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KAPITEL 11

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Sie waren erst seit einer Minute in den Räumen des Hohepriesters, als es passierte. Raschid versteifte sich, sein Blick war irgendwo ins Unendliche gerichtet, er sank auf die Knie, sein Blick fixierte den Boden.

Uhra verlor das Bewusstsein, die Dunkelheit empfing ihn, eine sanfte Stimme aber sagte, er brauche keine Angst haben. Er hatte keine Angst.

Als er erwachte, wusste er nicht gleich, wo er sich befand. Auf dem Rücken liegend verspürte er keinen Schmerz, fühlte sich eher erholt, kräftig und ausgeruht. Die Decke über seinem Kopf war reich verziert, mit Motiven einer Jagd, Blau und Silber waren die vorherrschenden Farben. Er erinnerte sich, er war mit Raschid in dessen private Gemächer gegangen um etwas zu erledigen, etwas zu holen, aber was es war, das wusste er nicht mehr.

Vorsichtig richtete er sich auf, zwei helfende Hände unter den Achseln waren eine willkommene Unterstützung. Uhra drehte den Kopf, um zu sehen, wer ihm half. Raschid lächelte ihn väterlich an und sagte: »Na, geht es wieder?«

»Ja, ich denke schon, aber was ist passiert?«

»Oh, wie soll ich es erklären. Komm setzt dich hier hin und trink etwas.« Er reichte dem immer noch verwirrt dreinschauenden Priester ein Glas mit kühlem Wein.

Uhra nahm es dankend an. Der starke, herbe Wein brachte in vollends wieder in die Wirklichkeit zurück, Raschid schenkte nach, setzte sich neben seinen neuesten Oberpriester.

»Also, es ist etwas Wunderbares passiert, ja wunderbar. Ich kann es selber noch gar nicht glauben. Verstehst du? Sie war hier, hier in diesem Zimmer und hat mit mir gesprochen – zu mir von Angesicht zu Angesicht. Und sie ist so schön, so, so… göttlich.«

»Ich verstehe nicht, wer war hier und warum habe ich sie dann nicht auch gesehen?«

»Uhra, SIE war hier! Artemesea persönlich hat mit mir gesprochen. Oh, welch eine Aufgabe, was verlangt sie von mir. Wie soll ich das nur bewerkstelligen?«

»Artemesea war HIER!« Uhra war außer sich. »Hier in diesem Zimmer?« Jetzt erinnerte er sich an die sanfte und gleichzeitig kraftvolle Stimme in seinem Kopf. »Was hat sie dir gesagt? Und warum wollte sie mich nicht dabei haben!« Enttäuschung schwang in seiner Stimme.

»Du musst nicht enttäuscht sein! Artemesea hat zu mir in meiner Funktion als Hüter des Bogens gesprochen, unter vier Augen, du verstehst?« Der Hohepriester klopfte Uhra aufmunternd auf den Arm. »Ich bin mir nicht sicher, wie lange wir gesprochen haben. Auch bin ich nicht sicher, ob ich mit dir darüber sprechen darf. Artemesea hat es eigentlich untersagt, aber ich bin alt und der Aufgabe, die sie mir gestellt hat, nicht mehr gewachsen. Was ich dir jetzt sage, muss also unbedingt unter uns bleiben, weder Thealea, noch deine Freunde dürfen dies erfahren. Du musst es mir versprechen, ich will keinen Schwur, aber du musst es mir im Namen unserer Göttin versprechen!«

Uhra war unsicher. Er hatte keine Ahnung, was auf ihn zukommen würde, doch er kannte den Hohepriester als einen ehrbaren Mann und er war unendlich neugierig. »Ja, ich verspreche es!«

»Nun gut, so sei es. Artemesea verzeiht mir, aber ich bin ein alter Mann und ich glaube fest daran, dass dieser hier«, seine Hand ruhte auf der Schulter von Uhra, »für die mir auferlegte Aufgabe der Richtige ist. Er wird in deinem Namen obsiegen!« Raschid hatte zu der lebensgroßen Statue geschaut, die an der linken Wand seines Arbeitszimmers stand. »So, also, Artemesea hat mich als Hüter des Bogens aufgesucht, ein wenig auch als Verwalter dieses Tempels, aber mehr und dringender als Hüter. Auch sie hat von den Überfällen erfahren, gewusst, dass ihre Priester, unsere Brüder und Schwestern getötet wurden. Sie hat mir erzählt, dass der Speer, von dem wir vorhin gesprochen haben, wirklich zerstört wurde, sie kann ihn nicht mehr spüren. Es ist eine Katastrophe! Auch wurden weitere Klöster, Abteien und Tempel direkt oder indirekt angegriffen. Sie wird uns schützen, so gut sie es kann, aber wir müssen ihr helfen. Deshalb hat sie mir befohlen, den Bogen zu ihr in den Haupttempel nach Baskyton zu bringen!«

