Читать книгу UHRA - Göttlicher Auftrag - Peter Schwerthelm - Страница 3
KAPITEL 01
ОглавлениеSie waren auf dem Rückweg. Die Sonne verschwand langsam hinter den Bäumen des Waldes, in dem sie ihren Weg suchten. Die einbrechende Dunkelheit verstärkte den Eindruck, dass der Wald nicht mehr länger ihr Freund war. Selbst Adderlin, von dem sonst immer eine besondere Ruhe und Ausgeglichenheit ausging, wirkte nervös und mahnte zur Eile, die feingliederige Hand des Elfen lag griffbereit auf dem Heft eines seiner Schwerter.
Der Wald, der nicht nur für Geschöpfe wie ihn normalerweise einen Ort der Erholung darstellte, erfüllte alle Mitglieder der Reisegemeinschaft mit Unruhe. Zu viele schlechte Erinnerungen schwebten wie schattenhafte Geister über ihnen, denn hier in diesem Wald, alt und voller Bäume, mächtige, grüne Riesen, waren sie zum ersten Mal dem Tod begegnet. Vier Tage waren seither vergangen, doch die Erinnerung an den Kampf war präsent, steckte jedem Einzelnen noch tief in den Knochen.
Erinnerungen, qualvoll und schmerzhaft, Erinnerungen an Orks, die sich zum ersten Mal mit den Ogern verbündet und sie aus ihrem kleinen schäbigen Hinterhalt heraus fast besiegt hatten. Es war ein Kampf auf Leben und Tod dabei herausgekommen. Die groben Waffen der Orks wurden lauthals geschwungen und zerteilten die Luft auf der Suche nach vermeintlich leichter Beute, weichem Fleisch. Dem Instinkt und der Wachsamkeit des Elfen war es zu verdanken, dass sie im letzten Moment noch ihre eigenen Waffen ziehen konnten, nicht wehrlos den brutalen Schlägen der grausigen Kreaturen ausgeliefert waren. Die Orks waren willens gewesen, sie zu töten, doch gegen die Erfahrung der Kämpfer um Uhra konnten sie nicht bestehen. Sie starben, einer nach dem anderen. Glieder wurden abgetrennt, Bäuche geöffnet, Blut vergossen. Nachdem ein halbes Dutzend von ihnen den Waldboden mit ihrem stinkenden Lebenssaft besudelten, flüchtete der Rest.
Ihre Aufgabe oder besser gesagt die Aufgabe von Uhra, dem Priester der Mondgöttin Artemesea, und seinem Orden war es eigentlich nur gewesen, die verlassene Burg zu finden und sie für den Orden als Außenposten zu beanspruchen. Was aber war nun aus dieser Mission geworden?
Uhra hockte auf einer Lichtung, die kurze Rast bot den Gefährten die Gelegenheit, die müden Glieder auszuruhen, sich zu erholen von Kampf und Reise. Er hatte sich von den anderen entfernt, genoss einen Moment lang die Natur, die Ruhe und die Einsamkeit, seine liebsten Begleiter, wenn man von den Freunden, die nur wenige Fuß entfernt von ihm rasteten, absah.
Er blickte auf, betrachtete die Bäume und seine Freunde, erinnerte sich daran, wie es zu dieser Reise kam.
Es wurden mutige Angehörige des Hochtempels seiner Göttin zu Calaman gesucht, die sich freiwillig für eine wichtige Mission zur Verfügung stellten.
Die Auswahl der `Freiwilligen´ wurde schnell und ohne Widerspruch durch den höchsten Vertreter Artemeseas in Calaman, Rashid al Degarus, seines Zeichens Hohepriester, ausgeführt.
Einer der wenigen unter den Auserwählten, der tatsächlich freiwillig mitgehen wollten, war Uhra, den die Aussicht auf diese Mission mit Unruhe, besser gesagt mit Enthusiasmus erfüllte.
