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2. Privatheit – ein digitales Schutzgut?

Warum es gut ist, etwas zu verbergen zu haben

2.1 Das Verschwinden des Privaten

Privatheit ist ein Wert, der im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung ein sehr kostbares Gut geworden ist. Der Grund hierfür ist, dass Privates im alltäglichen Handeln immer seltener geschützt werden kann. So werden personen- und aktivitätsbezogene Daten nicht nur im analogen öffentlichen Raum (z. B. durch Videoüberwachung, Nutzung von Payback-Karten) oder bei der digitalen Kommunikation in sozialen Medien (wie bei Facebook, Instagram, YouTube), bei der Suche nach Informationen (Google) oder dem Konsum im Web (z. B. Amazon, Airbnb, Zalando) erhoben. Auch in unserer Privatsphäre (Privatwohnung, privates Auto) und unserer Intimsphäre (etwa durch Schlaf-Apps, digitale Thermostate im Schlafzimmer) findet eine verstärkte Datengenerierung statt. Das Internet verbirgt sich somit auch in den uns vertrauten ›Dingen‹ des alltäglichen Lebens. Wir sprechen deshalb von einer zunehmenden Datafizierung der Privatsphäre.10

Wie das folgende Beispiel zeigt, kann auch Kinderspielzeug zum Überwachungsspion werden: »My Friend Cayla«, eine blonde Puppe mit blauen Augen, wurde 2017 von der Bundesnetzagentur in Deutschland verboten, weil sie als »versteckte, sendefähige Anlage« einzustufen ist, von der man nicht weiß, ob und wohin sie die Gespräche des Kindes übermittelt. Cayla verfügt über ein Mikrofon und verbindet sich über Bluetooth mit ihrer App. So kann sie Gespräche und Fragen des Kindes aufnehmen und beantworten. Die Kinderstimmen werden wiederum auf einem US-Server erfasst und können zu Werbezwecken ausgewertet werden. Zudem könnten auch Unbefugte mangels Sicherheitscode auf das Mikrofon zugreifen.

Beispielhaft gibt folgende Tabelle eine Übersicht über Datensammler, die uns in öffentlichen und privaten Räumen sowie bei der Kommunikation, Information und beim Konsum überwachen:

Infobox: Datensammler, die zur Überwachung eingesetzt werden


Bei der Datensammlung werden Menschen als Digitale Doubles klassifiziert – mit der Folge, dass ihnen bestimmte Angebote und Optionen unterbreitet oder ggf. auch vorenthalten werden. Die Nutzer werden hier als kapitalisierbare »Profile« erfasst. Hinzu kommt eine Informationsasymmetrie zwischen Nutzer und Datensammler: Weder wissen die Nutzer, welche ihrer Daten in und aus welchem Kontext verwertet werden, noch ist ihnen der Algorithmus bekannt, durch den sie klassifiziert werden. Die von den Nutzern oftmals freiwillig gegebenen oder auch von den Anbietern geforderten privaten Daten werden zu einem Digitalen Double zusammengefügt und auf der Grundlage intransparenter Formeln ›interpretiert‹.

Aus ethischer Sicht stellt sich die Frage, ob die Objektivierung und Kapitalisierung des Menschen als Digitales Double mit der Würde des Menschen vereinbar ist. So steht »Würde« nach Kant im Gegensatz zu »Preis«: Während Dinge einen Preis haben und ausgetauscht werden können, hat der Mensch einen Wert, der über jeden Preis erhaben ist:

»Im Reich der Zwecke hat alles entweder einen Preis oder eine Würde. Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes, als Äquivalent, gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde.«11

Digitale Ethik. Leben in vernetzten Welten

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