Читать книгу Mörder Nummer eins: 5 Krimis - Pete Hackett - Страница 26
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Mr. McKee zitierte uns zu sich. Der besondere Ernst, den er vermittelte, gab uns zu denken. Milo schaute mich an, seine Mundwinkel sackten nach unten, als wollte er sagen: „Da scheint etwas gewaltig am Dampfen zu sein, Partner.“
Als wir saßen, begann der SAC: „Hooker hat uns an der Nase herumgeführt, Leute. Während wir den Friedhof observierten und über die Trauergemeinde wachten, verschaffte er sich gewaltsam Zutritt zu einer Wohnung in der Nähe von Fred Tompkins Haus. Er fesselte und knebelte das Ehepaar, und als Tompkin vom Begräbnis seines Vaters zurückkehrte, schoss Tom Hooker ihm regelrecht den Kopf weg.“
Wir waren wie vor den Kopf geschlagen.
Der Chef trommelte unruhig mit den Fingerkuppen auf dem Schreibtisch. „Ein Zweifel ist ausgeschlossen. Die Leute, die Hooker überrumpelte, haben ihn eindeutig identifiziert.“
Ich nagte an meiner Unterlippe.
Milo strich sich unablässig mit Daumen und Zeigefinger über das Kinn.
„Dann muss Hooker jetzt nur noch Harry Tompkin ausschalten, um das Syndikat seines letzten Kopfes zu berauben“, verlieh ich meinem nagenden Gedanken Ausdruck.
„Ja, und damit wäre der Weg frei, um die Stelle der Tompkins einzunehmen“, fügte Milo hinzu. „Wer immer auch diese Stelle einzunehmen gedenkt.“
Mr. McKee hatte seinen Trommelwirbel unterbrochen. Unser Chef, der normalerweise ein hohes Maß an Ruhe ausstrahlte und immer kühlen Verstand bewahrte, schien mir seltsam beunruhigt. Er ließ nun wieder seine Stimme erklingen.
„Das ist noch nicht alles, Leute. Annie Hewitt und ihr Gefolge sind in Queens eingetroffen. Auch die meisten der anderen Spielerinnen und ihre Betreuer sind gestern angekommen. So auch Jane Snyder und ihr Stab. Annie Hewitts Fan hat wieder zugeschlagen. Rich Delaney, Janes Snyders Manager, flatterte eine anonyme Morddrohung ins Haus, Annie Hewitt erhielt einen prachtvollen Strauß roter Rosen und eine Erklärung, wonach ihr Verehrer den Plan, sie zur Nummer eins im Tenniszirkus zu machen, noch immer nicht aufgegeben hat.“
„Eine Morddrohung?“, echote Milo.
„Ja“, grollte der Chef. „Dieses Mal betrifft sie aber nicht nur ihn, sondern auch Jane Snyder. Ein anonymer Brief, auf einem Computer geschrieben, hier in New York vorgestern aufgegeben.“
„Vorgestern“, stieß ich hervor. „Da waren Jane Snyder und ihr Manager ja noch in England.“
„Genau“, sagte der Chef. „Also ist der anonyme Schreiber genauestens über alles informiert. Wo die Spielerinnen wohnen, wann die trainieren, wo sie essen – über alles einfach.“
„Also ein Insider!“, entfuhr es mir.
„Das muss nicht sein“, meinte Milo. „Die Turniere genießen eine unheimliche Publicity, und man kann sich kundig machen. Die Vorbereitungen in Flushing Meadow finden ja schließlich nicht erst seit gestern statt. Und die Organisation steht auch schon seit einiger Zeit. Wenn sich also jemand intensiv damit befasst, kann er alles herausbekommen, was die Stars und ihr Umfeld betrifft.“
„Wann beginnt das Spektakel?“, fragte Milo.
„In vier Tagen“, antwortete der Chef. „Aber interessant wird es für uns nur dann, wenn Jane Snyder und Annie Hewitt ins Endspiel vorrücken sollten. Scheidet eine von beiden vorher aus, dürfte sich die Sache mit der Drohung erledigt haben.“
„Nur wenn Annie Hewitt ausscheidet“, gab ich zu bedenken. „Sollte sie ins Endspiel kommen, wird ihr überaktiver Fan wahrscheinlich auch jede andere Gegnerin und deren Manager ähnlich unter Druck setzen wie Jane Snyder und Rich Delaney.“
„Und sollte Annie ausscheiden“, warf Milo noch hin, „dann verärgert sie möglicherweise diesen Geistesgestörten, der sie auf Platz eins hieven will, dermaßen, dass er seinen Frust an ihr auslässt. Nach dem Motto: Wenn Liebe in Hass umschlägt ...“
„Auszuschließen ist es nicht“, gab der SAC nachdenklich zu.
