Читать книгу UHRA - Göttlicher Auftrag - Peter Schwerthelm - Страница 6
KAPITEL 04
ОглавлениеDer Himmel ließ einen Rest Sonnenstrahlen erkennen. Nur ein paar Wolken trübten den Blick ins unendliche Blau.
Von unten aus dem zweiten Innenhof, in dem zu dieser Zeit die Waschzuber und Wannen standen, drangen Gelächter und Stimmen nach oben. Einige der anderen Gäste, zwei Männer einer Karawane, hatten sich je einen der kleineren Zuber geleistet, schrubbten sich den Staub der letzten Reise von der Haut und aus den Haaren.
Durch Leinen und Laken abgetrennt, gab es weitere Zuber, in einem der größeren saßen Gwendolin und Hagen. Sie hatte sich halb zu ihm umgedreht und sagte: »Du sollst mir den Rücken mit dem Schwamm schrubben und nicht deine Hände an meinen Brüsten wärmen.«
Hagen schnaubte los, und Gwen versuchte spielerisch, ihm eine Ohrfeige zu verpassen. Hagen fing mit Leichtigkeit ihre Hand ab, hielt sie fest und zog sie zu sich heran. Er küsste Gwens Fingerspitzen und lächelte sie dabei an. Gwens Blick wurde etwas milder, als sie sagte »Erst waschen und dann sehen wir weiter, mein starker Nordländer.«
Ihre freie Hand lag auf Hagens Bauch und rutsche langsam tiefer. Sie lächelte, und als er seinen Blick ihrer Hand folgen ließ, erhielt er eine volle Ladung Wasser ins Gesicht. Er prustete und es entbrannte eine Wasserschlacht. Gelächter und Flüche mischten sich mit Spritz- und Platschgeräuschen.
Einige Minuten später verstummte das Planschen und die beiden Protagonisten verließen die Bühne in Richtung ihres Zimmers. Eingehüllt in Tücher konnte keiner mehr Anstoß an ihrem Auftreten nehmen.
Die nächsten zwei Stunden war die beiden beschäftigt, all das nachzuholen, was sie in den letzten Wochen verpasst hatten.
Beide waren für einige Zeit erschöpft eingeschlafen. Nachdem Gwen erwachte, lag sie ruhig, um Hagen nicht zu wecken.
Er lag auf der Seite, das Gesicht war ihr zugedreht. Sie betrachtete ihn, die maskulinen Züge, seine blasse Haut, dachte an das erste Mal, als sie ihm begegnet war, in der Stadt Heldann.
Heldann war groß, größer als Nordahl und die Hauptstadt ihres Landes. Heldann war bunt und voll mit Menschen, Zwergen, Gnomen, Kobolden und Elfen, Wesen, denen Gwen noch nie in ihrem Leben vorher begegnet war. Die Reise aber hatte sie abgehärtet, ihre Muskeln gestärkt und ihre Menschenkenntnis geschult, daher fand sie sich in der großen Stadt einigermaßen zurecht. Fragen half immer. Informationen über den Magier, den sie suchte, erhielt sie trotzdem nicht. Alle wussten von Magiern zu erzählen, aber nicht von einem mächtigen Illusionisten. Nach wenigen Tagen beschloss sie daher, weiter zu ziehen, weiter in Richtung Nordwesten. Am letzten Abend im Gasthof hatte sie sich spät noch in den mäßig gefüllten Schankraum gesetzt, fand einen Tisch nahe dem Kamin. Das Wetter war kühl und die Wärme des brennenden Holzes angenehm.
Ihrer Aufmerksamkeit entging der Anfang des Streits, der sich zwischen drei heruntergekommenen Gesellen und einem großen Mann entwickelte. Es ging um angeblich verschüttetes Bier. Der Mann sollte den drei Tagedieben neues kaufen. Sein Akzent, mit der er die Gemeinsprache nutzte, war stark, ihr nicht bekannt. Klar war, er kam nicht von hier. Klar war aber auch, dass er sich von den Dreien nicht einschüchtern ließ. An seinem Stuhl lehnte ein Bastardschwert, dass er nicht nur zum Angeben besaß, wie sie bald schon erfuhr.
Die Drei waren auf Streit aus. Der erste Schlag kam verdeckt und traf den blonden Kämpfer unerwartet. Da er eine wattierte Lederweste trug, wurde die meiste Wucht aufgefangen, ohne ernsthaften Schaden anzurichten. Gwen schaute auf, wollte sich erheben und gehen. Auf eine Kneipenschlägerei hatte sie wirklich keine Lust. Die anderen Gäste waren nicht so ablehnend, achteten erst mal nicht auf die großgewachsene Frau, die ihre Sachen packte, ein paar Kupfermünzen für ihre Suppe auf den Tisch legte und Richtung Tür strebte. Der Blonde musste sich jetzt gegen alle drei Angreifer wehren, die ihn gleichzeitig mit Faustschlägen eindeckten, aber er wusste sich zu wehren, schlug zurück, ahnte dabei aber nichts von dem Vierten der Gruppe, der sich von hinten näherte und mit dem Dolch in der Hand dem Kampf eine andere Qualität geben würde. Wenn es schlecht lief, würde der Blonde getötet.
Kurzerhand entschloss sich Gwen einzugreifen. Nur ein wenig, damit der Kampf nicht so unausgeglichen sein würde. »Thundrek-shrun.« Sie sprach in der Sprache der Magie, nicht sehr laut, unterstützt von ein paar Gesten, es sollte reichen, den vierten Mann soweit abzulenken, dass er keinen größeren Schaden anrichten würde.
