Читать книгу Sozialrecht - Raimund Waltermann - Страница 120

1. Grundsätzliches

Оглавление

216

Die gesetzliche Krankenversicherung folgt, wie dargelegt wurde, im Grundsatz dem Sachleistungsprinzip, die Krankenkassen haben ihren Versicherten Sach- und Dienstleistungen zu beschaffen. Sie bedienen sich dazu der Ärzte, Krankenhäuser usw. Der Erbringung von Sach- und Dienstleistungen auf der Basis des Sachleistungsprinzips liegen vor dem Hintergrund der Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V (§§ 69–140h SGB V) mehrere Rechtsverhältnisse zu Grunde:

217

a) Die Ansprüche der Versicherten auf die Leistungen richten sich gegen die Krankenkassen als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Krankenkassen erbringen die Leistungen durch die Leistungserbringer (Krankenhäuser, medizinische Versorgungszentren, Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Apotheken, Heil- und Hilfsmittelerbringer). Es müssen demnach wenigstens zwischen drei Beteiligten (Versicherten, Krankenkassen, Leistungserbringern) Rechtsbeziehungen bestehen. In diesem Sinn ergeben die Rechtsbeziehungen bei der Leistungserbringung durch Krankenhäuser, bei der Leistungserbringung durch Apotheken und bei der Leistungserbringung durch Heil- und Hilfsmittelerbringer ein Dreiecksverhältnis (Abb. 1 und 2).

218

Abb. 1


[Bild vergrößern]

219

Abb. 2


[Bild vergrößern]

Bei der Leistungserbringung durch die Vertragsärzte und Vertragszahnärzte ergeben die Rechtsbeziehungen, seit zu Beginn der Dreißigerjahre Kassen(zahn)ärztliche Vereinigungen eingerichtet wurden, sogar ein Viereck (Abb. 3).

220

Abb. 3


[Bild vergrößern]

221

b) Die Rechtsbeziehungen zwischen den Leistungserbringern (bzw den bei der Krankenbehandlung zwischengeschalteten Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen) und den Krankenkassen sind öffentlich-rechtlicher Natur. Beide Seiten verhandeln über die Vergütung der Leistungen und schließen Verträge (siehe nur § 71 SGB V).

Den Hintergrund bilden dabei die das Krankenversicherungsrecht prägenden Gesichtspunkte der Qualität, der Humanität und der Wirtschaftlichkeit: Die Krankenkassen und die Leistungserbringer haben eine bedarfsgerechte und gleichmäßige Versorgung der Versicherten zu gewährleisten, die dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht (§ 70 Abs. 1 S. 1 SGB V). Die Versorgung der Versicherten muss ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muss in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden (§ 70 Abs. 1 S. 2 SGB V). Die Krankenkassen und die Leistungserbringer haben durch geeignete Maßnahmen auf eine humane Krankenbehandlung ihrer Versicherten hinzuwirken (§ 70 Abs. 2 SGB V). In ihren Vereinbarungen über die Vergütung der Leistungen haben Krankenkassen und Leistungserbringer den Grundsatz der Beitragssatzstabilität zu beachten (siehe § 71 Abs. 1 SGB V). Im Kern besagt der Grundsatz der Beitragssatzstabilität, dass die Ausgaben der Krankenkassen nicht stärker steigen sollen als die beitragspflichtigen Einkommen der Versicherten. Von dem in § 71 SGB V normierten Verfahren, das die verfügbaren Finanzmittel im Grundsatz deckelt, verspricht man sich Anreize, die vorhandenen Einsparpotenziale und Rationalisierungsreserven im Gesundheitswesen anzugreifen. Seit 2003 steht im Hinblick auf den Behandlungsbedarf neben dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität die Entwicklung der Zahl und Struktur der Versicherten, der Morbidität sowie der Kosten- und Versorgungsstruktur (vgl. § 85 Abs. 3 SGB V bzw. § 87a Abs. 4–6 SGB V). Das Anliegen der Qualitätssicherung ist in den §§ 135–139e SGB V im Einzelnen geregelt. Der Gemeinsame Bundesausschuss (§ 91 SGB V) gründet und trägt nach Maßgabe von § 139a SGB V ein „Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen“. Aufgabe des (staatsunabhängigen) Instituts ist es, zu Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungen Stellung zu nehmen (siehe näher § 139a Abs. 3 Nr 1–8 SGB V). Nach Maßgabe von § 140a Abs. 1 S. 2 SGB V können die Versicherten an der integrierten Versorgung (leistungssektor- oder fächerübergreifende Versorgung) teilnehmen.

222

c) Die Rechtsbeziehungen zwischen den Leistungserbringern und den Versicherten stehen vor dem Hintergrund des Sachleistungsprinzips. Umstritten war vor allem, ob sie als privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich einzustufen sind. Mit Wirkung vom 26.2.2013 bestimmt nunmehr § 630a Abs. 1 BGB in der Fassung des Patientenrechtegesetzes[83]: „Durch den Behandlungsvertrag wird derjenige, welcher die medizinische Behandlung eines Patienten zusagt (Behandelnder), zur Leistung der versprochenen Behandlung, der andere Teil (Patient) zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist.“ Das Recht der Leistungserbringung im Krankenversicherungsrecht ist insgesamt gesehen durch ein Nebeneinander von öffentlichem Recht und Privatrecht gekennzeichnet.

Sozialrecht

Подняться наверх