Uhra Faril war seit jeher getrieben von dem Wunsch, in die Welt auszuziehen, und er hatte bei anderer Gelegenheit bereits bewiesen, dass er sich in der `Wildnis´ behaupten konnte. Für ihn bedeutete die Auswahl vor allem Anerkennung, da er von vielen geschnitten wurde, er der Außenseiter, der Wilde, der lieber im Busch lebte, als im Tempel seiner Göttin zu dienen.
Er blickte auf Bäume und Blätter, auf Eicheln und die Erde, was brauchte man sonst zum Leben? Außer dem Mond natürlich!
Er erinnerte sich gut daran, mit wie viel Stolz es ihn erfüllte, dazuzugehören. Die Aufgabe schien simpel und der Weg nicht mehr als zwanzig Tagesmärsche von Calaman entfernt. Eine alte Ruine war das Ziel, eine Burg aus vergangenen Zeiten. Das Studium alter Schriften hatte zutage gefördert, dass hier vor über sechshundert Jahren seine Göttin Artemesea persönlich erschienen sein soll, um die Feste zu weihen und mit ihrem göttlichen Schutz zu versehen. Diese heilige Erde sollte nicht länger ungenutzt bleiben, sie sollte Ruhm und Ehre für Artemesea hervorbringen.
Geridion, seines Zeichens Oberpriester zweiten Grades, führte die Gruppe, er sollte den göttlichen Schutz gewährleisten. Mit Artemesea und ihrem göttlichen Schutz würde ihnen nichts geschehen können, das hatten sie jedenfalls gedacht.
Uhra selbst hatte die Aufgabe erhalten, seine Erfahrung in der Wildnis mit einzubringen. Zur Überraschung aller Beteiligten verfügte der Hohepriester außerdem, dass zu ihrem Schutz eine Gruppe erfahrener und vor allem bewaffneter Söldner gesucht würde, was Anlass zu vielen Fragen gab.
Uhra blickte in die Dämmerung, lächelte bei dem Gedanken daran, wie glücklich er war, als er erfuhr, dass Adderlin, Gwen, Hagen und Nyander zu jener Zeit in der Stadt weilten, so dass er versuchen konnte, sie als Gefährten für die Reise zu gewinnen. Er kannte sie seit Jahren, hatte mit ihnen zusammen auf Reisen viele Abenteuer erlebt und wusste, dass er und auch die anderen Mitstreiter sich auf sie verlassen könnten, obwohl die Frage des Glaubens zwischen ihnen immer wieder einen Anlass zu Diskussionen gab.
Uhra musste schmunzeln, wenn er daran dachte, wie er mit ihnen über sein Vorhaben und seinen Wunsch, sie dabei zu haben, sprach.
»Wir sind nicht die Ammen von Kindern und Priestern«, tönte mit schnippischem Unterton der Nordländer Hagen.
Uhra zog die Augenbraue hoch und wollte schon zu einer harschen Antwort ansetzen. »Aber wie könnt ihr….«, als Nyander ihm mit einem Stoß in die Seite den Atem nahm und sagte: »Gut, ich komme mit, bei so viel göttlichem Schutz muss die Reise ein Spaß werden.«
Die sieben auserwählten Priester waren ob ihrer neuen Begleiter zunächst nicht begeistert. Es störte sie, dass die Fremden nicht an Artemesea glaubten, und schlimmer noch war die anwesende Dame, die ihnen als Gwen vorgestellt wurde, welche offensichtlich magisch begabt war und auf das Entschiedenste die Macht der Götter verneinte.
»Meine Gabe ist nicht von Göttern gegeben!«, sagte Gwen. »Meine Fähigkeit ist angeboren und durch harte Arbeit weiter entwickelt.«
Das war typisch für Gwen, selbstbewusst wie sie nun mal war. Uhra musste erneut lächeln.
„Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache.“ Neben Uhra tauchte plötzlich der Elf auf. Sein Gesicht war von Sorgen erfüllt, und auch auf Uhras Gesicht erstarb das Lächeln. Die gute Stimmung wurde durch ein Gefühl verdrängt, das einer eiskalten Hand, die einem von hinten in den Nacken griff, nahekam.
