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a) Eintragungspflichtige Tatsache

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§ 15 I HGB setzt zunächst voraus, dass es sich um eine in das Handelsregister „einzutragende Tatsache“ handelt. Eintragungspflichtig sind zunächst diejenigen Tatsachen, deren Eintragung gesetzlich explizit vorgeschrieben ist; Beispiele hierfür sind § 1 II HGB (Eintragungspflicht des Istkaufmanns), § 53 HGB (Prokuraerteilung/-erlöschen), § 106 HGB (Anmeldung einer OHG), § 157 HGB (Erlöschen der Firma).[13] Des Weiteren wurden Eintragungspflichten auch immer wieder von der Rechtsprechung – z. B. per Analogie – begründet, immer hergeleitet aus dem Zweck des Handelregisters, die für den Geschäftsverkehr wichtigen Tatsachen offenzulegen und damit dem Schutz des Rechtsverkehrs zu dienen (s. Rn. 113). Beispiele hierfür sind die Eintragungspflicht für die Gestattung des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB),[14] die Erweiterung der Prokura über die Beschränkung des § 49 II HGB hinaus[15] oder die Erteilung einer Generalvollmacht (str.)[16]. Auch die Änderung eintragungspflichtiger Tatsachen ist eintragungspflichtig.[17]

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Nicht von § 15 I HGB erfasst sind hingegen:

Tatsachen, die im Handelsregister schon gar nicht eintragungsfähig sind. Dazu zählen z. B. der Güterstand des Kaufmanns,[18] der Wegfall seiner Geschäftsfähigkeit,[19] seine gesetzlichen Vertreter, eventuelle Verfügungsbeschränkungen, die Nichtigkeit eines Unternehmensvertrags, zukünftige Tatsachen, der Gegenstand des Unternehmens und die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts (§ 1903 BGB).
Bloß eintragungsfähige Tatsachen, deren Eintragung im Handelsregister zwar möglich, aber nicht vorgeschrieben ist. Die wichtigsten Beispiele hierfür sind: §§ 2 S. 2, 3, 3 II HGB (Wahlrecht von Kleingewerbetreibenden, ob sie sich im Handelsregister eintragen lassen und damit Kaufleute werden wollen)[20] sowie §§ 25 II, 28 II HGB (Wirksamkeit einer abweichenden Vereinbarung betreffend fortdauernder Haftung).

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Handelt es sich um eine eintragungspflichtige Tatsache im obigen Sinne, so ist § 15 I HGB nach h.M. im Grundsatz unabhängig davon anwendbar, ob die Eintragung konstitutive oder deklaratorische Wirkung hat.[21] Ein Unterschied ergibt sich allerdings hinsichtlich der Reichweite bzw. praktischen Bedeutung der Vorschrift:

Bei konstitutiven Eintragungen kommen Wirkungen gegenüber Dritten vor Eintragung (logischerweise) nicht in Betracht, ist die Eintragung doch materiell-rechtliche Voraussetzung für die Rechtswirkung der Tatsache überhaupt (z. B. Eintragung der Firma eines Kleingewerbetreibenden ins Handelsregister als Voraussetzung der Kaufmannseigenschaft, § 2 HGB). Insoweit wird § 15 I HGB daher nur zwischen Eintragung und Bekanntmachung relevant.[22] Um das Beispiel wieder aufzugreifen: Schließt ein Kleingewerbetreibender nach Eintragung, aber vor Bekanntmachung als Verkäufer einen Kaufvertrag mit einem Istkaufmann, der von der Eintragung nichts weiß, so war der Kleingewerbetreibende zwar im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses materiell-rechtlich Kaufmann. Hier greift aber § 15 I HGB, so dass er sich nicht auf § 377 HGB berufen kann. Schloss er den Kaufvertrag hingegen schon vor der Eintragung, ist § 377 HGB unabhängig von § 15 I HGB nicht anwendbar, war der Verkäufer doch bei Vertragsschluss schon materiell-rechtlich kein Kaufmann.
Bei deklaratorischen Eintragungen macht § 15 I HGB die Wirkung gegenüber Dritten hingegen von Eintragung und Bekanntmachung abhängig. War der Verkäufer im obigen Beispiel ein Istkaufmann (§ 1 II HGB), der entgegen seiner Verpflichtung aus § 29 HGB nicht im Handelsregister eingetragen ist, so war er bei Abschluss des Kaufvertrags materiell-rechtlich dennoch Kaufmann. Der an sich also gegebenen Anwendbarkeit von § 377 HGB kann sein Geschäftspartner aber § 15 I HGB entgegenhalten.

