Читать книгу Digitale Ethik. Leben in vernetzten Welten - Petra Grimm - Страница 17

3.4 Es geht gar nicht um Daten!

Оглавление

Die eingangs genannten Beispiele zu dem Bevölkerungsregister in Amsterdam und dem Versicherungsprogramm »Vitality« markieren verschiedene Konzeptionen bzw. Blickrichtungen auf das Datenschutzrecht. Diese zeigen sich auch bei der scheinbar so trivialen Frage nach dem Schutzgut des Datenschutzes. Im inter- und intradisziplinären wissenschaftlichen Diskurs wird das Schutzgut verschieden definiert und Schwerpunkte unterschiedlich gesetzt. Einigkeit besteht darin, dass es beim Datenschutz entgegen dem Wortlaut gerade nicht um den Schutz von Daten, sondern um den Schutz von Menschen geht. Vertreten wird damit die Ansicht, Datenschutz diene dem Schutz der Privatsphäre, also einem räumlichen oder über soziale Sphären definierten Schutzkonzept, was sich zumindest teilweise mit dem Begriff der Privatheit überschneidet. In den zuvor illustrierten Beispielen klangen Begründungsansätze für den Datenschutz an, die diesem entweder eine Funktion zur Sicherung von Freiheitsrechten (wie etwa der freien Meinungsäußerung) zusprechen oder ihn als Mechanismus zur Bekämpfung von Machtasymmetrien begreifen.

Folgt man der Konzeption des Bundesverfassungsgerichts, ist das Schutzgut des Datenschutzes die informationelle Selbstbestimmung, also die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen und nicht zum bloßen Objekt unkontrollierter Datenverarbeitung zu werden. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung leitet das Bundesverfassungsgericht aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I i. V. m. 1 Art. 1 I GG der Verfassung) in deutlichem Bezug zur Menschenwürde ab. Eine datenschutzrechtliche Dimension haben daneben das ebenfalls aus dem Persönlichkeitsrecht abgeleitete Recht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (das sogenannte IT-Grundrecht), das Fernmeldegeheimnis (Art. 10 GG) und das Recht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG). Mit Blick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung unterstreicht das Verfassungsgericht aber zugleich, dass es sich bei diesem um ein relatives, kontextabhängiges Schutzkonzept handelt. Das bedeutet, dass der Einzelne Einschränkungen dieses Rechts im überwiegenden Allgemeininteresse gegebenenfalls hinnehmen muss. Die Bedeutung des Kontexts wird auch außerhalb juristischer Begründungsansätze unterstrichen.31

Digitale Ethik. Leben in vernetzten Welten

Подняться наверх