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1. Übersicht und Grundsätzliches

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a) Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung regelt das Dritte Kapitel des SGB V (§§ 11–68b SGB V). § 11 SGB V gibt zunächst eine Übersicht über die Leistungsarten. Danach unterscheidet das Krankenversicherungsrecht Leistungen zur Verhütung von Krankheiten, Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten und Leistungen zur Behandlung einer Krankheit sowie Leistungen des Persönlichen Budgets behinderter Menschen nach § 29 SGB IX. § 11 Abs. 5 SGB V stellt klar, dass auf Leistungen kein Anspruch besteht, wenn sie als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit im Sinn der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen sind; die Leistungspflicht trifft dann nach Maßgabe des SGB VII die Unfallversicherungsträger. Die §§ 12–19 SGB V enthalten die Gemeinsamen Vorschriften, sozusagen den Allgemeinen Teil des Leistungsrechts, in dem die wesentlichen Grundsätze des Leistungsrechts festgelegt sind:

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b) Für die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gilt danach als ein wesentlicher Grundsatz das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V). Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder die unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, die Leistungserbringer (wie Ärzte, Zahnärzte) dürfen unnötige oder nicht wirtschaftliche Maßnahmen nicht treffen und die Krankenkassen dürfen sie nicht bewilligen. Der Krankenversicherungsschutz kann im Einzelfall auch Behandlungsmethoden umfassen, deren Wirksamkeit (noch) nicht nachgewiesen ist oder die (noch) nicht anerkannt sind (Rn 203).

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c) Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 SGB V grundsätzlich als Sach- und Dienstleistungen (siehe § 11 SGB I) erbracht, soweit das Gesetz nicht ausnahmsweise anderes vorsieht (vgl § 13 Abs. 2–4 SGB V). Das mit der gesetzlichen Krankenversicherung von jeher verbundene Sachleistungsprinzip ist ein Strukturmerkmal der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl § 2 Abs. 2 S. 1 SGB V)[50]. Es bietet auch eine Möglichkeit der Kostensteuerung. In der gesetzlichen Krankenversicherung besteht insofern ein deutlicher Unterschied zur privaten Krankenversicherung. Privat Krankenversicherte erhalten eine Rechnung ihres Arztes, die sie der privaten Krankenversicherung einreichen, welche dann die Kosten oder einen Teil der Kosten (Arztkosten, Kosten durch Kauf von Medikamenten oder Hilfsmitteln) erstattet (Kostenerstattungsprinzip). Bei den gesetzlich Krankenversicherten haben dagegen die Leistungserbringer (Ärzte, Krankenhäuser etc) keinen Anspruch gegen den behandelten Versicherten. Vielmehr haben die Krankenkassen ihren Versicherten die Leistungen zu beschaffen. Sie bedienen sich dazu der Ärzte, Krankenhäuser usw und schließen mit ihnen über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen Verträge (§ 2 Abs. 2 S. 3 SGB V). Die Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern sind im Vierten Kapitel (§§ 69 ff SGB V) eingehend geregelt (sogleich IV.).

Versicherte können abweichend vom Sachleistungsprinzip nach Maßgabe von § 13 Abs. 2 SGB V Kostenerstattung wählen. Wählen Versicherte Kostenerstattung, sind sie daran ein Kalendervierteljahr lang gebunden (§ 13 Abs. 2 S. 12 SGB V). Die Wahl gilt nicht nur im Verhältnis zu einzelnen Leistungserbringern, sie kann aber auf bestimmte Bereiche beschränkt werden (§ 13 Abs. 2 S. 4 SGB V). Von der Möglichkeit, Kostenerstattung zu wählen, wird so gut wie nicht Gebrauch gemacht, weil dies (außer im Fall des Abs. 2 S. 5) keinen Vorteil bringt und es zugleich vor dem Hintergrund von Abs. 2 S. 8–11 zu einer Selbstbeteiligung kommen kann; die Leistungserbringer rechnen nach der GOÄ ab. Nach Maßgabe von § 13 Abs. 3, 3a SGB V besteht Anspruch auf Kostenerstattung, wenn sich Versicherte bei unaufschiebbaren Leistungen oder bei rechtswidriger Ablehnung oder nicht rechtzeitiger Bescheidung (Abs. 3a[51]) ihres Leistungsantrages Leistungen selbst beschaffen dürfen. Der Anspruch auf Kostenerstattung reicht dann nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch.[52] Anspruch auf Kostenerstattung besteht unter den Voraussetzungen von § 13 Abs. 4–6 SGB V auch bei der Inanspruchnahme von Leistungen in anderen Mitgliedstaaten der EU und des EWR[53]. Unabhängig von der Kostenerstattung können die Versicherten von den Leistungserbringern eine „Patientenquittung“ verlangen, die sie über die zu Lasten der Krankenkasse erbrachten Leistungen und deren vorläufige Kosten informiert (§ 305 Abs. 2 SGB V). In der privaten Krankenversicherungswirtschaft besteht eine Tendenz, die dort traditionelle Versicherungsleistung der Kostenerstattung durch sog. „Assistance-Dienste“ zu ergänzen; der Versicherer organisiert etwa Krankenhausaufenthalte und rechnet direkt mit dem Leistungserbringer ab. Dieses gemäß § 192 Abs. 3 Nr 5 VVG mögliche Geschäftsmodell wird als „maßgeschneidertes Serviceangebot“ beworben, es dient zugleich der Kostensteuerung im Interesse des Versicherers und damit mittelbar über die Prämienkalkulation den Interessen der Kunden. Die Ähnlichkeit des Geschäftsmodells, bei dem aus Kostenerstattung Kostenübernahme wird, mit dem Sachleistungsprinzip springt ins Auge.

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