Читать книгу Musik und Abschied - Peter Gülke - Страница 9

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Sie war gern in Kirchen Nicht wegen des Gebetsgemurmels oder der Gesänge, bei denen die Gemeinde der Orgel regelmäßig hinterherschleppt – »hoffentlich hält der oben sich die Ohren zu«; eher wegen des Blicks schräg nach oben in die Vierung zu dem ins steinerne Gewölbe hereingeholten Himmel. Und wegen der Grabplatten, die teils flachliegen, teils später aufgerichtet worden sind. Da liegen oder stehen sie nun, eine Phalanx zunehmender Abstraktionen, von aufdringlichen Details bis zu fast gelöschten Stricheleien reichend – Bischöfe, Äbte, Krieger, Amtsherren mit ihren Insignien, Bürgersleute an der Seite feiertäglich aufgezäumter Frauen, vollplastisch-weltlich für die Fahrt nach drüben gerüstet, mit Ornaten, schweren Ketten, Helmen, Hauben, Rüschen, Stehkragen bis hin zu den Imponierbeutelchen der Landsknechte, als könnten sie all das in die Ewigkeit mitnehmen; andere mit abgewetzten Konturen, abgeschmirgelten Nasen, Hirtenstäben, nur mehr Andeutungen von allem, was einstmals vorragte und nicht standhielt; manche als flach geritzte Strichfiguren knapp kenntlich, einige nur noch erahnbar, in steinerne Anonymität zurückpoliert.

Jahrhundertelang haben Schuhe der Kirchgänger die Toten zunehmend in die Unkenntlichkeit geschoben und die Mimikry widerlegt, mit der sie für die große Fahrt und das Gedächtnis der Nachwelt präpariert worden sind. Angesichts so freundlich verzögerter Erosion braucht man sie nicht als Fußabtreter missbraucht zu finden.

Einmal, als wir herumgingen, war’s besonders stimmig; da stellten wir uns vor, sie kröchen aus dem Verstummen heraus, tuschelten, redeten oder stritten miteinander. Doch wurden sie unterbrochen: Von oben ertönte die c-Moll-Passacaglia.

Musik und Abschied

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