Ein Kribbeln lief Adderlins Arme hinauf. Er war mehr als beunruhigt, gerade weil der Wald doch seiner eigenen Heimat am nächsten kam. Hier und jetzt stimmte etwas nicht. Zuerst waren es tote Vögel am Rande des Weges, welche die Reisenden zur Vorsicht mahnte, dann wurde ein Ghul, ein Untoter, mit dem nicht zu spaßen war, durch ihre Geräusche und den Geruch von Nahrung angelockt. Sein jämmerliches Dasein endete durch das göttliche Gebet eines der Priester, der zur Wache aufgestellt war. Ein blaues Licht legte sich wie eine Corona um den Körper des Ghuls. Ein Aufschrei, so grausam, dass er nicht von einem lebenden Wesen stammen konnte, drang durch die Nacht. Der Untote schlug um sich, griff nach einem Gegner, den er nicht bekämpfen konnte. Unglücklich versuchte er sich das Licht des Mondes von der Haut zu kratzen. Gleichzeitig wurde er durch die zwei schnell geführten Klingen des Elfen von den Beinen geholt. Danach schien die Reise wieder sicher zu sein, doch schon der nächste Tag brachte die Ernüchterung.
Uhra versuchte halbherzig, Adderlin zu beruhigen, ihn selbst aber rissen die Ereignisse, die sie auf der eigentlich friedlichen Mission, ereilten, hin und her. In der Nacht fiel er in einen unruhigen Schlaf. „Artemesea, bitte steh uns bei“, murmelte er immer wieder, als plötzlich ein Schrei die Stille zerriss. Getroffen von einem Pfeil, schrie einer der Anhänger der Mondgöttin seinen Schmerz in die Welt hinaus, doch der Blick in das umliegende Grün brachte keine Erkenntnis darüber, wo der Angriff herkam. Uhra sprang auf und blickte sich verzweifelt um. Durch das Geäst der grünen Bäume konnte man schon die strahlende Sonne sehen. Vielleicht hatte das sie unvorsichtig werden lassen.
Dem ersten Pfeil folgte ein Speer und weitere Pfeile ließen sie wissen, sie waren zahlenmäßig unterlegen, die göttliche Kraft der Heilung würde hier alleine nicht ausreichen. Waffen wurden gezogen. Zwanzig bis fünfundzwanzig Orks und mindestens ein Oger befanden sich im Unterholz beiderseits des Weges.
»Versucht in den Schutz der Bäume zu kommen«, riefen Nyander und Uhra fast gleichzeitig.
Hagen und Gwen bahnten sich gemeinsam einen Weg ins Grün des Waldes, Hagen rannte vorweg mit seinem Bastardschwert in der Hand. Die Magierin lief ihnen gestikulierend und mit fremder Sprache auf den Lippen hinterher. Die beiden gaben ein gutes Paar ab, ergänzten sich in jeder Lebenslage. Was Hagen nicht mit seinem Schwert traf, konnte Gwen mit ihrer Magie erreichen. Als sie ihren Zauberspruch vollendete, gab es ein lautes Zischen und ein ganzer Schwarm fetter, aggressiver Hornissen flitzte durch die Büsche auf der Suche nach Opfern, die zu stechen waren. Bald schrien Orks im Wald. Die Insekten stachen gezielt auf Augen und Ohren ein und die abgelenkten Orks wurden ein leichteres Ziel für die Priester und die Gefährten. Schwerter wurden gezogen, die Freunde kämpften und waren den Angreifern bald überlegen.
Selbst Storus, der Priester-Novize, ein friedliebender junger Mann, feingliederig gebaut, spürte zum ersten Mal in seinem Leben die Aufregung, die ein solcher Kampf mit sich brachte. Nimm das, dachte er voller Eifer und schlug auf einen am Boden liegenden Ork ein, bemerkte dabei aber nicht den anderen Ork, der hinter ihm aus einem Strauch gekrochen kam, sich aufrichtete und den rostigen Speer tief in den Rücken des Unglücklichen versenkte. Der Tod kam schnell, niemand war in der Lage, zu helfen. Storus Augen wurden glasig, Blut quoll aus seinem Mund und der Wunde an Brust und Rücken. Mit letzter Kraft versuchte er ein Gebet zu sprechen, aber es kam bloß roter Schaum aus seinem Mund. Er kippte nach vorne und fiel ins hohe Gras.