»Was? Ihr sollt den Bogen nach Baskyton bringen? Wie? Die Reise dorthin auf dem Landweg dauert fünf bis sechs Wochen, wenn es Schnee gibt in den kardischen Bergen, länger. Und per Schiff, durch die Enge von Anthea und durch die unruhigen Gewässer von Brachar ist es auch nicht schneller.«

»Ja, die Reise wird seine Zeit in Anspruch nehmen, deshalb muss jetzt alles sehr schnell gehen. Noch heute muss die geheime Gruppe aufbrechen. Niemand darf es erfahren, sie benötigen jeden Vorsprung, den sie haben können. Und du wirst diese Gruppe führen!«

Uhra war wie vom Donner gerührt. Er konnte nicht sprechen, halb aufgesprungen vor Schreck sank er nun wieder in den Sitz zurück.

»Ich? Das ist nicht euer Ernst. Aber ihr seid der Hüter! Ich bin nur… Es ist euer Ernst!« Die Gedanken rasten.

»Bitte beruhige dich! Es ist äußerst wichtig, dass du mir jetzt genau zuhörst. Wir haben nicht genug Zeit, um alles drei Mal durchgehen. Ich bin vor über vierzig Jahren Hüter geworden. Noch bevor ich zum Hohepriester dieses Tempels ernannt worden bin, ja sogar noch bevor ich überhaupt Oberpriester wurde. Zu dieser einen Gelegenheit ist mir Artemesea persönlich erschienen, hat mir die Aufgabe übertragen. Bis heute habe ich sie seit jenem Tage nur in meinem Kopf gehört. Heute war das zweite Mal, dass ich ihr persönlich begegnet bin. Seit diesem Tage bin ich der Hüter, der Hüter des Bogens und der Hüter über den geheimen Ort seiner Aufbewahrung. Ich kenne den Bann, der ihn verborgen hält. Nur ich kann ihn aus seinem verborgenen Refugium hervorholen. Und ich werde es tun. Dies ist, was unsere Herrin verlangt. Ich werde ihn dir übergeben, den wertvollsten Schatz, den wir hier im Tempel je hatten und haben werden. Er muss den Weg zu Artemesea finden! Du musst einen Weg finden, ihn sicher nach Baskyton zu bringen. Offensichtlich ist dir dieses schwere Schicksal auferlegt worden. Ich werde dir helfen, soweit ich es vermag. Da wir noch nicht genau wissen, wie der Feind in unseren Tempel gelangt ist und ob jemand aus unseren Reihen beteiligt ist, musst du ohne einen weiteren Anhänger unseres Ordens auskommen.«

»Was? Ihr erwartet von mir, dass ich ohne Hilfe des Tempels solch eine Reise antrete?«

»Nein, wie ich sagte, ich werde dir helfen. Ich gebe dir Geld, für die Ausrüstung und die Reise. Geh in die Stadt, kaufe, was du benötigst. Kaufe nur gute Sachen, beste Ausrüstung und gute Pferde. Erzähl niemanden, warum, außer…. Traust du deinen Freunden?« Raschids Blick in Uhras Augen war intensiv und schien bis weit hinter seine Augen, in sein Herz zu reichen.

Uhra antwortete nicht sofort, sagte dann aber: »Wir sind bestimmt nicht immer einer Meinung, leider nicht mal im Glauben, doch mein Leben würde ich jedem von ihnen anvertrauen, ohne zu zögern!«

»Gut so, denn dies werden deine Gefährten sein auf dieser Reise. Ich, Raschid al Degarus, Hohepriester Artemeseas, verfüge hiermit, dass du, Uhra Fahril, zusammen mit dem Nordländer Hagen, seiner Gefährtin der Magierin Gwendolin, dem Halbelf Nyander und dem Elfen Adderlin das Artefakt erhältst und es sicher nach Baskyton bringen wirst.«

Raschid hatte sich erhoben und segnend seine Hände auf den Kopf des jungen Mannes gelegt.

»So sei es. Ich werde alles mir Mögliche und mehr versuchen, um diese Aufgabe zur Zufriedenheit unserer Göttin zu erfüllen. Ich würde mein Leben dafür geben!«

»Nein! Sag so etwas nicht! Ich weiß, dass du alles in deiner Macht tun wirst, aber bitte sprich nicht vom Tod! Ich verbiete dir, zu sterben, nicht heute und nicht für diese Aufgabe, Artemesea hat so zu mir gesprochen!«

Uhra konnte darauf nichts erwidern. In seinem Kopf waren die Gedanken immer noch durcheinander.

