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Ronald Tekener
Ronald Tekener konnte Reginald Bulls Wut so deutlich aus seiner Stimme hören, als stünde der Systemadmiral direkt vor ihm. Er wusste selbst nicht, weshalb es ihm solchen Spaß machte, Bull zu reizen. Weil es so leicht war, wahrscheinlich. Vielleicht hatte er auch einfach ein Problem mit Autorität – oder zu viel getrunken.
Doch die Freude währte nicht lange, dafür trug seine Schwester Sorge. Rasch und präzise schilderte sie ihm die Lage und wo das Problem lag.
»Wir haben also zwei Leute von der Sicherheit und einen Oproner, die einander nicht begegnen sollten«, fasste Ronald zusammen. »Und mehrere Energieschirme, in die am besten keiner von uns reinläuft.«
»Das ist korrekt«, sagte Jessica Tekener. »Wir übermitteln dir die genauen Koordinaten.«
»Ich kümmere mich darum«, versprach er und unterbrach die Verbindung, ehe sie ihn noch vor allen Leuten fragte, wie es ihm ging und ob er sich das auch wirklich zutraute.
Er wusste, er hatte bislang nicht gerade das beste Bild abgeben. Auch da war er nicht sicher, woran es lag. Vielleicht hatte er einfach keine Lust, die Erwartungen anderer Leute zu erfüllen? In jedem Fall hatte er die D-Sektionen recht schnell als Schwachstelle in Bulls Plan erkannt. Zu viele kritische Einrichtungen wie zum Beispiel die Schirmsteuerung, und niemand in der Nähe, der sich, wenn nötig, darum kümmern konnte. Statt aber lange mit Bull zu diskutieren, hatte er einfach seinen Instinkten getraut – und diese führten ihn meist genau dahin, wo er sein musste.
In diesem Fall in die Abfallentsorgung.
Ronald kletterte fluchend aus dem engen Schacht, in den die Putzroboter der Lunar Research Area ihren Müll zu entleeren pflegten, damit er mittels eines kleinen Förderbands am unteren Ende der Vertikalröhre zur Weiterverwertung abtransportiert wurde. Er klopfte sich den Dreck vom Jackett und vergewisserte sich, dass der Scotch, den er vorsichtshalber eingesteckt hatte, wohlauf war. Dann orientierte er sich.
Die Schirmsteuerung lag in einem Parallelgang, etwa zweihundert Meter voraus. Und die Sicherheitsmitarbeiter sowie Merkosh würden ungefähr zeitgleich dort ankommen ...
Jessica übermittelte ihm die Koordinaten der Sperrschirme auf sein Komarmband. Hervorragend – die Sicherheitsleute würden die Steuerung gar nicht erst erreichen, sondern schon vorher auf eine tödliche Barriere stoßen. Genauer: Sie würden sie bemerken, wenn sie nicht ganz unbedarft waren, daraufhin ihre Kollegen kontaktieren und Alarm auslösen, um dann nachzuforschen, was die Sicherheitsprotokolle aktiviert hatte.
Tekener sprintete los.
Es dauerte nicht lange, bis er aus der Ferne lautes Lachen hörte. Gut – anscheinend wusste das Wachpersonal noch nicht, was ihm blühte. Von der nächsten Kreuzung fiel helles Licht in den meistenteils nur schwach ausgeleuchteten Gang, in dem sich Tekener aufhielt. Er gab sich Mühe, leiser aufzutreten, und schlich vorsichtig um die Ecke in das Verbindungsstück, das beide Korridore kreuzte. Sein Blick fiel auf einen kleinen Feuerlöscher in einer Wandhalterung. Ein simples, manuelles Gerät für Notfälle.
Dies war ein Notfall.
Die Schritte und Stimmen waren nun ganz nah – und hinter der nächsten Kreuzung konnte er das charakteristische Brummen einer Energiebarriere ausmachen.
Tekener stellte den Scotch weg und nahm den Feuerlöscher von der Wand.
»Und das hast du ihr tatsächlich gesagt?«, fragte einer der Sicherheitsmänner. »Wow, meine Frau hätte mich einen Kopf kürzer gemacht.«
»Sie war nicht gerade erfreut«, gab der andere zu. »Allerdings, wie ich immer zu sagen pflege ...«
Sein Freund kam nie in den Genuss der versprochenen Weisheit. Ronald Tekener sprang um die Ecke und stieß dem verdutzten Mann den Feuerlöscher mit der stumpfen Seite gegen die Brust. Der taumelte zurück, als hätte ihn ein Baumstamm getroffen, und brach reglos zusammen. Seinem Kompagnon versuchte Tekener den Löscher gegen die Schläfe zu schwingen, doch der zweite Mann war überraschend groß, deshalb erwischte Tekener ihn nur an der Schulter. Der Sicherheitsmitarbeiter bekam seinen Angreifer zu packen, und Tekener ließ den Feuerlöscher fallen, schmerzhafterweise direkt auf den Oberschenkel. Sie rangen wie zwei Wrestler, dann stellte Tekener seinem Gegner ein Bein und sie stürzten zu Boden. Tekener aber kam obenauf zu liegen, ergriff den Kopf des anderen, der nach seiner Waffe fingerte, und schlug ihn auf den Boden. Der Mann stöhnte auf und erschlaffte.