„Wir werden uns mal mit Annies Manager unterhalten, Sir“, bot ich an. „Ich kann mich einfach nicht von der Idee trennen, dass er das größte Interesse daran hat, dass sein Schützling Nummer eins wird.“
„Wir sollten uns lieber um Tom Hooker kümmern“, wandte Milo ein. „Der Knabe zieht als mordende Bestie durch New York, wir müssen ihn aus dem Verkehr ziehen, ehe er Harry Tompkin auch noch über den Jordan schickt.“
„Die Fahndung nach ihm läuft bereits auf Hochtouren“, erklärte Mr. McKee. „Aber wir wissen ja, wie das ist. Der Schurke ist clever, und wahrscheinlich gelingt es ihm mühelos, durch die Maschen des Netzes zu schlüpfen, das wir zwar ausgelegt haben, das aber bekanntlich nicht besonders engmaschig ist, da es an Einsatzkräften mangelt.“
„Ein Hoch auf die Sparpolitik von Stadt und Regierung“, kam es sarkastisch von Milo.
„Nicht zu ändern“, seufzte ich. „Wo könnten wir ansetzen?“
„Frag mich was Leichteres“, murmelte Milo.
„Uns wird wohl nichts anderes übrig bleiben, als Harry Tompkin auf Schritt und Tritt zu überwachen.“
„Und zwar mit Harry Tompkins Wissen“, erklärte der SAC. „Er muss mit uns zusammenarbeiten. Nur so können wir Tom Hooker erwischen.“
„Wir – wir sollen mit einem Gangsterboss kooperieren?“, erregte sich Milo. Er saß plötzlich kerzengerade, als hätte er einen Besenstiel verschluckt. „Weiß Gott, wie viele Morde der Tompkin-Clan auf dem Gewissen hat. Das letzte Opfer war Lesley Clayton. Und jetzt sollen wir einen der Kerle, der ihren Mord wahrscheinlich in Auftrag gab, auch noch beschützen?“
„Wir müssen Tom Hooker das Handwerk legen, Milo“, mahnte ich. „Und das erfordert es eben, einen Weg zu beschreiten, der uns sicher allen nicht gefällt, der aber wahrscheinlich der einzige ist, um zu einem Erfolg zu kommen.“
Milo griff sich an die Stirn. „Das darf doch nicht wahr sein“, stöhnte er.
„Es ist eine besondere Situation, Milo“, ließ Mr. McKee vernehmen, „und außergewöhnliche Situationen verlangen außergewöhnliche Maßnahmen. Außerdem kann es uns in der Mordsache Lesley Clayton weiterbringen. Derart hautnah kommen Sie beide wahrscheinlich so schnell nicht noch einmal an Harry Tompkin heran.“
Milos Miene hellte sich etwas auf. „Das ist ein Argument, dem ich mich nicht verschließen kann, Sir“, gab er etwas steif zu verstehen.
Mr. McKee lächelte matt. „Ich werde mit Harry Tompkin telefonisch Kontakt aufnehmen. Er wird einverstanden sein, dass Sie für einige Zeit seine Leibwächter spielen. Schließlich geht es um sein Leben, von dem er weiß, dass es an einem seidenen Faden hängt, solange Tom Hooker frei agieren kann.“
„Ich freue mich schon auf die Zusammenarbeit mit der Kanaille“, knurrte Milo.
„Er wird uns nicht allzu tief in seine Karten blicken lassen“, dämpfte ich seine Euphorie. „Harry ist durch Billys Schule gegangen. Und Billy beging ein Leben lang die schlimmsten Verbrechen, ohne dass ihm auch nur ein einziges Mal was am Zeug zu flicken war.“
„Damit stellst du uns ja ein richtiges Armutszeugnis aus, Partner“, maulte Milo. „Harry Tompkin jedenfalls wird seine Karriere als Gangsterboss sehr bald beenden. Mein Wort drauf.“
„Ihr Job wird es zunächst einmal sein, dafür zu sorgen, dass Tom Hooker Harry Tompkins Gangsterboss-Karriere nicht mit einer schnellen Kugel beendet. Also, ihr beiden, ich werde euch informieren, wenn ich mit Tompkin gesprochen habe. Es ist ja auch möglich, dass er nicht mitmacht.“
Milo erhob sich und schaute grimmig.
Ich stemmte mich gleichfalls hoch und sagte: „Ich habe Ihnen doch von dem Mister berichtet, der bei Bill Tompkins Beerdigung war, Sir. Wir haben mal den Zentralcomputer etwas bemüht und haben uns auch ins Netz des Police Departement eingeklinkt ...“
„Und?“
„Bis jetzt Fehlanzeige. Wir sind auf keinen der Registrierten gestoßen, mit dem der Kerl etwas gemeinsam hätte.“
„Wahrscheinlich war er wirklich nur auf dem Friedhof, um von Bill Tompkin Abschied zu nehmen“, meinte Mr. McKee.
Wir verabschiedeten uns und kehrten in unser gemeinsames Büro zurück.
„Wenn Tompkin mich längere Zeit ertragen muss, dann wird er sich wünschen, von Tom Hooker erschossen zu werden“, versprach Milo mit kratzendem Grimm in der Stimme.
„Oder er erschießt sich selbst“, grinste ich. „Ich weiß, wie furchtbar du sein kannst in deinem Zorn.“
„Spaß beiseite – Ernst komm her“, grummelte Milo unversöhnlich und setzte sich vor seinen Computer, um weiter nach unserem Unbekannten mit dem hellgrauen Anzug, dem hellblauen Hemd und der rot-getupften Krawatte Ausschau zu halten.