die ersten hundert Meter Gang sind ungesichert. Ihr könnt tun und lassen, was ihr wollt, niemand wird es bemerken. Erst ab Knoten C sechzehn arbeiten die Systeme wieder.«

»Hast du gehört?« Gucky stupste Moncadas kumpelhaft an. »Nächstes Ziel: Knoten C sechzehn. Viel Spaß noch!« Er zwinkerte ihr zu. Dann schlang er den Arm um das Bein des anderen Mutanten und beide lösten sich in Luft auf.

Die Überwachungskamera, die der Ilt telekinetisch blockiert hatte, setzte ihre Arbeit fort.

»Und jetzt?«, fragte Silvia Taussig in den fast leeren Hangar.

Giordano Ricci zuckte die Achseln. »Wir warten. Wenn sie die übrigen Datenleitungsknoten ebenso problemlos unterbrechen, kann sich das Team der NATHALIE bald auf den Weg machen. Eine halbe Stunde, würde ich schätzen – nicht länger.«

Gespannt verfolgten sie, wie sich die Fehlermeldungen aus den Verbindungswegen häuften, etwa alle zwei Minuten eine neue. Im holografischen Plan des Hangars, den ihr Multifunktionsarmband anzeigte, sah es aus, als grübe ein geduldiger Maulwurf seinen Tunnel voran. Sie unterdrückten die Meldungen auf die gleiche Weise wie die erste.

Eine Viertelstunde verstrich, und sie rechneten jeden Augenblick damit, dass Reginald Bull den Erfolg der nächsten Phase verkündete: dass Laura und Sophie die Anlage unter Kontrolle gebracht hatten. Und dann – der große Aufbruch.

Es war jedoch nicht Bull, der sich als Nächstes meldete.

»Silvia? Giordano?«, rief sie ein Kollege in den Eingangsbereich des Hangars. »Hier ist jemand, der eine Frage hat ...«

Verwundert folgten sie dem Ruf zum Rest der Gruppe. Nadine Baya, Ian Munroe und eine Handvoll weiterer Mitarbeiter saßen vor den Arbeitsplätzen und taten so, als berechneten sie eine Reihe von Testflügen – alles Show für die Kameras und das Sicherheitspersonal.

Nadine Baya warf ihr einen neugierigen Blick zu, als Silvia Taussig dicht gefolgt von Giordano Ricci hinüberkam. Neben dem Halleneingang stand eine blonde Frau in einem Cocktailkleid, die so offensichtlich nicht in einen Raumschiffhangar passte wie eine Orchidee auf ein Kohlfeld. Es war Jessica Tekener.

»Bitte entschuldigen Sie«, sagte die Privatermittlerin. »Aber haben Sie zufällig meinen Bruder gesehen? Er antwortet nicht mehr auf Kontaktversuche per Funk ... und ich kann ihn nirgends finden.«

Perry Rhodan Neo Paket 22

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