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Große Scheine in kleiner Tasche
ОглавлениеÜppig war der Betrag nicht, den ich erspart hatte; unbedeutend klein auch nicht. Das Geld ausgeben, mir ein paar schöne Tage gönnen – dazu konnte ich mich nicht entschließen. Warum sollte ich Erspartes opfern? Dass vor dem Komma eine Null stand, wenn ich meine Ersparnisse günstig anlegen würde, lockte mich nicht aus der Reserve, obwohl der Berater zu bedenken gab, dass die Zinsen steigen könnten. Der günstigste Termin Geld anzulegen, sei jetzt, ob für mich oder für die Bank, sagte er nicht.
Ich konnte mich nicht entscheiden, obwohl namhafte Staatsbedienstete, Leute mit edlem Gemüt, versichern, Geld nur dort anzulegen, wo es möglichst wenig Zinsen abwirft. Es gewinnbringend anzulegen, entspreche nicht dem Geist der Zeit. So groß waren allerdings meine Ersparnisse nicht, dass ich es mir leisten konnte, sie am Rande der Welt nach und nach weniger werden zu lassen.
Gut für mich, nicht gut für den Berater, dass es noch andere Ratgeber gab, die Ratschläge erteilten, wenn es um Erspartes ging. Mein Erspartes nahm ich mit und ging zu einem, der sich auskennen musste. Ich benötigte keine große Tasche. Einige große Scheine fanden Platz in einer kleinen Tasche. Ich verspürte Genugtuung.
Der Berater erkannte, dass ich Erfreuliches mitzuteilen hatte. Er hatte viele Ideen. Ich merkte es, als er mit der Beratung begann. Seine Kompetenz überzeugte mich. Idee reihte sich an Idee. Es überraschte mich, wie viele Möglichkeiten es gab, große Scheine so anzulegen, dass ihr Wert am Ende nicht kleiner wurde. Ich war beeindruckt und stimmte einem besonders geeignet erscheinenden Plan zu.
Wie ich den dafür fälligen Betrag überweisen wolle, fragte er. Das konnte ich ohne Nach-denken beantworten. Ich streckte dem Berater meine Tasche mit den nicht ganz kleinen Scheinen entgegen. Der schien die Geste nicht zu verstehen und fragte noch einmal, wie ich das Geld überweisen wolle. Im Nachsatz fügte er etwas an, das mich irritierte. Es hatte mit gewaschenen Scheinen zu tun, die ein Problem darstellen könnten.
Dass die Bank meine Ersparnisse im Wasch-salon behandelt hatte, ehe sie mir ausgehändigt wurden, wusste ich nicht. Meine Ratlosigkeit war eindeutig. Die Abwehrhaltung des Beraters ebenso. Den Betrag solle ich über-weisen. Das, so riet er mir, müsse ich der Bank mitteilen, die mir die Scheine ausgehändigt habe.
Als ich dem freundlichen Berater der Bank, die mir die Scheine ausgezahlt hatte, wieder gegen-übersaß, merkte ich, wie schwierig der Um-gang mit Beratern und großen Scheinen ist. Der Berater freute sich, mich wieder zu sehen. Seine Beratung habe mich überzeugt, ihn erneut aufzusuchen, begann er und fragte, was er tun könne. Ich zeigte ihm meine Tasche, an die er sich erinnern musste. Damit tat er sich schwer. Bewusstseinsstörung? Er bat mich um Aufklärung. Damit tat ich mich schwer. Ich beichtete ihm meine Verfehlung, Geld von seiner Bank, dazu in großen Scheinen, ihm nicht mehr anvertraut und einem anderen Institut angeboten zu haben.
Er ging nicht darauf ein und erkundigte sich, welchen Betrag ich einzahlen wollte. Die Frage verstand ich nicht, da ihm die Summe bekannt war. In meiner Tasche wartete sie darauf, sich in vertrauter Umgebung einfinden zu können. Der Berater zeigte sich ratlos. Er könne nicht um Herkunft und Inhalt meiner Tasche wissen, räusperte er sich. Er empfehle mir den Aus-tausch meiner Ersparnisse von Bank zu Bank.
Das überforderte mich. Meine nicht kleinen, aber nicht zu üppigen Ersparnisse warteten im Niemandsland einer kleinen Tasche darauf, dorthin heimzukehren, von wo sie ihre Reise angetreten hatten. Die Ankunft blieb ihnen verwehrt. Die Begründung lag irgendwo hinter dem Horizont. Um dorthin zu gelangen, musste ich glühende Kohlen überwinden.
Ich spürte Hilflosigkeit und drückte die Tasche fest an mich. Ich ließ mir aber nicht anmerken, dass ich mir um deren Inhalt keine Sorgen machte. Über meine Scheine wollte ich fortan selbst bestimmen. Es sollte ihnen kein Leid widerfahren. Beratern einer Bank würde ich sie nicht anvertrauen. Wir waren keine gleich-gewichtigen Partner, da wir offenbar nicht im selben Orbit kreisten. Wir würden uns nicht auf gemeinsame Positionen einigen, weil die Kom-munikationsebenen zwischen mir, meiner Tasche und einer Bank nicht miteinander korrespondierten. Absage an die Normalität. Ich war gefangen in einem Kuriositäten-Kabinett, in dem ich meine Erwartungen laufend nach unten korrigieren musste.
Unser Finanzsystem bedarf der Korrektur. Bis sie verwirklicht ist, verbleiben einige große Scheine in meiner kleinen Tasche.