Mit pochendem Herzen stand Tekener auf und begutachtete sein Werk. Nicht gerade elegant, aber erfolgreich. Außer dem blauen Fleck am Oberschenkel hatte er nichts abbekommen. Er bückte sich nach der Waffe des Besiegten und sah sie sich näher an. Ein ziviler Paralysator, keine Militärversion. Tekener klopfte die Uniform des Manns vor ihm ab, fand eine Codekarte und ein Komgerät, das er auf »Bitte nicht stören« stellte, Kaugummis und eine kleine Verpackung in einem nur zu bekannten Format.
»Schau an.« Er grinste. Es war ein eingeschweißtes Pokerblatt. Neutrales Design, nicht von tausend anderen Blättern unterscheidbar.
Ein Plan reifte in ihm.
Tekener steckte die Spielkarten ein, schoss den zweiten Mann, der gerade wieder zu sich kam, bewusstlos und durchsuchte auch ihn. Nachdem er beide Wachleute paralysiert und ihre Koms stumm geschaltet hatte, zog er die Bewusstlosen in den dunkleren Parallelgang und warf ihre Waffen und Komgeräte in die Abfallentsorgung, damit die Kerle keinen Unsinn anstellten, wenn sie wieder zu sich kamen.
Dann holte er sich den Scotch zurück und hinkte eilig den beleuchteten Gang hinab Richtung Schirmsteuerung. Schon nach zwanzig Metern fand er die Energiebarriere, die er gehört hatte. Er wollte gerade seine Schwester anfunken, um ihr zu melden, dass er das Problem mit den Sicherheitsleuten fürs Erste aus der Welt geschafft hatte, als er eines seltsamen Schauspiels gewahr wurde.
Eine dünne, sechsfingrige Hand, dann ein tastender Rüssel in einem farblosen Gesicht schälten sich aus der Wand jenseits des Schirms. Einen Moment lang wirkten sie wie eine Projektion. Erst als der komplette Oproner vor Tekener stand, verfestigte er sich zu seinem glasartigen Selbst, in dem man das Aderngeflecht und die inneren Organe erahnte. Dunkle Symbole waren quer über seinen Bauch gemalt. Über den Schultern trug er einen kleinen Rucksack.
»Ich grüße Sie, Ronald Tekener!«, sagte Merkosh fröhlich und machte eine affektierte Geste mit seinen überlangen Fingern. »Sie waren zur rechten Zeit am rechten Ort.«
»Das höre ich selten«, gestand Tekener. »Sie haben den kleinen Zwischenfall beobachtet?«
»Das habe ich«, bestätigte der Oproner. »Ich wollte mich aber nicht einmischen. Es sah sehr gefährlich aus.«
»Halb so wild.«
»Sagen Sie, könnten Sie mir bestätigen, dass sich die Steuerung der Energieschirme hier in unmittelbarer Nähe befindet? Ich habe es mir zwar so notiert, aber keine Tür gesehen.«
Tekener überprüfte den schematischen Plan auf seinem Multifunktionsarmband. »Etwa zwanzig Meter den Gang runter, hinter der Wand. Die Tür ist auf der anderen Seite und mit Sicherheit verschlossen. Sie haben die Auswahl.«
»Das ist sehr hilfreich«, dankte der Oproner. »Denn sehen Sie, ich hatte leider nicht viel Zeit, mich in meinem Vitron aufzuladen. Deshalb kann ich den Zustand der Quantenverschachtelung nicht lange aufrechterhalten und möchte keine Zeit verschwenden.«
»Quanten... Sie meinen das Durch-die-Wände-Gehen.«
»Exakt! Sehr nützlich, leider auch recht ungesund, wenn man es übermäßig praktiziert.«
»Das glaube ich aufs Wort«, sagte Tekener. »Aber wo wir schon dabei sind – Sie haben sich nicht zufällig notiert, wo sich der Aufenthaltsraum dieser Herren befindet?«
Merkosh verrenkte seinen dünnen Hals und studierte mehrere Symbole auf seinem Bauch. »Ich würde vermuten, eine Ebene höher und hundertfünfzig Meter in dieser Richtung.« Er zeigte mit einem langen Finger.
»Besten Dank.«
»Was haben Sie vor?«, erkundigte sich Merkosh.
»Verhindern, dass noch mehr von denen hier nachschauen kommen, während Sie beschäftigt sind.«
»Ach, das ist wirklich sehr freundlich von Ihnen.«
»So bin ich eben.« Tekener grinste. »Dann viel Erfolg mit der Schirmsteuerung.«
»Danke, danke!« Merkosh setzte den Rucksack ab, entnahm ihm ein kleines Röhrchen und trug sich ein dickes Gel auf die Brust auf, wo es rasch einzog und verschwand. »Wegzehrung«, informierte er auf Tekeners fragenden Blick hin. Dann setzte er sich den Rucksack wieder auf und grüßte noch einmal wie ein Kind auf dem Weg zur Schule. »Auf Wiedersehen, Ronald Tekener!«
»Auf Wiedersehen, Merkosh«, erwiderte er den Gruß und sah zu, wie der Oproner tief Luft holte, in die Wand trat und darin verschwand.
»Quantenverschachtelung!«, murmelte Ronald Tekener kopfschüttelnd. Dann machte er kehrt und eilte in die ihm gewiesene Richtung.