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Das Zirkuspony

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Es war eine schöne Zeit. Am liebsten wäre mir, sie würde nie zu Ende gehen. Immer war ich geduldig, gutmütig, zu allen freundlich. Durch nichts habe ich mich aus der Ruhe bringen lassen. Die Zuschauer habe ich zum Lachen und Staunen gebracht, wenn ich einen Hund oder eine Katze auf meinem Rücken reiten ließ.

Vor allem habe ich mich gefreut, wenn Kinder mir zusahen. Sie riefen laut meinen Namen, wenn ihnen an meinen Kunststücken etwas gefiel. „Prinz“, riefen sie, „bravo Prinz“. Ihr Beifall zeigte mir, was ich erreicht habe. Zu Kindern war ich immer freundlich. Ich war zu vielen Späßen bereit, um sie zu erfreuen. Ich stelle mich also vor: Prinz heiße ich - Prinz, das Zirkuspony.

Jetzt soll alles vorbei sein? Auf den Gnadenhof wollen sie mich abschieben. Ich sei in die Jahre gekommen und zu alt für den Zirkus, behaupten sie. Dass ich kürzlich operiert werden musste, sei der Beweis. Regelmäßiges Training bedeute Stress. Die Manege, in der ich meine Runden drehe und Kunststücke vorführe, sei eng; das habe meine Gelenke strapaziert. Ich dürfe nichts Unnötiges mehr riskieren.

Daher habe er im Zirkus keine Zukunft. Dies sei der Lauf der Dinge. Zirkustiere seien Arbeitstiere und nicht nur zur Unterhaltung der Zuschauer da. Hart arbeiten müssten sie. Ich hätte ein bequemeres Leben verdient.

Will ich das denn? Niemand hat mich gefragt. Ich kann mich nicht erinnern, über mein Leben geklagt zu haben. Meine Kunststücke seien nicht mehr so gefragt wie früher, sagen sie. Heutige Zirkusbesucher möchten Sensationen sehen; die könne ich nicht bieten.

Was soll ich da? Darf ich mich nur darüber freuen, dass ich noch lebe? Mein Freund, das Zebra, hat mich gewarnt. Der Gnadenhof sei letzte Station vor dem Schlachthof.

Nein, das will ich nicht. Auf ein Gnadenbrot verzichte ich. Ich bin nicht krank, nicht behindert. Die Lektionen und Gangarten, die ich gelernt habe, beherrsche ich immer noch. Pirouetten drehen, die Vorderbeine über-kreuzen, mich auf Kommando hinsetzen oder auf den Boden legen – alles beherrsche ich im Schlaf.

Es ist schön, wenn wir Neues einstudieren. Gestern haben wir das Ja- und Nein-Sagen geübt. Wenn ich Ja sagen soll, nicke ich mit dem Kopf von oben nach unten; bei Nein bewege ich ihn einige Male von links nach rechts. Manchmal habe ich das verwechselt, wie ich zugebe. Ich habe mich beschwert, als ich kein Leckerli bekam. Eine Möhre oder ein Stück getrocknetes Brot mag ich gern. Eine Naschkatze bin ich. Ich weiß aber, dass ich mich anstrengen muss.

Die Abwechslung im Zirkus tausche ich nicht ein gegen ein Leben auf dem Gnadenhof. Auch im Tierheim will ich nicht leben. Ich würde mich zu Tode langweilen und vor allem die Kinder vermissen. Solange ich lebe, bleibe ich Zirkuspony. Etwas anderes kommt nicht in Frage.

Du lieber Himmel

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