Der Ork riss seine Waffen aus dem toten Priester, suchte nach einem neuen Gegner, und so starb der junge Mann aus dem fernen Osten Brachans ohne jede Hilfe, darauf wartend, dass Artemesea seine Seele in ihren Schoß nahm und ihn ins Licht des Mondes führte.
Der Ork, in den Jubel ob seiner tollen Tat verfallen, spuckte plötzlich Blut, sein Grinsen wurde zu einem Schrei des Entsetzens, als ihm die Zweililie von Nyander in den Hals fuhr und diesen bis zur Lunge öffnete.
Weitere Orks starben von diesem Moment an auf dem Schlachtfeld des Waldes, schnell und ohne Bedauern, stellten, angeschlagen durch die Hornissenattacke, keine Gegner mehr dar.
Die Oger dagegen waren stark wie zwei Ochsen und dumm wie Bohnenstroh. Sie steckten viele Schläge weg und teilten noch mehr aus. Ein Anhänger des Mondes wurde von der Keule des untersetzten Ogers getroffen und fünf Meter durch die Luft geschleudert, der in vollem Saft stehende Busch aber war die Rettung. Brechende Äste fingen den Sturz ab, so dass der Priester verletzt überlebte. Er blieb bewusstlos liegen, und der Oger glaubte seinen Gegner tot, drehte ab und wurde von Geridion mit einem lauten »Artemesea sundorrensol« empfangen. Er hatte seine so sorgfältig gepflegte Beherrschung verloren und raste auf den Oger zu. Der Mondstein am Ende seines geweihten Stabes glühte in fahlem Licht. Ein Strahl dieses Lichtes traf den Oger ins Gesicht, und wie von einer riesigen Axt gefällt, sank er auf den Waldboden nieder.
Durch die Macht der Anrufung erschöpft, ging auch Geridion ohnmächtig zu Boden.
Die verbliebenen sieben Orks wurden durch den Fall des Ogers verschreckt, sie flohen und ließen den zweiten Oger allein zurück. Adderlin brachte ihm eine stark blutende Wunde am rechten Bein bei, und nach einem mächtigen Hieb mit seiner Axt in Richtung des Kopfes von Adderlin, ließ der Elf sich nach vorne fallen, landete zwischen den Beinen des verdutzten Angreifers. Wie ein Pfeil auf Bogens Sehne schnellte der Elf hoch und stieß seine beiden Elfenklingen in den ungeschützten Unterleib des Unholdes. Ein erschütternder Schrei war die letzte Handlung des Ogers. Er stürzte und riss im Fallen noch eine junge Birke mit sich zu Boden.
Die eintretende Ruhe nach dem Kampf war bedrückend. Kodasis versuchte noch mit der ihm innewohnenden Kraft der Heilung den jungen Priester zu retten, aber es half nichts, Storus war bereits zu seiner Göttin gerufen worden. Das blaue Licht des Heilzaubers perlte von der Haut des jungen Mannes ab und versickerte im Boden. Unter Tränen sprach Kodasis ein kurzes, intensives Gebet, mit der Bitte an Artemesea, ihren Jünger in den heiligen Hallen gut zu behandeln.
Der Elf murmelte etwas vor sich hin, dass wie »Ich habe sie nicht mal gerochen« klang.
Gwen rezitierte etwas Unverständliches in einer alten Sprache, hob die Augenbraue und sagte: »Hier hat jemand mit einem Zauber nachgeholfen.«
»Was meinst Du damit?«, fragten Goleren und Kodasis gleichzeitig.
»Sie meint, dass die Bande von stinkenden Kreaturen gezielt auf uns angesetzt wurde. Es wurde ihnen geholfen, diesen Hinterhalt zu planen und sich zu tarnen«, sagte der Elf gereizt. »Wieso sollte dies jemand tun?«, Geridion schaute fragend in die Runde.