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In Fall 8 könnte V eigentlich unter Berufung auf § 377 II HGB eine Reparatur ablehnen (dazu i.E. Rn. 751 ff.), handelt es sich doch um einen beiderseitigen Handelskauf und hat K den erkennbaren Mangel nicht unverzüglich gerügt. Zum Schutz des K könnte aber § 15 I HGB eingreifen, ist V entgegen seiner aus § 29 HGB folgenden Verpflichtung doch nicht im Handelsregister eingetragen und handelt es sich bei der Kaufmannseigenschaft um eine eintragungspflichtige Tatsache. (Fortsetzung Rn. 131)

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Umstritten ist, ob § 15 I HGB auch dann anwendbar ist, wenn nicht nur die jetzt eintragungspflichtige Tatsache nicht eingetragen und/oder nicht bekanntgemacht wurde, sondern auch die ihr zugehörige eintragungspflichtige Tatsache nicht eingetragen und/oder bekanntgemacht wurde (sog. fehlende Voreintragung). Klassisches Beispiel hierfür ist die Situation, dass weder die ursprüngliche Erteilung der Prokura (entgegen § 53 I 1 HGB) im Handelsregister eingetragen wurde noch (entgegen § 53 II HGB) deren späteres Erlöschen. Tritt der – nunmehr: ehemalige – Prokurist weiter als solcher auf und schließt in Stellvertretung für seinen früheren Vollmachtgeber einen Vertrag, so handelt er materiell-rechtlich als falsus procurator (§§ 177 ff. BGB), da sich das Erlöschen der Prokura außerhalb des Handelsregisters vollzieht (die Eintragung des Erlöschens nach § 53 II HGB ist rein deklaratorisch). Fraglich ist aber, ob ein gutgläubiger Geschäftspartner sich nach § 15 I HGB darauf berufen kann, dass das Erlöschen der Prokura nicht im Handelsregister eingetragen wurde, oder ob in diesem Fall die negative Publizität ausscheidet, weil ja bereits die ursprüngliche Prokuraerteilung nicht eingetragen war.[23] Die Antwort darauf ist umstritten. Während die h.M. eine Anwendung von § 15 I HGB bejaht,[24] lehnt die Gegenauffassung dies ab und will nur allgemeine Rechtsscheingrundsätze anwenden.[25] Beide Ansichten haben etwas für sich: Einerseits spricht für die h.M., dass nicht auszuschließen ist, dass Dritte trotz Nichteintragung/-bekanntmachung der ursprünglichen Tatsache (z. B. Prokuraerteilung) von dieser Kenntnis erlangten (z. B. Auftreten des Prokuristen im Geschäftsverkehr), so dass durchaus ein Schutzbedürfnis des Rechtsverkehrs bei Änderung dieser Tatsache (z. B. Widerruf der Prokura) geboten erscheint. Umgekehrt sind aber auch Fälle denkbar, in denen ein schutzwürdiges Vertrauen des Rechtsverkehrs nicht entstand. Richtigerweise ist daher eine vermittelnde Position einzunehmen: Im Grundsatz ist mit der h.M. § 15 I HGB anwendbar, so dass sich im obigen Beispiel der Kaufmann wegen § 15 I HGB nicht auf das tatsächliche Erlöschen der Prokura berufen kann. Etwas anderes muss aber dann gelten, wenn von der voreinzutragenden Tatsache niemand Kenntnis erlangt hat. Hier ist § 15 I HGB teleologisch zu reduzieren.[26] Beispielsweise stelle man sich einen Fall vor, in dem der Kaufmann zunächst Prokura erteilte, wenige Minuten später aber den frisch gebackenen Prokurist, der von seiner Prokura noch keinerlei Gebrauch machte, in flagranti mit des Kaufmanns Ehefrau ertappt und die Prokura deshalb erbost widerruft. Die Darlegungs- und Beweislast für diese Ausnahme trifft nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen den Kaufmann.

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