»Schnell jetzt, ich habe tief in mir das Gefühl, dass wir keine weitere Minute verschwenden sollten. Hier nimm dies und beeil dich.« Raschid begab sich zu seinem Sekretär, eine verborgene Lade wurde geöffnet, und in seiner Hand erschienen ein kleiner schwarzer Lederbeutel, ein rotes Stoffsäckchen und zwei gläserne Violen mit blauem Band. Er stellte die Sachen vor Uhra auf den Tisch.

»Nimm dies, es müsste genug Geld sein, um euch auszurüsten, Unterkunft zu zahlen und Essen zu kaufen. Geh zu keinem der üblichen Händler hier in Calaman, suche welche, die sonst keinen Kontakt mit dem Tempel pflegen, und dich und deine Freunde nicht kennen.«

»Glaubt ihr wirklich, dass es so schlimm ist?«

»Ja, es ist arg, und wir müssen auf das Schlimmste gefasst sein. Tu meinen Rat nicht als überempfindlich ab, geh und suche deine Freunde, überzeuge sie, dich zu begleiten und brecht noch heute auf. Ich werde jetzt zu der Versammlung der Oberpriester gehen. Ich werde eine Entschuldigung finden, warum du nicht dabei bist. Es wird dir ein wenig Zeit geben, nutze sie.«

»Gut, ich habe verstanden, aber was ist mit dem Bogen?« »Natürlich, der Bogen, ich werde ihn holen und dir geben. Warte hier!«

Noch ehe Uhra etwas erwidern konnte, war der Hohepriester auf einen Abschnitt der Wand zugetreten, hatte eine Hand links daneben auf ein goldenes Ornament gelegt. Die Wand vor ihm wurde milchig, verschwand vollständig. Schnellen Schrittes machte der Hohepriester sich auf den Weg.

Uhra konnte nichts tun, als warten. Er begab sich zur Statue von Artemesea an der gegenüberliegenden Wand und kniete nieder. Er begann zu beten, still und intensiv. Er bat um Stärke, er bat um Schutz für seine Freunde, bat um Nachsicht für Raschid, weil dieser ihn einweihte.

Die Zeit verstrich, ohne das Uhra dies bemerkte. Er hatte sich tief in sein Selbst versenkt, um Kraft zu finden. Vorsichtig legte sich eine Hand auf seine Schulter

»Uhra, Uhra hörst du mich?« Raschid war zurück, musste den betenden Priester aus seiner tiefen Meditation holen.

»Ja, ich höre dich.« Er richtete sich auf. Raschid stand vor ihm, hielt einen Holzkasten in den Händen.

Das Holz war Nachtblau, drei Fuß lang und etwa einen halben Fuß breit, im oberen Teil gab es eine Schiebelade, mit einem Wachssiegel. Uhras Hände zitterten ein klein wenig, als er die Schatulle an sich nahm. Er konnte die Macht, die von dem Bogen ausging, durch das Holz spüren.

»Ich danke euch für das Vertrauen, welches ihr in mich setzt. Wisst ihr, wo ich meine Freunde finde?«

»Ja, sie sind im Gästebereich untergebracht, wartet« Raschid griff zu einer silbernen Glocke, ein feines Läuten war zu hören. Sekunden später öffnete sich die Tür ohne ein vorheriges Klopfen, und eine Novizin erschien.

»Carolina, bitte bringe den Priester zu den Gästen in den Besucherunterkünften, zur Meisterin Realonin.« An Uhra gewandt meinte er: »Geh und möge das Licht des Mondes mit dir sein!« Raschid machte das Zeichen des Mondes. »Und möge der Mond sein Licht über euch erstrahlen lassen. Bitte grüße Reywon von Bayn von mir, er ist der Hohepriester in Baskyton.«

Uhra machte sich sofort auf den Weg, seine Freunde zu finden, sie zu einer weiten Reise zu überreden, ohne ihnen die ganze Wahrheit sagen zu dürfen. Leicht würde es nicht werden, dazu kannten sie sich zu gut. Sie würden sich einen Teil zusammenreimen können, und er würde hoffentlich ihr Vertrauen nicht über die Maßen strapazieren müssen.

Der Bereich der Gäste war ruhig, es herrschte keine hektische Betriebsamkeit, wie in so vielen anderen Bereichen des Tempels. Seine Anwesenheit war unbemerkt geblieben, keine Glocke erklang und auch keine Quartiermeisterin erschien. Uhra bedankte sich bei der Novizin, schickte sie zurück zu ihrer Arbeit, und nutzte die eine Minute alleine, um ein wenig innere Ruhe zu finden. Er lehnte sich an die Wand, atmete tief durch, er wusste, dass die Zeit sein Feind war, dennoch musste er jetzt ruhig und besonnen handeln, andernfalls würde alles im Chaos versinken. Und er im Zentrum.

UHRA - Göttlicher Auftrag

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