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4. Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft
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Schwangerschaft und Mutterschaft sind keine Krankheit, sie erfordern aber auch bei komplikationslosem Verlauf ähnliche Maßnahmen wie die Krankheit, namentlich ärztliche Beobachtung, Untersuchung und gegebenenfalls Behandlung. Sie führen zudem zeitweise zu Verdienstausfällen. Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft werden gemäß § 21 Abs. 1 Nr 3 SGB I, §§ 24c–24i SGB V gewährt[81]. Entsprechende Regelungen sieht auch das Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte vor. Die in § 24c Nr 1–6 SGB V aufgezählten Leistungen setzen voraus, dass die Schwangere bzw Mutter im Zeitpunkt des jeweiligen Leistungsfalls in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist. Die Schwangere muss also Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung sein oder die Voraussetzungen der Familienversicherung (§ 10 SGB V) erfüllen. Gemäß § 192 Abs. 1 Nr 2 SGB V bleibt die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten, solange sie Anspruch auf Krankengeld oder Mutterschaftsgeld haben oder Krankengeld, Mutterschaftsgeld, Erziehungsgeld oder Elterngeld beziehen oder Elternzeit in Anspruch nehmen.
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In Fall 6 kommt als Anspruchsgrundlage nur § 13 Abs. 3 S. 1 Fall 2 SGB V in Betracht. Der Kostenerstattungsanspruch reicht dabei nicht weiter als ein entsprechender Sach- oder Dienstleistungsanspruch. A müsste also einen Anspruch auf die Korrekturoperation gehabt haben. Dazu müsste es sich bei der Brustasymmetrie um eine Krankheit im Sinn von § 27 Abs. 1 SGB V handeln. Krankheit gemäß § 27 Abs. 1 SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (Rn 196 ff). Darunter fällt nicht schon jede körperliche Unregelmäßigkeit oder Anomalität; erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt. Nach Ansicht des BSG[82] muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit hervorruft und damit zugleich erwarten lässt, dass der Betroffene Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist. Diese Erheblichkeitsschwelle ist vorliegend noch nicht überschritten, vor allem weil es möglich ist, die Asymmetrie der Brüste im Alltag durch Prothesen zu verdecken. Auch die psychische Belastung der A rechtfertigt grundsätzlich keine Operation am (krankenversicherungsrechtlich gesehen) gesunden Körper. Damit würde nämlich nur mittelbar und mit unsicheren Erfolgsaussichten gegen die psychische Beeinträchtigung vorgegangen. A hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3 S. 1 Fall 2 SGB V.
3. Teil Sozialversicherung und Arbeitsförderung › § 8 Krankenversicherung › IV. Das Recht der Leistungserbringung