»Wir haben hier mit niemandem einen Streit, unsere Mission ist friedlich!«
»Und wer wusste so genau, welchen Weg wir nehmen würden?« Keiner konnte die Fragen beantworten, das Gefühl der Reisenden verschlechterte sich weiter.
Uhra und seine Brüder konnten mit vereinten Kräften die Wunden von Hagen und den anderen Verletzten versorgen. »Artemesea sun heleas drumm« Ein blaues klares Licht strich über die wunde Stelle an Hagens Stirn, es kribbelte und als er nach der Wunde tastete, fand er noch nicht einmal eine Narbe vor.
Geridion und zwei weitere Artemesea-Streiter fingen an, den jungen Novizen zu bestatten. Sie hatten bereits den Umhang von Storus aus seinem Gepäck geholt und ihn darin eingewickelt. Der Bogen, das Zeichen der Göttin Artemesea, war darauf zu erkennen. Man reinigte das Gesicht, so dass es aussah, als ob der junge Mann nur einen kurzen Schlaf auf dem grünen Waldboden machte. Die Priester versuchten, auf einer nahen Grünfläche Pflanzen auszugraben, damit Platz für den Toten, den sie leider nicht mitnehmen und gebührend beerdigen konnten, sein würde, und wurden jäh unterbrochen. Nyander und Gwen setzten sich mit deutlichen Worten dafür ein, den Wald zu verlassen und zwar so schnell wie möglich.
»Wie kannst du Bastard von einem Elf von mir verlangen, meinen Ordensbruder hier so einfach in der Wildnis liegen zu lassen!« Ein schriller Aufschrei von Trauer umnebelte Kodasis.
Die Beleidigung des Priesters traf Nyander unerwartet, ein dunkles Funkeln umspielte seine Augen. Seine Hand fasste den Dolch, der in seinem Gewand steckte, doch Adderlins Hand landete schnell auf der Schulter von Nyander, und Geridion strafte seinerseits den Glaubensbruder mit einem mahnenden Blick. »Dies ist nicht die Zeit für Streitereien, der Feind ist noch nah und wir brauchen unsere Kraft – gemeinsam.«
Zweige und Laub wurden zusammengesucht, während Adderlin und Nyander aufmerksam den Wald beobachteten, bis der Leichnam bedeckt werden konnte. »Artemesea beschütze ihn.«
Mit düsteren Mienen und Wut im Bauch machten sich die verbleibenden Gefährten auf, den Rand des Waldes, der nicht mehr sehr weit entfernt lag, zu erreichen.
Hagen und Adderlin mahnten zur Eile. Jeder Stopp könnte ihr letzter sein.
»Wir sollten ein wenig laufen, um schneller voran zu kommen«, rief Nyander besorgt.
Nach zwei weiteren Stunden entschlossen sie sich zu einer Pause. Das Laufen hatte denen, die nicht an diese Art der Bewegung gewohnt waren, hart zugesetzt. Sie duckten sich in das hohe Gras, eine Trinkflasche wurde herumgereicht, leises Kauen war zu hören, einige der Priester atmeten schwer.
Uhra kniff die Augen zusammen und blickte sich um. Die Landschaft war unberührt. Hätte er Zeit gehabt, er hätte sicher die ein oder andere noch unbekannte Pflanzenart entdeckt. Sein Blick aber suchte die Umgebung nach Feinden ab.
Gebete an Artemesea sollten allen mehr Zuversicht spenden, danach war es wieder Nyander, der zum Aufbruch drängte.
Der Elf wies die Richtung und setzte sich an die Spitze der Gruppe. Ihm folgten die Magierin, die Priester und Hagen. Das Ende bildete Nyander, der, genau wie der Elf, auch im Dunkel gut sehen konnte. Keiner wusste gegen diese Vorgehensweise etwas einzuwenden. Die Möglichkeit, dass einer der beiden frühzeitig eine Warnung geben konnte, wenn Gefahr nahte, hatte keinen Widerspruch zugelassen, obwohl die Priester unterschwellig immer noch der Meinung waren, sie selbst sollten auf dieser Reise die Führung innehaben.