Der Zauber aber fiel heftiger als geplant aus. Sollte der Mann durch einen Lichtblitz kurz geblendet werden, so gab es einen deutlichen Blitz, der alle blendete. Der Mann stolperte, führte seine ursprünglich geplante Aktion nicht zu Ende.
Die anderen Leute, die sich im Gasthof befanden, schreckten auf, suchten nach der Ursache für den Blitz, und da Gwen noch ihre Hände nach vorne streckte, waren bald alle Blicke auf sie gerichtet. Die Furcht vor Magie war spürbar, erste Stimmen erhoben sich, diesmal in ihre Richtung. Plötzlich aber stand der blonde Hüne vor ihr und zerrte sie aus der Gaststube. Er begann leicht zu rennen, zog Gwen hinter sich her.
»Lass mich los du blöder Ochse.«
Hinter der nächsten Biegung drehte er sie zu sich rum und ließ ihren Arm los. »Was sollte das da drin?«
»Ich habe dir helfen wollen, einer hatte einen Dolch.«
Seine leicht aggressive Miene wandelte sich in Erstaunen. »Danke.« Er drehte sich um, lugte vorsichtig um die Ecke. »Wir sollten weitergehen, sie suchen uns immer noch.«
Minuten vergingen, beide schritten nebeneinander her.
»Ich werde Hagen genannt«, sagte er plötzlich. Hagen war stehengeblieben und schaute Gwen hinterher.
»Man nennt mich Gwen, eigentlich Gwendolin, ist aber zu lang.« Gwen kam ein paar Schritte zurück, stand nun direkt vor Hagen.
Von diesem Tag an reisten sie zusammen, ohne genau zu wissen, warum. Hagen besaß kein festes Ziel, nur zurück in den Norden, den hohen Norden, wollte er auf keinen Fall. Gwendolin fragte nicht nach dem Warum, er würde es schon erzählen, irgendwann.
Das Wetter hatte sich schnell verschlechtert und die beiden gezwungen sich einen geeigneten Unterschlupf zu suchen. Da es auf dem Weg, den sie gekommen waren, keinen Gasthof gab - den letzten hatten sie vor drei Tagen passiert - wollten sie sich an den Bauernhof wenden, der abseits des Wegs zu sehen war.
Wie sich herausstellte, war es eine Art Kloster, ein Ort, an dem gearbeitet und gebetet wurde. Die heiligen Schwestern und Brüder fragten nicht nach dem Woher oder dem Warum. Ruhe und Glaube war die Maxime. Nicht der Ort, an dem Gwen gerne sein wollte, aber eine Alternative war nicht in Sicht.
Sie wurden freundlich aufgenommen, mussten für ihre Mahlzeiten hart arbeiten, waren in Gesellschaft und saßen an einem warmen Feuer. Man gab ihnen einzelne Zimmer. Sie waren noch kein Paar, aber der lange Winter brachte sie einander näher. Der Schnee fiel leise und die Ruhe übertrug sich auf Gwen. Schneeflocken fielen zart auf das Land und überdeckten die Landschaft mit ihrem Zauber….
»Hey.« Hagen schubste Gwen leicht, riss sie aus ihrem Halbschlaf, sie schaute sich um. »Hört auf damit.«
Sie lag zugedeckt im Bett. Hagen beobachtete sie. Aber es schneite, die Temperatur war deutlich gefallen. Hagens Blick traf sie, und Gwen schüttelte sich leicht, der Schnee vor ihren Augen verschwand von einer auf die andere Sekunde.
»Hab wohl ein wenig geträumt.«
»So hast du auch ausgesehen. Wo bist du gewesen?«
»Ich habe von unserem ersten gemeinsamen Winter im Kloster geträumt.«
»Ach ja, war nett dort.«
Gwen hob leicht den Kopf. »Nett? Es war nett mit mir dort?« Sie boxte Hagen gegen die Schulter.
»Au, du sollst mich nicht schlagen. Ja, es war eine sehr schöne Zeit. Ich hätte nicht gedacht, dass unter der rauen Schale, die du so perfekt an den Tag gelegt hast, ein so fantasiereicher Geist steckt. Die Nummer in dem Gasthof in Heldann war schon sehr speziell.« Er schaute ihr in die Augen. Sein Blick sagte ihr, dass er es ehrlich meinte. »Ich genieße jeden Tag mit dir!« Hagen schob seine Hand unter die Decke, legte sie auf ihren Bauch. Seine Hand fuhr ihren Bauch hoch, sein Finger tippte an ihre Stirn. »Ich möchte noch viele Jahre mit dir verbringen, bitte pass auf deine Fähigkeit gut auf. Ich kann dich nicht immer beaufsichtigen.« Ein erneutes Lächeln umspielte seine Lippen. Dafür erhielt er noch einen Schlag gegen die Schulter.
»Du bist ein alter Chauvinist. Glaubst Du wirklich, ich könnte nicht selbst auf mich aufpassen? Ich zeig dir gleich mal, wer hier auf wen aufpassen muss!« Ihre Stimme war lauter geworden und eine leichte Röte überzog die Wangen.
Hagen lehnte sich zu Gwen hinüber, versuchte sie zu küssen. »Lass das, du glaubst wohl, du könntest dich mit ein paar Küssen einschleimen! Ich will einen Mann, der mich versteht und mich achtet, der zu mir steht!«
»Mach ich doch! Ich habe volle Hochachtung vor deinen Fähigkeiten und werde immer zu dir stehen!« Seine Augen blinkten kurz auf. Gwen schnaubte leicht verächtlich, ihre Hand hob die Decke. Sie sagte »Sehe ich nicht!« Sein Protest ging im anschließenden Gerangel unter. Sie liebten sich erneut.
Erst ein energisches Klopfen sollte sie wecken.