Uhra erreichte Hagen, der am Kopf der Truppe neben Adderlin zu finden war. Hagen blickte den Elf finster an, sah in den Himmel und rief: »Wo genau führst du uns eigentlich hin, Elf? Dies ist nicht die Richtung zur Ruine!« Wie auf ein Zeichen hin blieben die verbliebenen Mitglieder der Gruppe stehen und sahen den Elfen erwartungsvoll an.
»Was soll das heißen, wir laufen nicht in die Richtung der Ruine?«, fragte Kodasis mit unterschwelligem Zorn.
»Ich denke, es ergibt keinen Sinn, auf Kosten unser aller Leben diese Ruine zu finden.« Adderlin zeigte in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Wir haben schon drei Mitglieder dieser Gruppe verloren und wenn derjenige, der hinter diesen Angriffen steckt, solche Horden zusammenrufen kann, dann werden wir die Ruine vielleicht noch erreichen, sie aber nicht mehr lebend verlassen.«
»Was sollen wir deiner Meinung nach also tun?« Geridion konnte eine unfreundliche Note in seiner Stimme nicht verbergen.
»Sollen wir aufgeben und unsere Göttin enttäuschen?« Die Missbilligung war deutlich zu spüren.
»Adderlin hat recht, wir sind hier auf verlorenem Posten.« Hagen sprach leise, aber bestimmt.
Kodasis holte tief Luft, der Ausdruck in seinem Gesicht zeugte von vehementem Widerspruch, aber bevor er noch ein Wort sagen konnte, legte Geridion ihm seine zittrige Hand auf den Arm.
»Bitte, halt ein. Ein Streit bringt uns nicht weiter. Wir sind in dieser Wildnis nicht zu Hause. Unser Glaube kann viel bewirken und wir werden im Namen von Artemesea die uns zugefügten Übel nicht vergessen – aber hier muss der Verstand uns den richtigen Weg weisen.« Der Oberpriester war nicht nur mental erschöpft, er war auch enttäuscht.
»Wir müssen weiter – wo auch immer hin.« Eindringlich durchdrangen die Worte von Nyander die Nacht.
Gemurmel folgte, und Geridion verfiel in ein kurzes Zwiegespräch mit seinem Freund und Mentor Kodasis. Kodasis war wütend, gab aber dem Flehen seines Freundes nach.
»Wir gehen zurück – zurück nach Calaman.«
Der Rückweg war unruhig, niemand wagte zu sprechen, die Pausen, die sie machten, um zu schlafen, oder die Wunden zu pflegen, blieben kurz.
Nur noch einmal wurden sie angegriffen, aber der Feind hatte sich früh verraten und eine grimmige Entschlossenheit die Gruppe gepackt.
Hinterher fragte Hagen seine Gefährtin gereizt: »Warum machst du keinen Sichtschutzzauber, der uns schützt? Du kannst doch so was!«
Die Magierin hob nicht weniger gereizt ihre Augenbraue. Ein sicheres Zeichen, so wusste Hagen, dass Gwen sehr wenig erbaut davon war, öffentlich über ihre Fähigkeiten zu diskutieren. Wie viel ihr an Magie allerdings noch nach den widerholten Kämpfen zur Verfügung stand, bevor es ihre eigene Lebensenergie verzehrte, wusste sie nicht. Und trotzdem: »Ist ja gut, ich werde uns vor neugierigen Augen schützen«, raunte sie.
Gwen bewegte sich in einem Kreis um die Sitzenden. Nur ein Gemurmel war zu vernehmen, aber Nyander spürte ein leichtes Kribbeln auf seiner Haut – Magie.
»Wenn wir in drei Tagen zurück in Calaman sein werden, muss ich sofort mit unserem Hohepriester sprechen«, sagte Geridion.
Der Rest des Heimweges war angespannt, blieb aber ereignislos.